HIGHFIELD Festival // 21. – 23. August 2009 // Stausee Hohenfelden (Thüringen)


Sommerfinale – „Die Sonne geht auf, die Sonne geht unter“.



Es hieß Abschied zu nehmen: von einer großartigen Festivalsaison, einem durchwachsenen Sommer und vor allem vom HIGHFIELD, das vom 21. bis 23. August zum 12., aber auch letzten Mal seine Zelte am idyllisch gelegenen Stausee Hohenfelden aufschlug. Nein, verzichten muss man auch in Zukunft nicht auf diese Perle der Freiluftmusikveranstaltungen, allerdings stehen die Wiesen und Hügel in der Nähe vom Thüringischen Erfurt ab 2010 nicht mehr zur Verfügung. Deshalb konnte sich selbst der Himmel am Freitag die eine oder andere Abschiedsträne nicht verkneifen, entschloss sich schließlich aber, es den zahlreich angereisten Bands und Besuchern gleich zu tun, Sonne und und vor allem Gesichter noch einmal um die Wette strahlen und sich nicht anmerken zu lassen, dass man so nicht wiederkehren würde. Also, an diesen Ort, denn nach einem neuen Gelände wird laut Veranstaltern bereits eifrig gesucht und man darf gespannt sein.



Noch war es aber ja nicht so weit, und daher wurden Donnerstag Abend erstmal die Grille angeworfen und der bereits dicht gefüllte Zeltplatz gebührend unter einer ordentlichen Rauchglocke versteckt. Dank rot schimmerndem Sonnenuntergang fand man aber trotzdem noch ohne weitere Probleme zu den wichtigen Einrichtungen, sei’s um der körperlichen Hygiene zu frönen, Trinkwasser zu zapfen oder sonstigen Getränkenachschub aus dem GAM (Getränkeabholmarkt) zu besorgen. Wunderbare Einrichtung übrigens – für 0,5 Liter angenehm gekühltes Becks zahlte man hier beispielsweise nur 1 Euro zuzüglich Pfand, welches man auch postwendend dort wieder loswerden konnte. Eine weitere Besonderheit des HIGHFIELD sei ebenfalls erwähnt, da es von vielen Festivalgästen wohl zukünftig vermisst werden wird: die zwischen Campingplatz und Gelände gelegene Avenida-Therme bot nicht nur einen Sondereintrittspreis für den Badegenuss, sondern gleich auch noch zwei schmackhafte Highfield-Spezial-Frühstücksvariationen in süß oder deftig.



Und schließlich war da ja noch, so ganz nebenbei, die Musik. Drei Tage lang versammelte sich auf der Main Stage am See und im Coca-Cola Soundwave Tent wenige Schritte entfernt die Crème de la Crème der nationalen und internationalen Musikszene, von jung bis alt, von aktuell bis (vermeintlich) etwas angestaubt und wieder wachgeküsst – alle waren angereist um mit dem ausverkauften HIGHFIELD Abschied zu feiern.



Los ging’s am Freitag um 15 Uhr auf der Main Stage mit AULETTA, die Mikrofon, Drumsticks und Gitarrenkabel an Kollegen wie GET WELL SOON, WILCO und CLUESO übergaben. Dass Letzterer als gebürtiger Erfurter dabei auf heimischen Terrain stand, war dabei für die Stimmung verständlicherweise nicht unbedingt schlecht. Auch nicht, dass er auf der Bühne Besuch von DENDEMANN bekam, welcher selbst wiederum im Anschluss noch im Coca-Cola Soundwave Tent spielte. Weitere Gäste dort: SAMAVAYO, die Balkan-Popper von DJ SHANTEL AND BUCOVINA ORKESTAR und die OHRBOOTEN.
Highlights des Abends auf der Hauptbühne waren schließlich die Herren MAXÏMO PARK, die, adrett und „very british“, einen bunten Querschnitt durch ihre vier Alben an das Publikum verteilten, gefolgt von den ARCTIC MONKEYS, die, zurück und generalüberholt aus der kalifornischen Musikschmiede von Queens of the Stone Age-Mastermind Josh Homme, ziemlich deutlich klar machten, was sie dort gelernt haben.



Veto

Und kaum hatte man sich nach einigen Stunden Schlaf den Sand aus den Augen gerieben und Grashalme aus den Haaren gezupft, konnte man auch schon wieder losflitzen, um wahlweise entweder der ersten Band des Tages, BOMBAY BICYCLE CLUB, auf der Main Stage zu lauschen, oder neue Talente im Coca-Cola Soundwave Tent zu entdecken. Dort durften nämlich zur Eröffnung immer die sechs besten Newcomer Bands aus über 2000 Bewerbern ihr Können zeigen und sich hoffentlich einige neue Anhänger erspielen, bevor sie von METRIC, EVERLAUNCH, die durch eine plötzliche Erkrankung des Schlagzeugers den Slot von NEIMO übernehmen konnten, den BADDIES und vielen anderen abgelöst wurden. Auf der Hauptbühne arbeiteten währenddessen der ehemalige Blackmail-Sänger Aydo Abay mit seiner neuen Band KEN, VETO, RIVERBOAT GAMBLERS, SPINNERETTE, TOMTE und VAMPIRE WEEKEND konstant einem weiteren, spannungsgeladenem Abend entgegen. Spätestens beim FARIN URLAUB RACING TEAM gab es beim Publikum kein Halten mehr, und gut umsorgt – Herr Urlaub unterbrach sogar kurz das Set, um gestürzten Fans die Chance zu geben, wieder auf die Füße zu kommen und bat eindringlich darum, man solle gegenseitig auf sich achten – wurde sich eingetanzt, bis sich schließlich bei den alten Musikhasen von THE OFFSPRING keine Lücke mehr fand und eine nahezu synchron springende Menschenmasse sämtliche Klassiker der Amerikaner beantwortete.



The Offspring

Den Abschluss fand der Samstag Abend dann mit den wieder auferstandenen FAITH NO MORE. Dass die Band um Aushängeschild Mike Patton seit ihrer Trennung im Jahr 1998 nicht im Geringsten verlernt hat, wie man gepflegt eine Bühne zerlegt, genossen zwar – es mag am durchschnittlichen Alter des Publikums liegen – nicht mehr ganz so viele Besucher wie zuvor, aber das tat der Stimmung keinen Abbruch. Spaß fand sich eindeutig auf beiden Seiten des Grabens, nicht zuletzt in Momenten wie dem, als Herr Patton (übrigens gekleidet in einen wunderbar scheußlichen, apricotfarbenen Anzug inklusive Ansteckblume, die auf den ersten Blick einem Broccoliröschen ähnelte) der Kamerafrau zur Rechten erst das Mikrophon unter die Nase hielt, um anschließend die Verwirrung zu nutzen und ihr – weiterhin souverän ‚I’m Easy‘ singend – das Arbeitsgerät zu entwenden und sich selbst dahinter zu klemmen. Reif für die Rente? Diese Herren garantiert nicht, das ein oder andere körperliche Gebrechen und des Sängers Gehstock hin oder her!



Mike Patton

Wer sich dann noch nicht vor seinem Zelt festgesessen, nach dem von Bolzen und FKP Skorpio durchgeführten Fußballturnier noch genug Puste übrig hatte und/oder mit Sonnenbrand niedergestreckt auf einer Wiese döste, konnte am Sonntag ein furioses Finale erleben. SELIG (die nicht nur mit ihrem „neurotischen, besoffenen Liebeslied“ aka ‚Ohne Dich‘ glänzten), AFI, APOCALYPTICA (mit Special Guest Tipe Johnson von den Leningrad Cowboys), DEFTONES, RISE AGAINST und DIE TOTEN HOSEN sind nur einige der Bands, die es am letzten Abend nochmal richtig krachen ließen. Und wem der Sinn nach einem Ausklang der etwas „anderen“ Art stand, wurde mit PATRICK WOLF im Coca-Cola Soundwave Tent versorgt.



Selig

Das war es also, das letzte HIGHFIELD. Zum Glück nur für dieses Jahr und an dieser Stelle, denn vermissen würden wir es sehr. Selbst die Paraden der schlechtesten T-Shirt-Sprüche, die jemals gedruckt wurden. Die Nachbarn auf dem Zeltplatz, die es tatsächlich schafften, alle längst vergessenen (und vor allem verdrängten) Tiefpunkte der 90er-Jahre-Charts auszugraben und einen Musikwunsch nach Faith No More mit einem „klar – von wem?“ beantworteten. Die Kreativität, die so mancher auf einmal entwickelt und die verzweifelte Kunstlehrer und Eltern wohl in Entzücken versetzen würde, könnten sie die Bastelergebnisse ihrer Zöglinge nur sehen. Und vielleicht vermissen wir sogar das Lieblingspausenlied der Soundverantwortlichen, die wirklich sehr bemüht waren, die wartenden Festivalbesucher mit ‚Smells Like Teen Spirit‘ in Endlosschleife zur Verzweiflung zu bringen. Es sei ihnen verziehen und vergessen, denn dafür war es schlicht viel zu schön in diesem kleinen Paralleluniversum am Stausee, und außerdem macht ja unter anderem genau all das ein Festival erst zu einem Festival.



Einen besseren Ausstand hätte man sich also wahrlich nicht wünschen können, und es bleibt zu hoffen, dass schnell würdiger Geländeersatz gefunden wird, damit man auch nächstes Jahr nicht auf ein grandioses Sommerfinale verzichten muss!

www.highfield.de
www.fkpscorpio.com

Fotos © Verena Gistl, Highfield/FKP Skorpio
Autor: [EMAIL=verena.gistl@popmonitor.de?Subject=Kontakt von der Website]Verena Gistl[/EMAIL]

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