CHRISTIAN NAUJOKS – True Life/In Flames


:: Schwarz-weiß, 88 Tasten, zart besaitet – eine berührende Liebeserklärung an das schönste Instrument der Welt ::



Zwei Seelenverwandte: beide Holzklangkörper, beide dieselbe Tonanordnung und beiden entlockt man ihre Klänge durch sanfte Schläge – doch bei einem mit Hämmern auf Lammellen, beim anderen mittels Tasten auf Stahlsaiten. Es ist das Zusammenspiel von Marimbaphon (MARTIN KRAUSE) und Flügel (CHRISTIAN NAUJOKS), dem man auf True Life/In Flames so eindrucksvoll lauschen kann. Was bei diesem ungleich-verwandten Paar heraus kommt, ist eine intensive Liaison zwischen warm-weich wabernden Wellen, die sich ewig im Raum wiegen und kompakt-klar konturierten Kanten, die kraftvoll durch die Luft klingen. Dann gibt es da noch jede Menge atmosphärische Weite im Hintergrund, in der alle Töne in einer pulsierend nachglühenden Stille verschwinden (Aufnahme und Produktion im Kleinen Saal der Laeiszhalle in Hamburg: TOBIAS LEVIN). Und dann schwingt da nochmal jemand als Doppelbesetzung durch die Aufführung: Komponist/Interpret CHRISTIAN NAUJOKS.

Auf seinem Debütalbum aus dem Jahre 2009 hatte NAUJOKS noch üppig mit Elektronikmusik und digitalen Effekten geliebäugelt, und das Klavier schien manchmal nur wie ein Beiwerk im Experimentierfeld zwischen Minimal, Dub und E(rnstafte)-Musik. Doch auf dem aktuellen Nachfolger True Life/In Flames verrät schon der Titel, dass er nun vielleicht zu seiner wahren Passion gefunden hat. Außer Flügel, Marimbaphon und zwei Gesangspartien sind keine Spielereien geblieben, und die Besinnung auf das Wesentliche bringt NAUJOKS’ Talent und Eigenheit erst richtig zur Geltung. Er erforscht nun die traditionelleren Minimal-Klänge aus dem reichen Spektrum seiner Einflüsse: ARVO PÄRT, STEVE REICH, MICHAEL NYMAN, PHILIP GLASS oder auch ERIK SATIE mögen einem in den Sinn kommen.



Am deutlichsten ist dabei sein Zug zur kompakten und harmonischen Form in den zwei Gesangsstücken zu hören, ‘Moments I’ und ‘Moments II’, welche ein Gedicht von E. E. Cummings mit Versatzstücken von JOHN CAGE arrangieren. In dieser Art bilden nicht nur die einzelnen Stücke kurze Variationen auf wiederkehrende Themen, sondern ergibt das Arrangement des gesamten Albums eine Dramaturgie in Klammern. Wie sehr die Aufnahme aus einem Guss stammt, merkt man auch daran, dass der Loop-Modus des Musikplayers sich fast unbemerkt vollzieht. Piano-Marimba-Duette, Flügel-Soli und die erwähnten Songs geben die Auftritte in diesem sanften Reigen, der einen für 43 versunkene Minuten ein wenig der Realität entrückt.

1. Chamber Two – Piano + Marimbaphon
2. On to the Next – Piano + Marimbaphon
3. Moments I – Piano + Gesang
4. Diver – Piano
5. True Life / In Flames – Piano + Marimbaphon
6. Untitled Piano Take – Piano
7. You Are Everything – Piano + Marimbaphon
8. Dancer – Piano
9. Moments II – Piano + Gesang

Im letzten Stück, ‘Moments II’, greift CHRISTIAN NAUJOKS nochmals zur Stimme und gibt dem Liebesbekenntnis die Worte. Man sollte gerade diesem Stück mehr Zeit geben, um seine tiefliegende Schönheit zu erkennen und sich nicht von der stimmlichen Imperfektion abhalten lassen. Obwohl kein ausgebildeter Sänger, gelingt ihm nämlich doch das wesentliche Kunststück klassischen Gesangs: seine Stimme wirkt als Instrument mit reiner Tonfolge. Im Zusammenklang mit dem Flügel entfaltet sich in diesen Momenten eine andächtige, fast mystische Stimmung – mehr Dialog als Duett. Doch die ernsten Höhepunkte bilden die beiden reinen Klavier-Stücke ‚Diver‘ und ‚Untitled Piano Take‘, welche die einsame Zweisamkeit zwischen NAUJOKS und dem Klavier in den Mittelpunkt rücken. Solch tiefberührende Töne der Traurigkeit kann man nur in der wortlosen Sprache des Pianoforte ausdrücken. Bravo!


CHRISTIAN NAUJOKS
Record-Release-Party zu True Life/In Flames
Donnerstag, 15.03.12 | .HBC
(Karl-Liebknecht-Straße 9, 10178 Berlin-Mitte, S-/U-Bhf. Alexanderplatz)
21:00, Vorverkauf 10 Euro, Abendkasse 12 Euro

CHRISTIAN NAUJOKS
True Life/In Flames
(Dial/Kompakt)
VÖ: 27.02.2012

www.myspace.com/cnaujoks

www.facebook.com/christian.naujoks
http://dial-rec.de/

Autorin: [EMAIL=julia.schell@popmonitor.de?Subject=Kontakt von der Website]julia schell[/EMAIL]

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