Interview mit DIIV


DIIV into the Oshin | am 11.11. live im Bi Nuu.



by Danny Krug

Es ist ein ungeschriebenes Gesetz: Auf Frauentoiletten muss man warten. Immer. Während ich anstehe, komme ich ins Gespräch mit einem Mädchen, das nach mir ein Interview mit DIIV geführt hat. Dafür steht sie jetzt in der Pinkelhierarchie ganz oben; das Universum sorgt für Gerechtigkeit.

Als enttäuschter Fan berichtet sie mir von ihrer desillusionierenden Begegnung mit den Jungs und bezeichnet diese als „Kackbratzen“. Dass sich die Band nach meinem Interview verabschiedet hat mit den Worten: „Schade, dass wir nicht mehr Zeit haben, das hat Spaß gemacht!“, behalte ich in dem Fall lieber für mich.

In der Tat lassen die Herrschaften merklich Slacker raushängen, und jegliches Geschehen abseits der Bühne könnte ihnen kaum weniger am Arsch vorbeigehen. Welche Attitüde ist zu erwarten von vier postpubertären New Yorkern in Band-Shirts, die sich nach einem Nirvana-Song benennen, auf ihrer Erfolgswelle Wodka-Mate trinkend im Görlitzer Park stranden und neben Musik vorwiegend Pussy & Weed im Sinn haben?

Frontmann ZACHARY COLE SMITH fällt etwas aus dieser Rolle. Der Kopf von DIIV verweilt in Gedanken die meiste Zeit anderswo und scheint beinahe in seinem überdimensional großen, roten Mickey Mouse Pullover verschwinden zu wollen. Ich begrüße ihn und die drei Anderen per Handschlag und stelle mich vor als Minnie Mouse. Dass sie nach einem kurzen Moment der Irritiertheit über meinen schlechten Witz lachen, zeigt mir: Die Kackbratzen und ich, wir liegen auf gleicher Wellenlänge.

Popmonitor: Der Legende nach hast Du dich letzten Sommer in einem Brooklyner Maleratelier verschanzt. Statt fließend Wasser und Klimaanlage gab es dort Platten und Bücher. Welches Werk resultierte in welchem Lied?

Cole (Gítarre/Gesang): Beispielsweise handelt ‚Doused‘ von der Platte meines Vaters, der in den 80ern in einer Band gespielt hat. Ich habe das Album in meiner Plattensammlung gefunden und bin auf ein Lied gestoßen, das von meiner älteren Schwester handelt, die nicht mehr lebt. Er hat ein Lied über ihren Verlust geschrieben, was ich ziemlich beschissen finde, denn er hat meine Familie verlassen. Wenn er sich so sehr um sein Kind sorgt, warum verlässt er es dann? In dem Lied nehme ich seine eigenen Wörter und Phrasen und verwende sie gegen ihn. Ich drehe den Spieß um.

„Die außergewöhnliche Qualität der Texte gekoppelt mit der musikalischen Undurchschaubarkeit wirft die Frage auf, ob DIIV nicht noch stärker wären mit einem mehr auf den Gesang fixierten Mix.“ (Auszug aus einem Album-Review zu ‚Oshin‘ von Spectrum Culture.) Fasst ihr die Meinung eines Musikjournalisten bzw. -kritikers als konstruktive Kritik auf oder scheißt ihr drauf?

Cole: Bestimmt könnten wir von einem mehr auf den Gesang fixierten Mix profitieren, aber das entspricht nicht meiner Vorstellung von dem Album. Die Platte sollte demokratisch sein und nicht auf Gesang basieren.
Devin Ruben Perez (Bass): Der Gesang ist ein Teil des Gesamten und soll mit dem Rest zu einem Klangozean verschwimmen.
Cole: Henry Miller sagte mal, der schlechteste Musiker sei immernoch besser als jeder Musikkritiker, oder so ähnlich. Aus irgendeinem Grund müssen Musikjournalisten ihre Meinung immer begründen. Sie können nicht einfach sagen, ob ihnen etwas gefällt oder nicht. Immerzu müssen sie Referenzen ziehen, wonach es für sie klingt oder woran es sie erinnert. Ich finde es bescheuert, dass Musikjournalisten den Leuten darin behilflich sein sollen, Musik geistig zu verarbeiten. Wer sich auf Musikjournalisten verlässt, versucht lediglich für sich die Gründe herauszufinden, warum man etwas mag.

Wie wird überhaupt der Albumtitel korrekt ausgesprochen? Ich bin phonetisch leider ein ziemlicher Idiot.

Andrew Bailey (Gitarre): Das Wort ‚Oshin‘ stammt aus einem Gedicht. Es handelt vom Ozean und wurde geschrieben von einem kleinen Mädchen namens Amanda oder Samantha. Sie wusste noch nicht, wie man ‚Ocean‘ richtig buchstabiert und hat einfach ‚Oshin‘ geschrieben. Man kann das Gedicht auf der Innenseite der Platte nachlesen.



‘Oshin gose crash on my feet / Like a warm per of warm slipers
The sand flis behind me / With my secrit inside’

Mein Liebling vom Album ist ‚Air Conditioning‘. Wovon handelt das Lied?

Cole: Letzten Sommer, als ich alleine in diesem beschissenen, stickigen Atelier lebte, besuchte ich meine Großeltern im Altersheim. Das Haus war voll mit tristen Gestalten und die Klimaanlage dort dröhnte rund um die Uhr. Es fühlte sich an, als wäre der ganze Komplex eine riesengroße Klimaanlage.

Welches sind eure persönlichen Lieblingslieder?

Andrew: Mein Favorit ist das letzte Stück auf dem Album. Als Cole mir die Lieder schickte, um die Gitarrenparts zu lernen, war ich hauptberuflicher Gassigeher in New York. Ich hörte mir das Zeug an, während ich mit den Hunden durch Manhattan spazierte und Leute beobachtete. ‚Home‘ hat dazu besonders gut gepasst.
Colby Hewitt (ehemaliger Smith Westerns-Schlagzeuger): Mir gefallen die beiden ‚Druuns‘ am besten. Sie klingen anders als die restlichen Songs, sind schneller, steigern sich mehr. Die Gitarren schrammeln vor sich dahin, während der Bass die eigentliche Melodie trägt und führt.
Devin: Für mich ist ‚Oshin‘ das beste und auch tiefgründigste Lied. Es erklingt zum Ende hin, wenn es am meisten drunter und drüber geht; So, wie es sein sollte. Das Lied repräsentiert durch seine Gleichnamigkeit mit dem Album nicht dessen Gesamtheit, sondern ist vielmehr ein weiterer Ozean im Ozean.

Welche Lieder bevorzugt ihr live?

Andrew: Ich spiele am liebsten ‚Doused‘, dabei können wir so richtig die Sau rauslassen. Unsere Lieblingsbeschäftigung.
Devin: Stimmt, für die Bühne ist ‚Doused‘ wahrscheinlich am besten geeignet, obwohl ich das Lied lieber mochte, als es noch keiner kannte. Damals hatte der Song immer einen gewissen Überraschungs- effekt, aber jetzt warten die Leute richtig darauf.
Cole: Ja, ich hasse das!

Verhält sich das europäische Publikum anders im Vergleich zum amerikanischen?
Colby: In den Staaten gibt es immer einen Moshpit auf unseren Konzerten. Bis auf Brüssel war das hier bisher eher die Ausnahme, aber dort sind die Leute komplett durchgedreht!

Spielt ihr Zugaben?

Cole: Wir beenden unser Set immer mit einem

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