VICE SUX steht groß in roten Lettern im West Germany geschrieben. Ein gefundenes Fressen für die Anti-Hipster Hipster-Fibel, um sich in ihrer großkotzigen Lässigkeit zu suhlen: Nach seinem Interview für das Magazin wird Matt Mondanile gebeten, neben dem Schriftzug zu posieren; Die posche Spiegelreflexkamera blitzt dezent epileptisch und lichtet die provokante Szenerie gekonnt ab.
Amen.
Anschließend wendet sich der kreative Kopf hinter Ducktails sowie Gitarrist der Pitchfork-Lieblinge Real Estate aus New Jersey meiner Wenigkeit zu. Wir begeben uns auf den in Augenhöhe mit der U1 liegenden Balkon und nehmen für ein kleines Gespräch vorab des Konzerts Platz auf einer Bierbank :::
Yo Matt, kannst du rappen?
Leider nicht, aber ich möchte es unbedingt bald lernen! Wenn ich erst einmal so gut rappen kann wie Snoop Dogg, ändere ich meinen Namen um in… (denkt angestrengt nach) Little D.
Wie bist du auf ‚Ducktails‘ gekommen?
Ducktails ist ein Wortspiel in Anlehnung an den Comic „Ducktales“. Eigentlich ein blöder Name, der ursprünglich nicht beabsichtigt war, sondern zufällig entstanden ist: Ich hatte gerade Musik auf Kassette aufgenommen und auf die Schnelle wollte mir nichts anderes als Ducktails einfallen, um das Tape zu beschriften. Seitdem sitze ich mit diesem Namen fest und kann ihn nicht ändern, weil ich auf keine bessere Idee komme.
Aus welcher Motivation heraus hast du mit der Musik begonnen?
Schon in der Grundschule wollte ich Musik machen und aufnehmen. Damals war ich schwer beeindruckt von Weezer. (lacht) Später brachten mich Klassiker wie Neil Young oder Bands wie Pavement und Built To Spill dazu, selbst zur Gitarre zu greifen.
Welche Rolle spielt Berlin für dich und deine Musik?
Eine sehr Bedeutende! Mein erstes Solokonzert fand in Berlin statt, nachdem ich im Januar 2006 hierher gezogen bin um Literatur an der Freien Universität zu studieren. In dieser Zeit lernte ich James Ferraro, Spencer Clark und Steve Warwick kennen, die damals in Neukölln lebten. Innerhalb der ersten Woche meiner Ankunft traf ich die Jungs zufällig auf einer Veranstaltung im Kunsthaus Tacheles.
Das klingt nach schicksalshafter Fügung!
Möglicherweise. Wir wurden schnell gute Freunde, hingen viel miteinander ab, gingen aus, betranken uns.
Habt ihr auch zusammen gespielt?
Nicht unbedingt. Vielmehr inspirierten wir einander in unseren Ideen. Die drei haben zu dem Zeitpunkt viel Musik aufgenommen und auf Kassette überspielt, das wollte ich auch versuchen! Ich besorgte mir also eine Akustikgitarre sowie ein Keyboard und verschanzte mich in meinem Zimmer in Kreuzberg.
Ducktails scheint vom Improvisieren zu leben. Allerdings macht es den Eindruck, als hättest du eine genaue Vision davon, wie es schlussendlich klingen soll.
Ich habe eine gewisse Vorstellung in meinem Kopf, die ich umzusetzen versuche oder ein Gefühl, das ich festhalten möchte. Im Laufe des Spielens lege ich Schicht um Schicht und forme sie wie eine Skulptur, um das Klangbild aufzubauen und zu erfassen, nach dem ich suche.
Neben Ducktails spielt du außerdem bei Real Estate sowie ehemals Predator Vision. Worin unterscheiden sich die Projekte?
Real Estate spielen sehr strukturierte und formelle Pop-Songs, Predator Vision hingegen machen improvisierten Psych-Krautrock. Was Ducktails betrifft: Das Projekt ist „much more up in the air“.
Während sich Real Estate für händchenhaltende Spaziergänge am Strand eignet und Predator Vision für Doggy-Style?
(lacht) So ungefähr.
Danke für die Auskunft!
Es ist der Abend des 25. März 2011, als Ducktails das in Rotlicht getränkte West Germany in einen traumähnlichen Zustand versetzt. Die kristallklaren Gitarrenklänge mäandrieren in Dauerschleife wie ein heißes Messer durch Butter gleitend durch den Raum, lassen sich verschwommen auf Keyboard und Pedale nieder. Die Musik wirkt beseelt von einem Gefühl der Vertrautheit und versprüht romantische Nostalgie, die das geistige Auge erwachen lässt. Von Bäumen über Frühling bis Beziehungen werde der talentierte Nerd in seiner Arbeit inspiriert: Eine breite Schicht an Eindrücken, die schwierig in Worte zu kleiden ist, beim Hören jedoch wärmstens nachempfunden werden kann.