HIGHFIELD FESTIVAL vom 19. bis 21.08.2005 bei Erfurt

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Ein Hauch von Glastonbury in Thüringen: Das Highfield bezauberte trotz Regen und Schlamm wieder einmal mit vielen musikalischen Leckerbissen und einer gemütlichen Atmosphäre.



Was habe ich noch mal im Veranstaltungstipp geschrieben? Von feinem Sandstrand auf dem man, die Füße eingebuddelt, steht und der Musik lauscht. Und dann komme ich an und der ganze Sand ist verschwunden. Innerhalb eines Jahres schnips und weg, bis auf den letzten Krümel. Sozialkürzungen oder Erosion, wer ist daran schuld?
Nach einigem orientierungslosen Suchen kann ich aber auch so etwas akzeptieren, schließlich ist es ja schon später Freitagabend und THE HIVES stehen auf dem Programm. Der Großteil der etwa 24.000 Besucher ist schon da und drängelt mir die Erkenntnis, dass es mit der ersten Reihe wohl nichts mehr wird, in den Kopf. Wie sich aber, kurz nachdem PELLE und die Seinen die mit Retro-Diner-Leuchtschrift behangene Bühne betreten, zeigt, ist das Publikum auch in den hinteren Reihen willens und in der Lage, den Pogo aufflammen zu lassen.



PELLEs Ansagen haftet ein Hauch von „selbstverliebter Marktschreier“ an, was teilweise nervt, aber bei Ansagen wie „Tanzen Sie schnell, bitte!“ durchaus unterhaltsam ist. Aus Zeitgründen unterlassen sie das Von-der-Bühne-und-wieder-rauf-Spiel und weisen nur kurz darauf hin, dass nun die Zugabe komme, die genau wie die fünfzig Minuten zuvor zu einhundert Prozent krachen, rocken und Spaß machen.
An den oft strapazierten Atemwegen zeigt sich, dass Sand oder Erde identisch stauben, wenn zigtausend Menschen synchron springen.

Wichtig ist der feine Unterschied der Bodenbeläge erst am nächsten Tag, der mit einigen kurzen Niederschlägen beginnt, aus den staubenden Wegen des Zeltplatzes schlammige macht und natürlich auch das Gelände selbst nicht verschont. So kommt es etwa bei ALKALINE TRIO für viele zu einer veritablen Schlammschlacht mit Ganzkörperschlammpackung als Folge.



Foto © Jonas Radomsky

Etwas ruhiger, aber nicht minder unterhaltsam, wird es bei WEEZER, die vom blauen Album bis zum aktuellen [i]Make Belive[/i] aus allem das Beste spielen. Die Zuschauerreaktion ist bei ‚Buddy Holly‘, ‚My Name Is Jonas‘ oder ‚Hash Pipe‘ jedoch hörbar enthusiastischer als bei den neuen Songs.
Dass die QUEENS OF THE STONE AGE eine fantastische Liveband sind, weiß mittlerweile jeder und wird auch bei ihrem Highfield-Auftritt aufs deutlichste bewiesen. Mit ‚Go With The Flow‘ startet die Reise durch die Bandgeschichte, auf der natürlich nichts ausgelassen wird. ‚The Lost Art Of Keeping A Secret‘, ‚No One Knows‘, ‚Monsters in The Parasol‘, ‚In My Head‘ und so weiter – sechzig lärmende, kurzweilige aber auch anstrengende Minuten.
Eine Besonderheit des Highfields ist es, dass auf eine Chaos verbreitende Nebenbühne verzichtet wird. Die Umbaupausen sind zum Entspannen da, was nach den QUEENS auch mehr als angebracht ist, wird der Samstag doch gleich von den FOO FIGHTERS beendet.
Diese betreten rot-schwarz gekleidet (Hallo White Stripes!) die mit einer chaotischen Fake-Verstärkerwand geschmückte Bühne.



Als ersten Song spielen sie den vorfreudigen Besuchern, es ist schließlich in diesem Sommer das einzige FOO FIGHTERS Konzert in Deutschland, den Titelsong ihres neuen Doppelalbums [i]In Your Honor[/i].
Während der folgenden neunzig Minuten wird deutlich, wie viele Hits DAVE GROHL und Mannen in den letzten zehn Jahren in die Welt gesandt haben und wie gut diese vor allem live funktionieren. Als Leckerbissen spielt DAVE GROHL ‚Everlong‘ allein auf seiner Gitarre, was ihm das Publikum mit langanhaltendem Beifall dankt.

Nachdem es in der Nacht zum Sonntag wieder etwas geregnet hat, zeigt sich die Sonne im Laufe des Tages endlich gnädig und trocknet das Gelände.



THE SUBWAYS setzen mit einem perfekten Konzert schon am frühen Nachmittag erste Akzente und zeigen, dass es auch tolle Londoner Rockbands ohne Unnahbarkeit und Anzüge gibt. Auch MADSEN sind absolut in der Lage ein Festivalpublikum zu rocken und kommen dabei auch noch verdammt sympathisch rüber.
Etwas abgedrehter wirken da schon die vier Kanadier von HOT HOT HEAT, allen voran Sänger und Keyboarder STEVE BAYS, der in seinem Zirkusoutfit regelrecht drollig aussieht. Auf die Ohren gibt’s dazu den gewohnt euphorischen Poppunk, der diese Band so einzigartig macht.



Mit den Worten „Hallo Highfield, wir sind Kettcar und das ist unser erstes Lied ‚Ausgetrunken'“ entern TOMTE die Bühne und spielen freilich ein eigenes Lied, genauer: ‚Von Gott verbrüht‘. Auch in der Folge gibt es den UHLMANNschen Humor in Bestform: Er widmet ‚Wilhelm das war nichts‘ Chris Martin, Richard Ashcroft und dem Veranstalter, der TOMTEs Supportgigs für die Vorgenannten eingefädelt hatte (und nebenbei auch das Highfield veranstaltet), ergänzt die Behauptung, beim parallel stattfindenden Papstglotzen in Köln träfe sich die Jugend der Welt, um die Wörter „ungefickte und geistig verwirrte“ und verabschiedet sich im Stile Sven Regeners mit dem Ausruf „Romantik!“.

Den Sonntag und somit auch das Festival schließen zwei Bands ab, die einige Jahre mehr auf dem Buckel haben als alles, was sonst so an diesem Wochenende auf der Bühne stand. Nach mehreren Jahren Pause sind SOCIAL DISTORTION zurück und stehen nun vor einem Festivalpublikum, das zum Großteil nach der Bandgründung 1980 geboren worden ist. Dafür wirken die vier Kalifornier aber noch relativ frisch, wenn auch mit der Zeit etwas monoton. Ganz anders die PIXIES. Das ganze Wochenende wurde man immer mal wieder gefragt, wer denn diese ominösen PIXIES seien und was ausgerechnet sie zum Headliner mache. Um aufschlussreiche Antwort bemüht, erzählt man Dinge wie: „Ohne die PIXIES gäbe es auf diesem Festival wahrscheinlich nur Silbermond und Subway to Sally, allen anderen fehlte die Inspiration“ was vielleicht etwas übertrieben, aber sicher nicht ganz falsch ist. Dann versucht man die Musik zu beschreiben, möchte man ständig sagen „sie klingen eben wie die PIXIES“ und zieht, vergleichbar mit Beschreibungen der CAESARS, am Ende die Fight Club- oder Placebo-Karte. Lustigerweise beginnen die PIXIES ihr Set auch gleich mit ‚Where Is My Mind‘, und nun weiß wirklich jeder, wer da vor ihm steht.



Anders als bei ihren Auftritten im letzten Jahr strotzen die PIXIES bei diesem einzigen deutschen Festivalauftritt 2005 nur so vor Energie und spielen ein Wahnsinnskonzert. Mit Songs wie ‚Vamos‘, ‚Broken Face‘, ‚Bone Machine‘ oder ‚Break My Body‘ wird eindrucksvoll bewiesen, dass [i]Surfer Rosa[/i] aus dem Jahr 1988 die Indieplatte schlechthin ist. Natürlich fehlen aber auch ‚Monkey Gone To Heaven‘ oder ‚Here Comes Your Man‘ nicht. Ein Konzert zum Schwärmen und die Krönung eines schönen Festivals. Mit einer wahren Verabschiedungsorgie à la „Gute Nacht Frank“, „Gute Nacht Kim“, „Gute Nacht David“, „Gute Nacht Frank“ und so weiter verabschieden sie sich und werden noch minutenlang gefeiert. Ehre wem Ehre gebührt.
Neben dieser und anderen tollen Bands sind das aber auch die Veranstalter und Booker, die bis auf wenige Ausnahmen (Silbermond z.B.) wirklich tolle Bands an den Stausee geholt haben. Den Sand kreide ich ihnen mal nicht an. Bis zum nächsten Highfield kann er aber vielleicht zurückkommen? Nur ein Vorschlag.

www.highfield.de
www.semmel.de

Autor: [EMAIL=alexander.eckstein@b-i-b.de?Subject=Kontakt von der Website]Alexander Eckstein [/EMAIL]

Fotos © Jochen Melchior

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