Als RAMMSTEIN vor fünf Jahren „Haifisch“ als Single ihres Best-ofs veröffentlichten, stießen sie viele Musikfans auf Die Moritat von Mackie Messer aus Brechts Dreigroschenoper. Viele Jahrzehnte kannte man in Berlin eine andere Interpretin dafür: HILDEGARD KNEF. Zu ihrem 90. Geburtstag veröffentlicht Cartella eine Sammlung von 17 ihrer Jazz-Lieder und Chansons unter dem Titel Berlin, nicht chronologisch geordnet.
Nun hieß Popmonitor mal Bands-in-Berlin und für einige Bands hier gehört die Hilde zur Kindheit. Die Volkssängerin gehörte in den 1950er/60er/70er Jahren zu der einstigen Arbeitermetropole und widmete ihr einige Hymnen. Aber genau die bekommt man kaum.
Nun gut, ohne „Ich Hab‘ Noch Einen Koffer In Berlin“ oder „Heimweh Nach Dem Kurfürstendamm“ kommt keine Knef-Sammlung aus. Aber wozu „Paris Loves Lovers“? Was ist mit „Berlin, Dein Gesicht Hat Sommersprossen“, „Zwei In Einer Großen Stadt“ oder „Das ist Berlin“? Da hieß es: „Du Perle an der Spree, wer dich erst kennt, Berlin, der sagt dir nicht Adieu. Denn deinem Zauber kann man niemals mehr entflieh’n.“
Das symbolische „Ich brauch‘ Tapetenwechsel“ über einen Birkenbaum schwelgte zwischen Aufbruch und Nostalgie, doch genau das selbe wurde in deutlicherer Sprache im Titel „In dieser Stadt“ beschworen: „Heute, nach allein durchweinten Nächten halt‘ ich es vor Heimweh nicht mehr aus!“ Ja, Berlin war die große Liebe Knefs und ihr wichtiger als viele Männer, denn von denen waren manche doch eh Aufschneider und Betrüger („Er war nie ein Kavalier“, „Er hieß nicht von Oertzen“).
Und wer den Song „Schwarz zu Blau“ von PETER FOX über seine Berliner Nächte mag, der höre mal „Ich bin zu müde, um schlafen zu geh’n“. Hier sang die Knef: „Liebe […] die schlaflose Nacht, erwarte den Tag mit ertrunknen Gedanken, begegne der Frühschicht der Stadt, die erwacht.“ Wer dieser Stadt und ihrer Künstlerin näher kommen will, der schaue sich lieber auf Youtube um als auf dieser beliebigen Zusammenstellung.
Hildegard Knef
Berlin
(Cartella)
VÖ: 24.11.2015