Goldfrapp – Seventh Tree

Goldfrapp - Seventh Tree

Was? Nur eine Akustikgitarre? Ja, das ist Mrs. GOLDFRAPPS Stimme. Erkennt man unter Hunderten. Aber wo sind die Snare-Beats? Wo die hitzigen Synthie-Samples? Das britische Elektropopduo GOLDFRAPP ist mal wieder aufgetaucht und beschert seiner Anhängerschaft neue Rätsel. Diesmal im Harlekin-Gewand.
Im Jahr 2001 erscheinen Sängerin ALISON GOLDFRAPP und WILL GREGORY mit ihrem hoch gelobten Debüt Felt Mountain auf der Bildfläche und zementieren damit ihren Ruf als geheimnisumwitterter Geheimtipp. Man sah in der Mischung aus düsterem Film-Soundtrack und Elektronik gar die neuen Portishead herandräuen. Doch dann überraschten die beiden in den Nachfolgealben mit heißem clubtauglichen Pop und Glam. Mit dem eindeutig zweideutigen ‚Ooh La La‘ kletterten sie 2005 auf Platz 4 der britischen Charts.

Und nun Seventh Tree. Es ist keine Selbstneuerfindung und auch keine Rückentwicklung. Es geht nicht zurück auf den dunklen Felt Mountain und auch nicht in den verwunschenen Garten vom Zweitling Black Cherry (‚Hairy Trees‘). Fräulein GOLDFRAPP verlässt Club und Stadt, wirft sich hinters Steuer der Limousine und macht sich auf sonnigen Wegen davon.
Der bereits angesprochene Opener ‚Clowns‘ ist sicher dafür gedacht, den Bruch mit den Vorgängern auszumachen. Die sphärischen Klänge, die sich alsbald über der Gitarre ausbreiten, sind das, was übrig bleibt. Nicht zu vergessen ALISONS sehnsuchtsvolle Stimme, die die Worte jedoch nur anreißt. Diese Fee singt von „balloons“, „Barbie“ und „titties“, was schon fast der Anti-Folk-Attitude nahe kommt. Chöre umgaukeln sie.

Es folgt das Stück ‚Little Bird‘, in dem der Synthie-Einsatz zunimmt. Streichinstrumente verbreiten sonnige Molodien, und ALISON singt von einer Freundin, die ihr Glück gefunden hat, dass die blonde Sängerin noch für sich finden muss. Eine Möglichkeit dazu bietet sich in ‚Happiness‘ an. Mit Tamburin und zartem Beat singt eine Art Sektenkommune ihr Willkommenslied. Man sieht die freundlichen Menschen mit ihren bunten Tüchern förmlich vor sich („Donate all your money! We‘ll make it better“). Hier wird mit der Tanzbarkeit eine Brücke zum bisherigen GOLDFRAPP-Schaffen geschlagen.
Mrs. GOLDFRAPP steigt zurück in den Wagen. Das ganze Album lässt sich wie eine musikalische Diashow lesen. Es ist eine Beziehungsgeschichte, die hier erzählt wird, die sich über die verbleibenden sieben Tracks zieht. Die Stücke überschreiten nie das Midtempo und wirken zurückgenommen.

Reisen waren schon immer Inspiration für Künstler, man denke nur an Goethes Italienflucht vor seiner unglücklichen Liebe Frau Stein. ALISON flüchtet sowohl vor der Liebe (‚Road To Somewhere‘) wie auch vor sich selbst, nämlich ihrer Rolle als Glitter-Schickse (‚Carravan Girl‘). Auch die erste Single ‚A & E‘, ein klassischer Popsong, beschreibt die Befreiung von der Beziehung, aber auch die Sehnsucht zurück. Doch wenn mit A ALISON gemeint ist, wer ist dann E?
In ‚Some People‘ weist sie ironisch auch auf ihre reale Identität als Künstlerin hin. Die gute Mrs. GOLDFRAPP macht sich recht rar im Mediengeschehen, und oft kommt es vor, dass „people […] ask how old I’am“. Man schätzt sie auf Anfang 50.

Im letzten Stück ‚Monster Love‘ klärt sich fast auf, wie denn die Beziehungsgeschichte ausgehen wird und rundet damit ein gelungenes Comeback ab. Ein ruhiger Wiedereintritt, der zwar logisch ist (das Elektro-Schema war ausgelutscht), aber unverhofft kommt. Gelungen.

GOLDFRAPP
Seventh Tree
(Mute Records/ EMI)
VÖ: 22.02.2008

www.goldfrapp.com

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