HYDE – 666


Mit einiger Verspätung erreicht uns nun japanischer New Metal, der nicht so recht ankommen will.



Japaner stehen ja unter dem Verdacht, jeden Scheiss zu konsumieren – hier gilt es nun allerdings herauszufinden, ob diese der Wirtschaft sehr zugetane Kritiklosigkeit sich auch auf den Produktionsprozess von Musik aus dem japanischen Raum bezieht? Dabei hilft uns nun ein kleines Label aus Bad Hindelang im tiefsten Allgäu, welches sich zur Aufgabe macht, äußerst erfolgreiche Acts aus Japan auch hierzulande zu promoten und zu vertreiben.
Im Dunstkreis des Gan-Shin Labels herrscht bis dato der Kontext des Visual-Key – sprich es geht um Künstler härterer Gattung, die sich, was ihr Äußeres angeht, nicht so recht für eines der beiden Geschlechter entscheiden können – und so heftig der Androgynität frönen und vorzugsweise in ihrer Landessprache singen.

Zu diesem Dunstkreis zählt auch HYDE, der sein Album 666 bereits 2003 in Japan veröffentlichte und dabei auf Platz 1 der Oricon-Charts schoss, was immer das heißen soll. Naja – nachdem es ja sogar die Guano Apes schaffen, in Japan gute Chartpositionen zu ergattern, lohnt es sich, aus europäischer Sicht ein bisschen genauer hinzuschauen.

Was HYDE da auf ihrem zweiten Album nun auf Deutschland loslassen, kommt leider genau um die Zeit zu spät, die das Album gebraucht hat, um über diverse Kontinente zu uns zu kommen. HYDE schwimmen mit 666 auf einer Welle, die leider inzwischen schon im Sande verlaufen ist. Sie machen New Metal, jaja die Musikrichtung, die so hoffungsvoll mit Korn begann, mit System Of A Down ihren Höhepunkt fand und mit (und ich will fast behaupten durch) Linkin Park ihr Ende fand.
HYDE ist am ehesten letzteren zuzuordnen, hören sich aber in den besseren Fällen ein bisschen an wie Filter (‚Sweet Vanilla‘, ‚Words Of Love‘), im allgemeinen Kontext wie Spineshank (‚Masquerade‘, ‚Midnight Celebration‘) ,in den schlimmeren Fällen wie Greenday (‚Hideaway‘) und in den unerträglichen wie HIM (‚Horizon‘, ‚Shining Over You‘).

Das Problem an HYDE ist, dass es ihnen an Eigenständigkeit mangelt, und die will sich auch nicht richtig durch die zum Teil japanischen Texte einstellen, wobei HYDE sowohl ihre Muttersprache als auch das Englische bemühen und diese in so machem Song locker flockig durcheinandermixen. Was einem aber erst so richtig beim Nachlesen im aufwendig gestalteten Booklet auffällt… Soll heißen: dass Japanisch, wenn es gesungen wird, gar nicht so weit vom englischen Gesangsflow entfernt ist. Klingt komisch, ist aber so (Zitat: Peter Lustig, Anm. d. Red.).

Was bleibt, ist eine gute Alternative zu den bereits genannten Bands, die man getrost neben seine Manga- bzw. HIM-Sammlung stellen kann (wenn man denn will). Bleibt die Frage, ob die Tatsache, dass man diese neuerdings in deutschen Plattenläden bekommt und nicht dem überteuerten Japan-Import wochenlang hinterher springen muss, die Herrlichkeit des Besitzes nicht eventuell sogar ein wenig schmälert. Sei’s drum – unstressiger ist es allemal.

HYDE
666
(Gan-Shin Records/ Universal)
VÖ: 05.09.2005

www.hyde.com
www.gan-shin.de

Autor: [EMAIL=mirco.erbe@b-i-b.de?Subject=Kontakt von der Website]Mirco Erbe[/EMAIL]

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