Es ist abgedroschen zu sagen, aber HAIYTI ist ein Phänomen: Sie ist die beste in einem Game, dem sie nicht angehört. Sie wirkt authentischer und zugleich künstlicher als alles, was da schiefläuft. Deutschrap klingt neben ihr so nach 20. Jahrhundert. Die Dame von Welt trägt jetzt Poptrap, Neo-Eurotrance, Hyperpop und alles mögliche, was knallt. Mit sage und schreibe 25 Tracks – acht Monate nach Mieses Leben – hat sie ihre eigenen Soll-Vorstellungen mal wieder erfüllt.
Ein Bisschen krank und quietschend hackert „Hyperspeed“ los. Falls das die geneigte Zuhörerschaft nicht aushält, schaltet sie in „Lois Lane“ einen Gang zurück und erklärt im Videogame-Mode, warum sie immer noch die Queen ist. Auch ihre Herzschmerz-Tracks müssen wieder sein, „Niemandsland“ zum Beispiel. Mit olle MONEY BOY und „Stupido“ ist das erste Feature dran.
Ok, fangen wir von hinten an. Die Duette sind allesamt wie immer hörbar: von schräg (DOKTOR STERBEN in „Nur Medizin“) über poppig (SKOOB102 in „Zahl Es Bar“) bis handwerkstreu (CANEY030 in „Hundertzehn“). Haiyti und SLY ALONE hängen übrigens im Video zu „No Front“ am Berliner Mäusebunker rum und singen von ihrer Liebe zu dem Song „Alors On Danse“ von STROMAE. Ihre aktuellen Rappartner versammelt sie als „Burberry Money Clip All Starz“.
Generell schafft es die Rapperin noch öfter mal auf die Tanzfläche („Philipp Plein“ mit KID TRASH). Für „Goldschmuck“ verwendet sie nach DJ ROBIN SCHULZ den Song „Suga Suga“ von BABY BASH, jedoch um darüber zu rhymen. Wenn sich Madame die Seele ausschüttet, darf es inzwischen neben Trappop („Sterben“, „Wunder“) auch Indiepop („Merlot“) sein.
Styletechnisch ist sie schicker als deutsche Popsängerinnen, als deutsche Rapper sowieso. Noch härter wird es, wenn man diese westliche Solokünstlerin den Kpop-Idols unserer Tage gegenüberstellt. Während Haiyti ihren Individualismus lebt und erleidet („Drama“), sind die Mädchen aus Bands wie CHERRY BULLET, GFRIEND, EXID, COSMIC GIRLS oder FROMIS 9 abgerichtete Roboterinnen, die irgendwann in Depression oder Schlimmerem enden.
Haiyti kann ihren Trap aus dem FF („Breakdance“, „Bevor Es Endet“). Fettere Raps oder anspruchsvollere Flows muss sie nicht mehr abliefern. Die deutschen Hörer haben seit Jahren die Schuss nicht gehört. Hoffentlich gibt Fräulein ZSCHOCHE nicht auf, bevor sie merken, was für einen Star sie hier haben.
Haiyti
Speed Date
(Hayati Records/Urban)
VÖ: 03.12.2021
