ESPANTAPITAS – Experiencia Berlin // 19.07.2008 im Glashaus/Arena


CASINO GITANO, LA EXCEPCION, CALIMA & N.O.H.A. live: Andalusische Hitze im regnerischen Berlin.



Wir befinden uns Mitte Juli im Jahre 2008 n.Chr. Jeder, der etwas auf sich hält, hat die Stadt in Richtung Ferropolis verlassen. Ganz Berlin ist von den Mode-Victims der Berliner Fashion Week besetzt… Ganz Berlin? Nein! Eine von unbeugsamen Musikliebhabern bevölkerte Konzertlocation hört nicht auf, dem Niedergang des Wochenendes Widerstand zu leisten. Doch das Leben ist zunächst nicht leicht für die Suchenden nach der perfekten Party. Wie gesagt, zunächst. Denn wenn man sich an jenem Abend durch den Nieselregen aufmachte, ein traurig verwaistes Badeschiff neben sich liegen ließ und endlich im Glashaus angekommen war, fragte sich der wohl eher unterkühlte Berliner, was da wohl gerade für eine Karnevalssitzung auf der Bühne am Laufen war. Zigeunerbräute, Cowgirls, mit Faschingsschminke und falschen Zähnen verkleidete Herumtreiber und noch so einige Fehltritte gegen den guten Geschmack bewegten sich im wilden Durcheinander von links nach rechts jenseits jeglicher Schamgrenze. Sobald man aber seine Coolness an der Garderobe abgegeben hatte, konnte man dem explosiven Balkan-Flamenco von CASINO GITANO durchaus etwas abgewinnen. Die 12-köpfige Berliner Multi-Kulti-Kombo rast durch sämtliche denkbare Musikstile und kombiniert diese respektlos mit folkloristischen Elementen. Komischerweise wirkt das im Zusammenspiel mit den Showelementen überhaupt nicht wie ein niveauloses Schmierentheater, sondern ist genau das richtige, um solch einen Abend zu eröffnen. Spätestens mit dem zweiten Lied hatte es auch den letzten Skeptiker von den Sitzen gerissen und wenn der „abuelo“ dann Flamenco tanzt, ist er trotz falscher Plauze irgendwie richtig sexy.

Mit LA EXCEPCIÓN, dem Gitano Hip Hop aus Madrid, der bereits mit einem MTV Europe Award prämiert wurde, kam dann doch wieder etwas mehr Coolness und Street Cred auf. Mit ihrem Rap, der Flamenco-Elemente beinhaltet und in Cheli, dem Madrider Jugendslang, vorgetragen wird, haben sie in Spanien so etwas wie eine kleine Revolution losgetreten. Entweder ist ihnen ihr Ruf bis nach Berlin vorausgeeilt oder es waren einfach sehr viele spanische Fans da: das Publikum war auf jeden Fall vom ersten Beat an mit, kollektives Kopfnicken setzte ein.

Mit CALIMA aus Barcelona folgte das erste richtige Highlight. Die 2007 für den Latino Grammy nominierte Flameco-Mestizo-Band ist so frisch und reinigend wie der spanische Küstennebel, nach dem sie sich benennen. Die zehn Musiker unterschiedlicher Herkunft, ein jeder ein Meister seines Fachs, mischen Musikstile, durch die sich immer der rote Faden des Flamenco zieht. Hätte in jenem Moment mein Telefon geklingelt und man hätte mich gefragt, wo ich mich gerade aufhalte – ich hätte erst einmal überlegen müssen. Das regnerische Berlin war meilenweit entfernt und als ich mich umsah, war ich bei weitem nicht die einzige, die sich wie auf einem magischen Trip ins Nirgendwo fühlte.



Wenn auch im musikalischen Sinne fast keine Steigerung mehr möglich war – N.O.H.A. als Headliner für diesen Abend zu setzen, war eine kluge Entscheidung. Die international besetzte und in Deutschland stationierte Band präsentierte mit Dive In Your Life ihren neuen Sound, der sich nach vielen Umorientierungen und Band-Neubesetzungen mittlerweile zu einem hypnotischen, extrem vielseitigen Clubbeat entwickelt hat. Nicht nur auf dem Album, auch live wird deutlich, dass die Band mit ihrem Neuzugang, der spanischen Sängerin Minerva Diaz Perez (www.espantapitas.com

Foto: © N.O.H.A.
Autor: [EMAIL=sandra.wickert@popmonitor.de?Subject=Kontakt von der Website]Sandra Wickert[/EMAIL]

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