The ideal band(s).
Die Rückkehr einer der wichtigsten Indie-Bands der 90er mobilisiert ja derzeit auf allen Stationen ihrer Tour wahre Massen an erwartungsfreudigen Fans, und natürlich bot auch der Berliner Postbahnhof ein ausverkauftes, von Schlangen vor Bierständen und Toiletten geprägtes Szenario.
Sicherlich reicht das zweifellos überaus großartige Comebackalbum Pocket Revolution (
Gegen 21.30 Uhr betraten dann also endlich, nach viel zu langer Abwesenheit die (ehemaligen) belgischen Alternative-Avantgardisten die verdunkelte Bühne und tasteten sich mit den ersten, wohltuend entspannten Klängen von ‚Pocket Revolution‘ zunächst noch recht behutsam in Lauerstellung vor, um bereits beim Refrain im gleißenden Scheinwerferlicht verstärkt die Gitarren sprechen zu lasssen.
Von Beginn an überraschte ein – insbesondere im Vergleich zu früheren Auftritten – nahezu ekstatisch performender Frontmann TOM BARMAN, der seine Band augenscheinlich ebenso vermisst zu haben schien wie die von der ersten Sekunde an nicht nur in den vorderen Reihen derbe abgehenden Besucher. Bestens gelaunt stellte BARMAN relativ früh nach und nach die weiteren Bandmitglieder vor, jubelte nach den Songs des Öfteren ein frenetisches „Thank You Berlin“ bzw. „Dankeschön“ mit englischem Akzent ins Mikro und sollte sich im weiteren Verlauf insbesondere bei den elektronischer ausgerichteten Songs fast schon als überraschend aufgedrehter Tanzderwisch er- und beweisen, gitarrenbefreit auch schon mal in bester Voodoo-Manier direkt vorm Drumset.
Zur tollen Stimmung auf und vor der Bühne trug natürlich auch die Songauswahl bei, was angesichts des anspruchsvollen Gesamtoeuvres und zahlreicher kleiner und großer Indie-Hits natürlich eigentlich eh von vornherein gewährleistet war.
Nach dem eröffnenden Titelsong des aktuellen Albums folgte ziemlich überraschend das wunderschön gefühlvolle ‚Magdalena‘ von The Ideal Crash, und gleich im Anschluss ging es mit dem umtriebigen ‚Cold Sun Of Circumstance‘ schnell wieder zurück ins Hier und Jetzt. Im weiteren Verlauf sollten dann auch nahezu sämtliche Songs von Pocket Revolution in das geschmackvoll arrangierte und mit einigen Überraschungen garnierte Set integriert werden, von denen neben ‚Pocket Revolution‘ sicherlich das schräg-violinlastige ‚Sun Ra‘ sowie der sich grandios steigernde Album-Opener ‚Bad Timing‘ gegen Ende des regulären Sets herausragten.
Die Band präsentierte sich – von einigen innehaltenden Momenten abgesehen (‚Nothing Really Ends‘, ‚Serpentine‘) durchgängig rockig und wunderbar groovy inklusive sich oftmals wahlweise langsam nach oben schraubender oder auch immer wieder explodierender Gitarrenparts und veranstaltete insgesamt ein rasantes Album-Hopping, so dass selbstredend auch all die älteren, fantastischen Songs wie ‚W.C.S.‘, ‚Via‘, ‚For The Roses‘, ‚Instant Street‘ oder ‚Put The Freaks Up Front‘ zur verdienten Aufführung kamen.
Auch schön zu sehen, dass sich das eigentlich ja ziemlich sperrige und in bester Tom Waits-Tradition herrlich gebrochene und irgendwie bedrohlich anmutende ‚Theme From Turnpike‘ angesichts der überwältigenden Fan-Rezeption an diesem Abend inzwischen scheinbar zu einem ebenso unverzichtbaren Bestandteil im dEUS-Klassikerkanon gemausert hat wie die bereits erwähnten Songs oder später im Zugabenblock ‚Little Arithmetics‘ und natürlich das den Gig beschließende ‚Suds & Soda‘.
dEUS begeisterten mit einem absolut brillanten, knapp 100-minütigen Auftritt zwischen majestätischer Reife und ungestüm-leidenschaftlicher Spielfreude, und laut TOM BARMAN sollen diesmal ja nicht wieder sechs lange Jahre bis zum nächsten Album ins Land ziehen. Wollen wir’s hoffen.
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Autor: [EMAIL=thomas.stern@b-i-b.de?Subject=Kontakt von der Website]Thomas Stern[/EMAIL]