Romy Madley Croft und Jamie Smith von Englands derzeit meistgehypter Band THE XX über ihren Background, ihren kometenhaften Aufstieg und den Musikgeschmack polnischer Putzfrauen.
THE XX, das sind vier Twens aus dem gutbürgerlichen Süden Londons. Es gibt sie offiziell gerade mal seit ein paar Monaten, doch seitdem kommt keiner an Romey Madley Croft (Gesang, Gitarre), Oliver Sim (Gesang, Bass), Jamie Smith (Beats) und Baria Qureshi (Gitarre, Keyobard) vorbei. Mit ihrem selbstbetitelten Debütalbum haben sie nicht weniger als einen neuen Sound kreiert, der sich irgendwo zwischen Neogothic, Soul und sehr, sehr melancholischem Pop bewegt. Neben den extrem minimalistischen Arrangements ist es vor allem die perfekte Harmonie der beidermaßen außergewöhlich schönen Stimmen von Romy and Oliver, die sowohl auf der Platte als auch beim Liveauftritt im ausverkauften Lido das Publikum in den Bann zieht. Ein Konzert von genau 45 Minuten, keine Zugabe trotz heftiger Applausbekundungen und dennoch glückliche Gesichter unter den Zuhörern: das schaffen nicht viele. Wir wollten wissen, was dran ist an dem Hype und haben wenige Stunden vor ihrem Auftritt mit zweien der Wunderkinder gesprochen.
popmonitor.berlin: Im Juni wart Ihr zum ersten Mal in Berlin und habt als Vorband im Magnet gespielt, jetzt als Headliner im Lido. Was hat sich seitdem für Euch verändert?
Jamie: Der Gig im Magnet lief total cool, das war das allererste Mal, dass man eine Zugabe von uns wolllte.
Romy: Der größte Unterschied ist, dass wir jetzt ein Album draußen haben und dass wir damals nur eine Single als Backup hatten. Jetzt kennen die Leute unsere Songs und wir haben eine stärkere Verbindung zum Publikum.
Letztes Mal musstet Ihr in der Jugendherberge übernachten – jetzt vielleicht im 5-Sterne-Hotel?
Romy: Was das betrifft, haben wir uns schon hochgearbeitet. Früher mussten wir unser ganzes Equipment mit der U-Bahn transportieren, da sitzt Du dann vollbepackt mit einem Trolley und dem Verstärker in den Armen und gehst zu einem kleinen Gig. Übrigens, als wir letztes Mal hier waren, wurde mir mein Laptop in der Jugendherberge geklaut… vielleicht von der Putzfrau oder so.
Oh nein, war da Deine ganze Musik drauf?
Romy: Meine ganze Bibliothek eben… das krasse ist, dass mein Lasf.fm-Account immer noch benutzt wird und ich sehen kann, was gerade gehört wird.
Hat der Dieb denn wenigstens guten Musikgeschmack?
Romy: Ich weiß nicht so genau, er hört viel polnische Musik und Lady Gaga.
Das würde dann doch für die Putzfrauen-Theorie sprechen!
Romy: Ich höre aber auch ständig Lady Gaga im Moment. Immerhin haben wir jetzt einen total neuen Tourbus und gewöhnen uns an diesen Lifestyle.
Romy, in Euren Videos und auf der Bühne kommt ihr so cool und selbstsicher rüber – im Interview wirkst Du aber fast schüchtern. Bist Du eine andere auf der Bühne als im Leben?
Romy: Oh, ich wusste nicht, dass wir so selbstbewusst rüberkommen. Ich habe mir echt seit langem keine youtube-Videos von uns angeschaut. Aber ja, wir sind alle schon eher reserviert.
Ihr seid alle immer in schwarz gekleidet. Heißt das, dass ihr einem Style-Konzept folgt oder aber, dass Ihr Euch im Gegenteil überhaupt nicht für Mode interessiert?
Romy: Ich habe schon immer schwarz getragen. Und in der Schule ist es halt immer so gewesen, dass jemand irgendwas Cooles trägt und es dann alle wollten. Und weil wir immer zusammen abgehangen haben, haben wir wohl auch sowas wie einen ähnlichen Look entwickelt.
A propos Schule – wie wart ihr da? Ich stelle mir Euch so als eine Art Außenseiter-Clique vor, stimmt das?
Romy: Es stimmt schon, dass wir vier fast alle unsere Mittagspausen zusammen im Musikraum verbracht haben..
Jamie:Aber wir waren keine Außgestoßenen!
Romy: Es ging uns gut, wir waren nicht einsam oder so. Aber es ist wahr, dass wir nie in einer Riesenclique waren, aber wir waren jetzt nicht unsozial oder so. (Riesengelächter)
Wer sind eigentlich Eure Fans? Es wirkt so, als wären die alle mindestens zehn Jahre älter als Ihr.
Romy: Als wir angefangen haben, haben wir wirklich immer vor einem viel älteren Publikum gespielt… ich habe keine Ahnung, woher das kommt. Mittlerweile sind auch jüngere Fans dabei, aber für mich ist es schon ganz schön nervenaufreibend, vor Gleichaltrigen zu spielen.
Jamie: Ich kann kein spezielles Publikum bei uns ausmachen, ich finde es von Gig zu Gig verschieden.
Romy: Als wir in Bristol gespielt haben, kam ein 15-Jähriger zu mir und sagte, dass wir seine Lieblingsband sind, und kurz danach sagten die Eltern von Freunden, dass sie uns cool finden.
Woher habt Ihr eigentlich Euren guten Musikgeschmack?
Jamie: Bei mir waren es definitiv meine Eltern, ich habe viele von Ihren Soul- und Funkplatten gehört. Olis große Schwester ist ein totaler R’n’B-Fan und hat ihn sehr beeinflusst.
Kommt Ihr aus Künstlerhaushalten?
Romy: Meine Mutter war Kunstlehrerin, mein Vater arbeitet in einer Bibliothek, und beide haben sich schon immer für Musik interessiert. Ich wurde nie in die Richtung gedrängt, aber Musik war einfach immer da, mein Vater hat immer Musik zum Essen aufgelegt, und irgendwann habe ich gemerkt, dass das genau das ist, was ich machen will.
Also sind Eure Eltern wohl zufrieden mit Eurer Berufswahl.
Romy: Wir haben Glück, dass sie das nötige Vertrauen in uns hatten. Sie haben verstanden, dass wir, statt zu jobben oder zu studieren lieber an unserem Album arbeiten wollten. Dafür sind wir echt dankbar.
Welche Kollaborationen peilt Ihr in der näheren Zukunft an?
Jamie: Scream hat Interesse bekundet, mit uns zu arbeiten.
Romy: Ich kenne zwar nicht viel von seiner Arbeit, aber das wäre toll und vor allem etwas total anderes und neues.
Und wo seht Ihr Euch in zehn Jahren?
Romy: Auf jeden Fall mit ein paar mehr Stempeln in unseren Reisepässen. Weitgereist und hoffentlich immer noch kreativ.
Jamie: Ich habe keinen bestimmten Plan. Ich habe auch kein Problem damit, wenn die Arbeit an unseren nächsten Album richtig lange dauert, Hauptsache, es ist perfekt. Vielleicht bringen wir in zehn Jahren gerade unsere zweites Album raus.
Ich hoffe nicht, dass es so lange dauert!
Romy: Das sagen uns irgendwie gerade alle.
Vielen Dank für das Gespräch.
THE XX am 22.01.2010 erneut live in Berlin im Astra Kulturhaus
http://www.myspace.com/thexx
Autor: [EMAIL=sandra.wickert@popmonitor.de?Subject=Kontakt von der Website]Sandra Wickert[/EMAIL]