Electrosmog am 20.10.2006 im K17


ANGSTFABRIKK, E-THIK und MORTAL VOID VS: PSEUDOKRUPP PROJECT – zwischen Newcomern und alten Bekannten.



Während die große Konzerthalle des K17 diesen Abend der guten alten Rockmusik mit springenden Gitarristen vorbehalten war, versammelten sich zahlreiche EBM- und Industrialfans um die kleine Bühne im 3.OG, um die eine oder andere Premiere zu erleben.

Den Anfang machten MORTAL VOID VS: PSEUDOKRUPP PROJEKT, die das erste Mal auf der Bühne standen, um ihre kreativen Werke gemeinsam zu präsentieren. Hinter den klar zum Klangbild passenden Namen verbergen sich TOBIAS HOPP alias MORTAL VOID und MARTY alias PSEUDOKRUPP PROJEKT. Beide sind in ihrem Schaffen und Hörvorlieben im weiten Sandkasten des Elektro/Industrials angesiedelt.



Da es sich quasi um den Auftritt zweier Künstler handelte, war die für Verwirrung sorgende Arbeitsaufteilung auf der Bühne von besonderem Interesse. Als erstes präsentierten die beiden Soundmaterial von PSEUDOKRUPP PROJEKT. Klangliche Anlehnungen an EBM und Industrial der frühen 90’er prägten dabei den Gesamteindruck. Irgendwo zwischen industriellem brachialen Gebolze à la Leather Strip und monotonem verzerrten Gesang, der ein bisschen an Calva y Nada erinnerte, schien sich auch der allgemeine Gemütszustand der anwesenden Gäste zu bewegen. Bei Songs wie ‚Schweigende Zeugen‘ und ‚Sieh mir in die Augen‘ lauschten die Anwesenden andächtig und ließen sich auch zum Tanzen und Feiern hinreißen. Eine mehr oder weniger gelungene Bereicherung war auch der Kurzauftritt einer Sängerin.



Nach etwa 20 Minuten wechselten MARTY und TOBIAS die Rollen und präsentierten nun Soundmaterial von MORTAL VOID. Stilistisch ging es nun in gekonnterer Weise mehr in Richtung End-90’er, hin zu Vertretern wie Suicide Commando. Dieser Umschwung wurde auch gebührend durch das Publikum gewürdigt. MORTAL VOID bewiesen, dass Titel wie ‚My Own Hell‘ eindeutig das Potenzial haben, Tanzflächen zu füllen. Also im Ganzen ein gelungener Auftritt, dessen einziges Manko eine recht statisch wirkende Bühnenperformance war.

Für das zweite Debüt des Abends sorgten E-THIK, die zum allerersten Mal überhaupt live zu sehen waren. Folgt man der Selbstdarstellung auf ihrem Webspace so gründeten MARCO (Gesang) und FRANZ (Keys) das Projekt E-THIK aus einer Bierlaune heraus. Ihr Ziel ist es, E-THIK mit einem Mix aus hartem EBM, Oldschool und Industrial zu beleben. Ein Vorsatz, den die bis dato in Sachen Banderfahrung fast unbeschriebenen Blätter mit Sicherheit als erfüllt betrachten können. Dennoch erkennt man im Sound der beiden deutlich ihre musikalischen Vorlieben für Bands wie Hocico oder VNV-Nation.



Im K17 zeigten E-THIK, dass man auch mit elektronischer Musik viel Spaß und Freude auf und vor der Bühne verbreiten kann. Von Anfang an war das Publikum von der Kombination ihrer Musik und der Bühnenperformance gefesselt. Dabei schien der Fakt, dass die Jungs hier in ihrer Heimat Berlin vor vielen Freunden, Bekannten und Verwandten auftraten, nicht ins Gewicht zu fallen. Eine Welle von Sympathiebekundungen schwappte ihnen entgegen und wurde adäquat beantwortet. Mit Titeln wie ‚Ironie des Schicksals‘ und ‚Tier‘ hatten sie auch die übrigen anwesenden Elektro-Fans im nu gewonnen. Harte kickende Beats in Kombination mit minimalistischen Melodiesamples, Frequenzspielereien und verzerrtem Gesang sind dabei wohl die charakteristischsten Merkmale des Sounds von E-THIK.



Nach ca. 60 Minuten E-THIK-Party war der Auftritt leider schon zu Ende. Es bleibt zu hoffen, dass man sie bald mal wieder sieht, denn auf dem richtigen Weg scheinen sie zu sein. Der Gesamteindruck war strukturiert, professionell und viel versprechend. Deshalb kann ich nur einen Blick auf ihre Homepage empfehlen, wo man neben einzelnen Tracks auch Videos von diesem ersten Auftritt bestaunen kann.

Als letzte Band des Abends betrat die ebenfalls aus Berlin stammende Formation ANGSTFABRIKK die Bretter, welche die Welt bedeuten. In gewisser Weise spielten sie diesen Abend in der „Altherrenliga“, da man die wohlklingenden Namen MIKE BÜNGER (Keys), ERIC MASCH (Keys) und RALF SCHMILEWSKI (Gesang) in unserer beschaulichen Stadt schon früher mit musikalischen Experimenten, wie zum Beispiel Flying 55 oder Sound Tesselated, in Verbindung gebracht hat. Im Gegensatz zu E-THIK handelt es sich hier jedoch um Personen, von denen man solche Experimente auch erwarten würde. Dennoch war auch dieser letzte Auftritt des Abends ein Live-Debüt.



Um wieder auf die wertungsfreie Kategorie „Altherrenliga“ zurück zu kommen und hier noch gerade so die Kurve zu kriegen (ohne jemanden zu verletzen), ein paar Worte zum Sound von ANGSTFABRIKK. Im Gegensatz zu den vorhergehenden Bands siedelt sich der Sound von ANGSTFABRIKK näher an den Einflüssen des Oldschool-EBM à la DAF, Front 242, Nitzer Ebb oder And One an. Gerade der Titel ‚Nicht wie die Anderen‘ legt den Bezug zu Beeinflussungsgrößen wie DAF und And One nahe. Vom Publikum wurden ANGSTFABRIKK jedoch gerade wegen dieser musikalischen Mischung gefeiert. Die Charakterstimme von RALF ist dabei eines der vielen Potenziale dieser Formation. Sie schafft so etwas wie Einzigartigkeit und verleit dem Sound eine Emotionalität, die etwas Besonderes ist. Auch in Sachen Bühnenperformance bewiesen ANGSTFABRIKK Erfindergeist. Für die eher visuell orientierten Zuschauer bot eine Video-Show einen interessanten Augenmagnet, der die inhaltlichen Aussagen unterstützte. So flimmerte beispielsweise zum Titel ‚Brot und Spiele‘ eine Bandwerbung im aus dem Fernsehen bekannten Porno-Hotline-Format über die Leinwand. Als krönenden Abschluss präsentierten ANGSTFABRIKK mit ‚California über Alles‘ ein Dead Kennedys-Cover und verabschiedeten sich durch Salutieren vom feiernden Publikum.

Gesamtfazit: Gelungener Abend… viele übliche Verdächtige… gerne wieder.

Mehr Bildmaterial findet ihr in unseren Fotoshows:

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