DAN FREEMAN AND THE SERIOUS – Berliner Act des Monats März 2012


Ein Tasmanier in Berlin.



Im November vergangenen Jahres erschien mit I Lie A Lot das großartige Debütalbum von DAN FREEMAN AND THE SERIOUS auf dem Berliner Label Solaris Empire, das durch einen gleichermaßen elegischen wie dynamischen Sound besticht und Versatzstücke aus Indierock, Postpop und experimenteller Musik vortrefflich zu einem homogenen Ganzen vereint, das in seiner verschlungenen Eindringlichkeit durchaus Assoziationen zu Bands und Künstlern wie Radiohead, Get Well Soon oder Jeff Buckley heraufbeschwört.

Kurz vor ihrem Auftritt am 17.03. im Aufsturz Klub (w/ Julia A. Noack) stand uns der auf der zu Australien gehörenden Insel Tasmanien aufgewachsene und seit knapp zehn Jahren in Berlin lebende Bandleader Dan Freeman noch für ein ausführliches Interview zur Verfügung.

popmonitor.berlin: Was war der ursprüngliche Anlass, 2003 Deine Heimat Tasmanien zu verlassen und “to explore Europe”, Deine Zelte quasi am anderen Ende der Welt aufzuschlagen? Warum Europa und nicht Australien oder die USA?

Dan Freeman: Tatsächlich genau das, um speziell Europa zu erkunden. Berlin war die erste Stadt, und da sie viele Möglichkeiten bot, bin ich geblieben. Es ist auch gar nicht so einfach für einen Tasmanier, nach Melbourne oder Sydney zu gehen – ein wenig wie hierzulande die Sache mit den Ostfriesen (lacht) -, daher habe ich mich stattdessen für den größeren Schritt nach Europa entschieden.

Wie kamst Du ausgerechnet auf Berlin und wie schwierig gestaltete sich die erste Zeit in der „Fremde“?

Berlin war die erste Wahl, weil dort einige Freunde lebten, die mich zunächst einmal einige Monate umsonst bei sich wohnen ließen. Natürlich war es am Anfang mit der Sprache äußerst schwierig, zudem war es schon ein ziemlicher Kulturschock. Die Deutschen sind doch deutlich direkter als Australier! Außerdem war es mitten im Winter, und man weiß ja, wie die Leute hier imWinter drauf sein können.

Du bist ausgebildeter Pianist und Saxophonist. Woher rührte ursprünglich das Interesse ausgerechnet für diese Instrumente, warst Du familiär „vorbelastet“?

Die Instrumente waren da und fielen mir quasi in die Hände, weder meine Familie noch ich hatten diesbezüglich große Pläne oder Ähnliches. Ich hatte einen großen Bruder, der auch Piano spielen lernte, und wie das oft mit jüngeren Brüdern so ist, entschied ich mich irgendwann, in die Fußstapfen meines großen Bruders zu treten.

Wer gehörte zu deinen musikalischen Vorbildern/Helden bzw. mit welchen wurdest Du als Jugendlicher sozialisiert? Wie muss man sich als Europäer die Möglickeiten der musikalischen Rezeption in der Abgeschiedenheit der 240 km südlich von Australien liegenden und zu Australien gehörenden Insel Tasmanien vorstellen?

Die tasmanische Musikszene unterscheidet sich eigentlich nicht groß von der deutschen, der einzige große Unterschied ist, dass es in Tasmanien und Australien eine größere Rock’n’Roll- Tradition gibt. Aber wie in Deutschland wird am meisten Musik aus den USA oder dem UK gehört, ich war beispielsweise ein „Grunge Teenager“ und hörte Bands wie Nirvana, Pearl Jam, Soundgarden, aber auch Radiohead, Beck oder Jeff Buckley.

Mit Peter Meyer (Gitarre), Bernhard Meyer (Bass) and Hanno Stick (Drums) hast Du in Berlin schließlich Dan Freeman And The Serious gegründet. Wie habt Ihr zueinander gefunden?

Wir haben uns beim Jazz-Studium an der Hans Eisler Musikhochschule kennen gelernt, da sie sich wegen eines ähnlichen musikalischen Backgrounds, d.h. ebenfalls einer Sozialisierung durch die Grunge-Musik, von den anderen unterschieden, was eine großartige Ausgangsbasis für eine Zusammenarbeit darstellte, um die Jazz-Sensibilität mit einem Rock-Ansatz zu kombinieren.

Nach einer ersten EP 2008 erschien Ende vergangenen Jahres Dein von Michael Haves (Super 700) mitproduziertes Debütalbum I Lie A Lot auf dem Berliner Label Solaris Empire. Wie kam es zu der der Zusammenarbeit mit Solaris Empire und Michael Haves?

Ich habe vor einiger Zeit häufiger Jazz-Gigs mit Michael Haves gespielt und wusste, dass er auch offen für andere Arten von Musik ist (ich hörte beispielsweise auch seine Band Super 700), und wie mit meinen Mitstreitern von „the Serious“ stellte auch dies eine gute Basis für eine Zusammenarbeit dar. Er verstand, was ich in bzw. mit der Musik ausdrücken wollte, und hatte ein gutes Gespür für die Realisierung eben jenes Sounds, nach dem ich gesucht hatte. Kirsten von Solaris Empire buchte uns für eine Show im Schokoladen, und da sie unsere Musik sehr mochte, nahm sie gerne das Angebot an, unser Album auf ihrem Label zu veröffentlichen.



Wie zufrieden bist Du mit der bisherigen Resonanz auf das Album, registrierst Du die (überwiegend sehr positiven) Rezensionen und wie gehst Du mit negativen Kritiken um?

Ich bin froh, überhaupt Aufmerksamkeit zu bekommen, um ehrlich zu sein. Natürlich gibt es gute und schlechte Kritiken, aber das kümmert mich nicht allzu sehr. Ich freue mich darüber, jetzt die nächste Ebene erreicht zu haben. Dass das gerade alles so passiert, macht mich einfach glücklich. Manchmal dauert es halt alles etwas länger, aber es ist bis jetzt schon alles sehr gut gelaufen.

Vor einigen Wochen wart Ihr auf Deutschlandtour, welche Erfahrungen hast Du gemacht? Überwiegt generell die Leidenschaft und Liebe für die Musik, auch wenn es auf Tour schon mal eher „zäh“ läuft?

Es ist natürlich nicht so schön, wenn es auf Tour nicht so läuft und man auch mal „bad gigs“ hat, doch glücklicherweise gab es genügend gute Gigs, die die weniger guten quasi vergessen machten. Und letztlich nimmt man ja doch immer irgendetwas aus jedem einzeln Gig mit. Wir hatten auf jeden Fall großen Spaß, zusammen zu spielen, und natürlich war es auch aufregend, das erste Mal zusammen auf Tour zu sein, so dass wir insgesamt schon sehr gut klar gekommen sind und uns nicht allzu viele Gedanken gemacht haben, wenn es mal nicht so lief.

Auf I Lie A Lot kommt dem Saxophon keine Bedeutung zu bzw. wird komplett ausgespart, ist das als bewusste Abgrenzung zu deinen anderen musikalischen Projekten zu verstehen? Oder woher rührt diese Entscheidung?

Ich denke, dass ein Saxophon einfach nicht zu dieser Art von Musik passt, es passt besser zum Sound der anderen Bands, in denen ich ja auch noch spiele. Es gibt aus künstlerischer Sicht einfach keinen Grund, ein Saxophon in unseren Sound zu integrieren. Ich habe durchaus häufiger darüber nachgedacht und ea auch einige Male probiert, but es wirkte immer irgendwie gezwungen und unnatürlich. Aber wer weiß, vielleicht wird es in Zukunft mal der Fall sein, ich bin dem gegenüber auf jeden Fall offen, bislang hat es halt einfach noch nicht so gepasst.

Bist Du auch immer noch mit anderen Bands/Projekten wie der Ska/Polka/Rock-Band Rotfront weltweit unterwegs und frönst Du gerade hier ausgiebig deiner Saxophon-Leidenschaft? Oder liegt der Fokus inzwischen doch eindeutig auf Deinem eigenen Singer/Songwriter-Projekt als Dan Freeman & The Serious?

Ich bin noch Mitglied bei Rotfront, wir haben immer viel Spaß, wenn wir zusammen sind. Es gibt noch einige weitere Projekte, in denen ich Saxophon spiele, ich versuche bei diesen Projekten aber, stets auf eine gute Balance zwischen künstlerischem Anspruch und finanzieller Entlohnung zu achten (lacht). Das ermöglicht mir, mich voll auf mein Hauptprojekt Dan Freeman and the Serious zu fokussieren.

Wie würdest Du die gegenwärtige Situation beschreiben, fühlst Du dich in Berlin gut vernetzt und „aufgehoben“? Bietet Berlin nach wie vor gute Voraussetzungen für deine kreative Arbeit und deren Umsetzung/Realisierung?

Es ist hier angesichts der unzähligen anderen Bands natürlich nicht so einfach, und ich denke auch, dass es alles etwas länger dauert, wenn man sich dafür entschieden hat, nicht allzu kommerziell oder trendy zu sein. Manchmal fühle ich mich schon auch mal so, als würde ich im übertragenen Sinne „feststecken“, aber es geht definitiv voran. Berlin hat eine Menge zu bieten, es dauert halt seine Zeit.



Welche deutschen oder speziell Berliner Musiker/Künstler schätzt Du besonders bzw. hatten ggf. einen Einfluss auf dein musikalisches Schaffen?

Ich könnte jetzt keine konkreten Bands oder Musiker nennen. Ich denke, wovon ich hier in Berlin bzw. Deutschland hauptsächlich profitiere, ist die Vielfalt der Musikgenres, die es in dieser Form und Breite so in Australien nicht gibt, so dass ich mich vieler verschiedener Sounds bedienen kann.

Welche Pläne gibt es noch für 2012, sind mit The Serious weitere Deutschlandtouren, Festivals, Auftritte im Ausland, ggf. auch in der australischen Heimat geplant?

Wir sind gerade dabei, die nächste Tour für Mai zu organisieren, danach stehen dann hoffentlich einige Sommerfestivals und im August die nächste Tour an, gegen Ende des Jahres soll es dann für neue Aufnahmen auch wieder ins Studio gehen. Eine Tour durch Australien erfordert doch eine etwas längere Vorbereitung und ist erst für 2014 geplant.

Vielen Dank für das Interview und alles Gute für die Zukunft!

DAN FREEMAN AND THE SERIOUS am Samstag, 17.03. live in Berlin im Aufsturz Klub (w/ Julia A. Noack)

Das Album:

DAN FREEMAN AND THE SERIOUS
I Lie A Lot
(Solaris Empire / Broken Silence)
VÖ: 11.11.2011

www.myspace.com/freemansband
www.facebook.com/ Dan-Freeman-and-the-Serious
www.soundcloud.com/freemand6
www.solaris-empire.de

Fotos © Dan Freeman
Autor: [EMAIL=thomas.stern@popmonitor.de?Subject=Kontakt von der Website]Thomas Stern[/EMAIL]

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