Olli Banjo

Hip-Hop war schon immer eine Streitkultur – das weiß wohl jemand am besten, der seit unzähligen Jahre zur Szene gehört und selber gerne mal gehörig provoziert: Deutsch-Rapper OLLI BANJO hat bereits sechs Alben, vier Mixtapes sowie unzählige EPs veröffentlicht und dabei nicht nur einmal gezeigt, dass er neben großen Rap-Skills auch das Zeug dazu besitzt, große Diskussionen auszulösen. Zur Veröffentlichung seiner Platte Hits und Rariäten sprach Popmonitor mit dem Rapper über seine älteren wie neuen Songs, Porno-Nummern und warum Pop toll ist, aber Kanye West und die katholische Kirche „scheiße“. Na dann, Ring frei!

2001 hat alles bei Dir angefangen. Inzwischen hast Du so viel Material aufgenommen, dass es für eine Bestandsaufnahme von 3 CDs als Best-of gereicht hat. In welchem Verhältnis stehen die neuen Sachen zu den älteren Songs?

OLLI: Da hat sich auf jeden Fall einiges geändert! Früher sind meine Beats in Zusammenarbeiten entstanden. Mittlerweile mache ich neben meinen Texten auch die Beats selber. Das ist schon mal der größte Unterschied und einfach toll, denn man ist jetzt einfach noch näher dran und kann direkt von der Idee an alles umsetzen.

Man sagt über Dich, Du seist nie der Mann für die große Pop-Welt gewesen. Woran eckst Du in dieser an? Deine neue Tracks sind doch gar nicht so weit vom Pop entfernt.

OLLI: Mich stört an der eigentlich gar nichts. Ich sag’s mal so: Früher war ich ein bisschen der Rebell und hab mich quergestellt. Wenn wir mal eine Pop-CD hatten, dann habe ich lieber ein verrücktes, schräges Kunstlied veröffentlicht. Mittlerweile bin ich aber raus aus dieser Unvernunft und habe da überhaupt keine Berührungsängste mehr. Pop ist für mich nicht mehr gleich kack Mucke. Früher war das ja ein Synonym für Ausverkauf. So sehe ich das gar nicht mehr. Ich bin inzwischen selber Fan von großartigen Pop-Platten wie von Ellie Goulding oder so.

Eine der neuen Singles heißt „Warum Ist Kanye West So Scheiße?“. Der Herr scheint Dich ordentlich auf die Palme zu bringen. Welche seiner Attitüden missfallen Dir so sehr?

OLLI: Der Song ist erst einmal eine Metapher für Arroganz. Wenn ich mir eine arrogante Person vorstellen müsste, dann wäre er der Erste, der mir einfallen würde. Der ist wirklich so überzeugt von sich. Ich kenne auch einige deutsche Künstler, die ein bisschen arrogant sind und Launen mit sich herumtragen, aber das ist ja nun wirklich Größenwahn. Ich dachte mir also: Ist doch perfekt, wenn man den quasi als Metapher nutzt und da einen Song drüber schreibt. Das habe ich von meiner Mutter gelernt: Dass Arroganz wirklich das Letzte ist. Ich mag keine arroganten Menschen. Ich finde das furchtbar. Ich bin auch ein gläubiger Mensch und mir ist sehr wichtig, was Jesus sagt. Der hat ja auch mit allen gechillt: Mit Pennern, mit Huren, mit Sozial Schwachen und so weiter und sofort. Und so geht es mir halt auch. Ich behandle eine Putzfrau genauso wie einen Konzernchef.

Sprechen wir doch über eine Kritik, die sich schon öfter an dich gerichtet hat: Einige ältere Lieder wie „Du und mein Penis“ oder „Dein Arsch“ enthalten sexistische Äußerungen, die Frauen auf ihre Körperlichkeit reduzieren. Findest Du es im Nachhinein vertretbar, wie du dich in solchen Texten geäußert hast?

OLLI: (lacht) Ja ja, was soll ich sagen? Ich war jung und brauchte das Geld!? Sexist war ich natürlich noch nie. Das war eher so eine pubertäre „Achtung, hier komm‘ ich!“-Phase und um ein bisschen zu provozieren. Das war immer eher mit einem zwinkernden Auge. Ich hab dann halt auch immer ein bisschen einen Akademiker-Humor mit meinen Texten gestriffen. Mit einem Subtext. Man muss auch zwischen den Texten lesen.

Schon klar: Man muss auch zwischen den Zeilen lesen.

OLLI:… also das war mehr so was, als wirklich eine platte Porno-Nummer. Lass‘ mich nicht lügen (lacht) – vielleicht hatte ich das auch mal irgendwie irgendwo.

Du rappst ja auch noch über andere Sachen. Über vergangene Eskapaden zum Beispiel. Und über deine Suche nach dem Sinn des Lebens. Hat man dabei nicht Angst, sich mit solchen Texten innerhalb der Hip-Hop-Szene angreifbar zu machen?

OLLI: Auf jeden Fall! Das ist eine gute Frage. Ich finde Texte ja immer interessant, wenn der Künstler auch was von sich preisgibt. Deswegen sind meine Texte auch immer ultra persönlich. Natürlich lässt man da in gewisser Weise die Hosen runter. Man bietet eine große Angriffsfläche, aber ich erzähle das gerne, weil man anhand der schlechten Dinge, die ich gemacht habe, auch ein Vorbild für die Kids und Hörer sein kann. Das hört sich total pathetisch an, ist aber so. Rap über Rap berührt niemanden.

Einer deiner neuen Titel heißt „Dein Leben ist jetzt“. Ist das für dich einer dieser Tracks mit Vorbildfunktion?

OLLI: Ja, der Track erzählt von meiner Sinnsuche – von meiner Schulzeit an bis heute. Ich hatte ja auch eher einen „alternativen“ Karriereweg. Nicht so das Klassische. Ich meine, nach der Schule wusste ich auch nicht, was ich machen soll. Dann war ich in einem Berufsinformationszentrum und habe dann irgendwelche komischen Traumberufe in den Computer gehackt. Dann habe ich mich aber für die Freiheit entschieden. Für meine Leidenschaft. Für den Moment. Darum geht’s halt. Das ist etwas, was ich denen, die gerade aus der Schule kommen, sagen möchte.

Dass man nach der Schule für den Moment leben sollte?

OLLI: Dass du bei deinem Talent und dem, was dir wirklich Spaß macht, bleiben musst. Wenn dir dein Beruf keinen Spaß macht, dann kannst du auch nicht damit erfolgreich werden. Das ist so eine extrem wichtige Entscheidung in deinem Leben. Deswegen habe ich halt einen Song darüber geschrieben.

OLLI BANJO
Hits und Raritäten – Best of 2001-2014
(Bassukah)
VÖ: 28.11.2014

www.ollibanjo.de

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