Interview mit FINK (UK)


It’s not about money anymore…



Ich finde Fin Greenall am Samstagmorgen nach seinem Konzert am Freitagabend im Lido in der Lobby eines Hotels im Berliner Bezirk Friedrichshain vor. Er durchblättert gerade das Modemagazin, für das er soeben noch interviewt wurde. Nachdem wir beide einige der halbnackten Models für durchaus heiß befinden, herausfinden, dass das VICE selbst zu cool für seine Leser ist und eine kleine persönliche Fehde mit Fink hat, folgt ein interessantes Interview, in dem Fin etwas über seine Jugend, seine Zeit als DJ, das nette Berlin und sein überraschendes Nebenprojekt erzählt und schließlich noch einen Appell an sein neues „Lieblingsmagazin“ abgibt.

popmonitor.berlin: Wie kam es, dass du dir die Gitarre gegriffen hast und begonnen hast zu singen? Was war deine Motivation dahinter?

Fin: Nun ja, ich hab etwa mit 16 angefangen, Gitarre zu spielen. Du musst wissen, dass sich seit meiner Jugend alles um Geld und Skateboarden drehte. Ich habe bereits mit 14 gearbeitet, um Kohle zu verdienen und mir alles zu finanzieren. Ich hatte zwei Jobs zu der Zeit, als ich noch zur Schule ging. Ich liebte Geld wirklich – alles muss man halt vor dem Hintergrund sehen, dass ich aus einer Familie komme, die einfach nicht viel Geld hatte. Das soll keine Anschuldigung an meine Eltern sein, sie waren wirklich toll und gaben mir alles, was sie mir geben konnten und was ich an sich benötigte, doch ich wollte einfach eine Menge Potte haben. Daher hab ich praktisch einen Großteil meiner Jugend damit verbracht, Kohle zusammenzukriegen.

Und wie kamst du dann zur Musik?

Das alles hatte seinen Anfang, als ich mit 16 einen schweren Skateboardunfall hatte. Ich sollte dann ein halbes Jahr nicht mehr skaten, und in eben diesem halben Jahr kam auf einmal mein Interesse für Mädchen ins Spiel.

Du wolltest also Mädchen beeindrucken?

Naja… ja, irgendwie schon. Zumindest bin ich dadurch in diese ganze Musiksache gerutscht und gleichzeitig auch zu der Einsicht, dass es mich nicht glücklich macht, Dinge zu kaufen.

Hast du damals auch schon auf Songs gesungen?
Oh nein! Ich wollte eigentlich nie singen.

Wann fing das an?

So etwa vor vier Jahren. Aber ich wollte echt nie singen. Ich konnte mir mich selber auch nicht als Sänger vorstellen, geschweige denn als Singer/Songwriter. Das ist alles mehr zufällig geschehen.

Du warst ja vorher auch DJ. Gab es da einen genauen Grund, warum du das an den Nagel
gehängt hast und auf einmal ins Genre des Songschreibers gewechselt bist?

Ich hatte wirklich nie ein primäres Interesse daran, Singer/Songwriter zu werden. Ich wusste nur zu einem gewissen Zeitpunkt, dass ich einfach kein DJ mehr sein wollte. Diese Musik hat mich einfach nicht mehr befriedigt. Ich empfand, dass Dancemusic in einer Sackgasse steckte und sich in einer Zeit befand, in der es sich auch selbst stark hinterfragen musste. Nach der Jahrtausendwende gab es so viele andere neue Richtungen und einige waren im Zuge, sich prägend herauszubilden. Dancemusic erschien mir in ihrer Form damals als ziemlich unorientiert, heutzutage ist das wieder ein wenig anders. Wenn man in eine Stadt wie Berlin und in Clubs wie z.B. die Bar25 oder die Panoramabar geht, scheint es, als ob die Musikrichtung wieder einen Sinn gefunden hat.

Ich erinnere mich gelesen zu haben, dass es eine CD von deinem Set aus dem Watergate gibt und du die Bar25 sehr gern magst.

Oh ja, Bar25! Und ja, im Watergate hab ich ein paar Mal aufgelegt. Die CD, von der du sprichst, waren sogar drei CDs, eine von mir in Berlin im Watergate, dann eine vom Set in Paris und dann noch im Cargo in London. Die CD hab ich sogar selber gemacht und im Endeffekt umsonst weitergegeben.

Ok, du hast nun den Wandel zum Singer/Songwriter vollzogen. Du kannst jetzt zurückblicken. Bist du zufrieden mit dem, was du gerade machst?

Ja…

Gedenkst du, dabei zu bleiben, oder kannst du dir vorstellen, einfach irgendwann wieder DJ zu sein oder was ganz anderes zu machen?

Also DJ werde ich sicher nicht mehr. Davon hab ich mich gänzlich zurückgezogen. Und wenn ich mich doch irgendwann gelangweilt von dem fühle, was ich mache, dann mache ich einfach was anderes. Zurzeit schreibe ich ja auch noch Songs für andere Leute.
Meine Mutter hat mich in ihrer Lebensführung sehr inspiriert. Sie liebt es, ihr Leben ständig zu verändern. Ich meine, auch das jetzt ist mein ich-weiß-nicht-wievielter-Lebensweg. Es geht jedoch nicht mehr primär um Geld. Vielmehr geht es für mich darum, was ich machen will und was mir Spaß macht. Und wenn das Konzert gestern nicht Spaß gemacht hat, dann weiß ich auch nicht…



Stimmt es, dass ihr die Songs um die Weihnachtszeit herum schreibt?

Ja, das stimmt. Wir sind normalerweise Oktober mit dem Touren fertig und haben dann November bis einschließlich Februar frei. Das ist eine gute Zeit, um zu schreiben und aufzunehmen. Ich meine, wir wollen eine Band sein, die regelmäßig was herausbringen kann. Das ist schließlich der Grund, warum wir das Ganze hier machen. Keiner von uns aus der Band kann sich auch richtig lange ohne Musikmachen entspannen.

Ihr tourt wirklich ziemlich viel. Ich habe mich gefragt, wo ist für dich dein Zuhause?

Ich hab zurzeit kein festes Zuhause, es ist echt überall. Mein Koffer ist wohl mein Zuhause. Es gibt da natürlich ein paar Orte, zu denen ich mich begeben kann, wenn ich mal von allem weg will, aber meine eigentliche Heimat in England sehe ich nicht sehr häufig.

Eins deiner Bandmitglieder hat gestern rumgescherzt, dass du vorhast, eine Wohnung in Berlin zu mieten. Ist das wahr?

Ja, Ja! Na klar, aber jeder will doch eine Wohnung in Berlin haben.

Schwebt dir ein bestimmter Bezirk vor?

Kreuzberg ! Aber ich mag Berlin an sich. Es ist offen, facettenreich und kreativ. Ich habe außerdem viele Freunde hier. Jeder hier spricht Englisch – ich hab einen Freund, der seit drei Jahren hier lebt und nicht ein Wort Deutsch spricht. Verrückt, aber es hat einfach einen sehr internationalen Touch. Viele Leute aus aller Welt kommen her, um hier zu leben.

Ich will gern wissen wie dein Nebenprojekt „Sideshow“ sich so entwickelt.

Großartig. Wirklich, ich liebe dieses Projekt.

Wirst du damit auch ein paar Touren angehen? Bleibt es ein Nebenprojekt, oder könnte es dein Hauptaugenmerk bekommen?

Nein, wohl nicht. Wir sind mit Fink viel zu beschäftigt. Aber es läuft echt überraschend gut, es wurde von vielen Seiten aus sehr gut aufgenommen. Wir waren selber sogar förmlich geschockt, da wir es für ein kleines Nebenprojekt auf einem kleinen deutschen Label gehalten haben. Wir wurden schon öfters wegen Shows gefragt, aber wir möchten uns gern auf Fink konzentrieren. Das Projekt Fink ist nicht notwendigerweise leicht, zwar kommen die meisten Sachen uns quasi natürlich entgegen, doch verlangt es uns eine Menge Zeit ab, alles zu realisieren. Sideshow hingegen ist etwas, was eben weder mit so viel Druck versehen, noch ungeheuer professionell aufgezogen oder intensiv ist. Es ist eben ein Nebenprojekt.

Zurück zu Fink. Wie siehst du die Entwicklung von Biscuits For Breakfast bis hin zu Sort Of Revolution (FacebooktwitterpinterestlinkedintumblrmailFacebooktwitterpinterestlinkedintumblrmail