Musikalische Nonkonformisten wollen nur unsere Seelen.
Seit dem großartigen 2004er Album Terrorbird hat sich einiges verändert im Hause MAE SHI: Neues Label, neuer Sänger und – ebenfalls neu – die Besinnung auf ein beinahe konventionelles Format: Statt dutzender einminütiger Radauanfälle, wird mit nur noch 14, fast durchweg die 2-Minuten-Grenze überschreitenden Titeln der starre Rock’n’Roll-Nonkonformismus der Anfangstage mit seiner Dekonstruktion aller bestehenden musikalischen Gesetze zunächst einmal ad acta gelegt. Ein Album wie alle anderen ist HLLLYH dann aber doch nicht geworden, denn nach wie vor heiligt der Zweck, musikalischer Einfallslosigkeit und stilistischer Gleichschaltung Einhalt zu gebieten, alle Mittel.
Noch immer boykottieren die Experimentalrocker die Erwartungshaltungen und noch immer strahlen sie die Spielfreude von Dreijährigen im Ikea-Spieleparadies aus, die sich dem Hörer als rasanter Jahrmarkt der Obskuritäten offenbart. Da treffen Zuckerwatteharmonien auf Lärmcrescendi, Atarimelodien auf Seemannsklavier, synthetische Beats und Handclaps auf zweckentfremdete Spielzeuge. Eine brasilianische Perkussionsgruppe biegt um die Ecke und ein betrunkener Männerchor fährt zuerst mit dem Gitarrenkarussell und dann mit dem Synthiescooter, um anschließend den Lukas zu hauen – und das nicht zu knapp.
Das alles präsentiert sich durchaus poppig und in bildhafte Bibelmetaphorik aus dem Alten Testament verpackt, die mit Lamm und Löwe beginnt und dem Leben nach dem Tod noch lange nicht aufhört. „You can keep your bodies we’re here for the souls!“ raunen uns die Kalifornier entgegen, und man merkt, hier sind Menschen mit Leidenschaft, mit Besessenheit am Werke, die aber zu keinem Zeitpunkt den Spaß an der ganzen Sache verlieren. Sogar die von der Band so perfektionierte Kunst, einen Indie-Hit stets um Haaresbreite zu vermeiden, wird mit dem Bonbon ‚Run To Your Grave‘ endgültig über den Haufen geworfen, bevor die Essenz einer schon unheimlichen Fülle von Ideen in einem elfminütigen Elektro-Medley noch einmal auf den Punkt gebracht wird.
Der Bandname leitet sich angeblich von dem japanischen Wort für Visitenkarte her, und es ist zu wünschen, dass THE MAE SHI ebendiese nun auch bei einer größeren Hörerschaft hinterlassen. Und übrigens: HLLLYH steht für „Halleluja“. Oder „Hell Yeah!“ Und das musste jetzt aber auch mal gesagt werden.
THE MAE SHI
HLLLYH
(Moshi Moshi Records / Cooperative Music)
VÖ: 29.02.2008
www.mae-shi.com
www.myspace.com/themaeshi
www.moshimoshimusic.com
www.cooperativemusic.de
Autor: [EMAIL=arne.wellding@popmonitor.de?Subject=Kontakt von der Website]Arne Wellding[/EMAIL]