DIE KRUPPS am 09.02.2008 im K17


Blut, Schweiß und Tränen.



Da des Artikels Schreiberling an jenem Tage gesundheitlich alles andere als in Topform war, wurde der Konzertspielplatz in der Pettenkoferstraße erst zur Umbaupause zum Hauptact betreten, was nicht zuletzt dem Fakt geschuldet war, dass das K17 – wie die meisten Berliner Clubs – die Behördenkulanz in puncto Nichtraucherschutz bis zur Jahresmitte als um ein halbes Jahr verlängerten Freibrief fehlinterpretiert.

Endlich im Warmen und kurz hinter der Bühne angekommen, freute ich mich darauf, in vorderster Reihe den Hauptstadtauftritt der KRUPPS miterleben zu dürfen.
Die Combo um Frontmann JÜRGEN ENGLER gehörte in den Achtzigern zunächst zu den Vorreitern der deutschen Electro/EBM-Szene, um nach einem radikalen Stilwechsel ab Anfang der Neunziger das Genre des Industrial Metal ins Leben zu rufen und damit ihrer Zeit weit voraus zu sein.
1997 kamen die Hochöfen dann vorläufig zum Stillstand, um erfreulicherweise ab 2005 die internationalen Bühnen wieder richtig anzufeuern.

Eine der Besonderheiten der KRUPPS ist das Star-Ensemble, das sich im aktuellen Lineup vereinigt:
Schon in den späten 70ern hatte Sänger ENGLER mit seiner – immer noch sporadisch existierenden – Punkband MALE für Aufsehen gesorgt, die als quasi erste deutsche Punkband gilt, und deren Veröffentlichungen – beispielsweise auf dem Sampler zum Eröffnungskonzert des legendären SO 36 in Form einer Metall-LP – heißbegehrte Raritäten sind.

Synthiemann und Co-Texter RALF DÖRPER wiederum ist neben den KRUPPS mit seiner Pop-Formation Propaganda (die er 1986 verließ) sicherlich dem einen oder anderen 80er-Fan ein Begriff.
Auch Live-Drummer ACHIM FÄRBER ist ein Szene-Urgestein und durfte sich bereits als Drummer für Phillip Boa & The Voodooclub und die deutschen Dark-Electronic-Pioniere Project Pitchfork seine Lorbeeren erspielen.

Während des Umbaus ließ sich bestaunen, wie die Roadies das in seiner Form einzigartige, so genannte „Steel-O-Phone“ aufbauten: eine Art großes Xylophon aus Stahlröhren, das von Frontmann ENGLER mit Metallstäben rhytmisch bearbeitet wird (Fotoshow, siehe Artikellink in der rechten Box) und live zu einer Art Markenzeichen der KRUPPS geworden ist.

Apropos Markenzeichen: Hier fiel auch auf, dass das vorn angebrachte KRUPPS-Logo – bestehend aus drei Ringen – mit Gaffatape durchgestrichen war (Fotoshow).
Erkundungen ergaben, dass die Firma Krupp die Logobenutzung hatte verbieten lassen, nachdem sie kürzlich von der Band Wind bekommen hatte. Hierfür haben sie lediglich 25 Jahre gebraucht – Blitzmerker!

Das im Podest des erwähnten Instruments integrierte Stroboskop wurde auch ausgiebig getestet, worauf die ersten drei Publikumsreihen die folgenden zehn Minuten ohne Augenlicht auskommen mussten.
Nach dem unspektakulären Restaufbau ging es dann auch zügig zur Sache, und die Herren Metallarbeiter traten an die Maschinen bzw. Instrumente.

Was in der folgenden guten Stunde abging, ist mit dem Subtitel dieses Artikels wirklich bestens beschrieben: Von Anfang an gab es das volle Brett „Metall-Maschinen-Musik“ um die Ohren. Kracher jagte Kracher, und ein Hitfeuerwerk aus 25 Jahren Bandgeschichte, das kaum Wünsche offen ließ, prasselte auf unsere Trommelfelle. Die Setlist umfasste unter anderem Highlights wie:

Fatherland
Germaniac
Metal Machine Music
Black Beauty White Heat
High Tech Low Life
Descent
Bloodscuekrs
Dawning of Doom
To the Hilt

Frontmann ENGLER war wie gewohnt von Anfang bis Ende voller Energie und verstand es blendend, das Publikum mitzureißen.
Dieses ließ sich auch nicht lange bitten und veranstaltete einen derartigen Mords-Pogo, der vor nichts und niemandem Halt machte, auch vor Fotografen nicht, so dass man die mäßige Fotoqualität der zu diesem Artikel gehörenden Fotoshow entschuldigen möge: Bildsucher-Ruhe und Scharfstellzeit waren an diesem Abend so unmöglich zu haben wie Karten an der Abendkasse: Nachdem der Vorverkauf schon Tage vorher sein Kontingent erschöpft hatte, waren für den Abend nur noch 50 Stück verblieben, so dass viele, zum Teil von weither angereiste Fans unverrichteter Dinge die Stahlkappen wieder gen Heimat kehren mussten.

Drinnen war der Saal jedenfalls außer Rand und Band: Die Stagediver standen förmlich Schlange, Mikrofonständer wurden von übermütigen Fans von der Bühne ins Publikum gekippt, um die Lieblingspassagen mitjohlen zu können. Hierbei wurde auch schon mal der eine oder andere Schädel einem Bruchtest unterzogen, denn mehrfach krachten diese Mikrofonständer mit dem schweren Mic-Ende in das Gesicht eines singwütigen Fans (Fotoshow), die sich aber dadurch den Spaß nicht verderben ließen.
Blut gab es jedenfalls mehrfach an diesem Abend zu sehen: Neben eben beschriebenen Blessuren konnte man das rot gesprenkelte Griffbrett des Gitarristen bewundern, als dieser nach dem Hauptset dankend mit blutig gespielten Händen winkte und seine Klampfe emporhob (Fotoshow).

Die frenetisch eingeforderte Zugabe gaben die KRUPPS nur allzu gerne und schlossen mit einer fulminanten Interpretation ihres Evergreens ‚Wahre Arbeit Wahrer Lohn‘, während der sich JÜRGEN ENGLER – wie oben zu sehen – auf das Steel-O-Phone schwang, um von dort höchstselbst ins Publikum zu diven, welches ihn nach einer Ehrenrunde durch den Saal wieder auf der Bühne absetzte.

Die KRUPPS wirkten während dieses rundum gelungenen Konzerts kein bisschen in die Jahre gekommen, und so freue ich mich auch schon auf ihren Auftritt als Headliner auf dem diesjährigen Wave Gotik Treffen.

Dieser Abend machte wirklich Lust auf das neue Material, das zur Zeit eingespielt wird und im Herbst als neues Album in (wieder einmal) neuem Stil erscheinen soll.

www.diekrupps.com

Autor: [EMAIL=alexander.lorenz@popmonitor.de?Subject=Kontakt von der Website]Alex Lorenz[/EMAIL]

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