Interview mit TOY


„Hallogallo sollte Deutschlands Nationalhymne sein.“



TOY kommen zurück in die Hauptstadt, ohne Anhängsel! Nachdem die Gruppe hierzulande zuletzt als Placebo-Support in der O2 Arena gastierte, kommt das Quintett am 14. März wieder ins Comet, um in angemessen intimem Rahmen seinen im Dezember veröffentlichten Tonträger Nummer zwei zu präsentieren. Worin der Unterschied zum Debüt liegt, was Holger Czukay indirekt damit zu tun hat, in welcher Beziehung die englische Band zu dessen ehemaligem Band-Kollegen Damo Suzuki steht und was besagte Support-Rolle betrifft, beantworten TOY in der erweiterten Version der Gretchenfrage:

Beatles oder Stones?

Die Stones. (Maxim „Panda“ Barron) Für mich auch die Stones. (Dominic O’Dair) Wobei wir uns erst vor kurzem „Anthology“ von den Beatles reingezogen haben, sodass wir gerade ziemlich in der Klemme stecken, was die Beatles betrifft… Schwierig zu beantworten, aber ich denke, wir tendieren eher zu den Stones, die haben einfach diese etwas böse Facette. Wir waren eigentlich immer Stones im Gegensatz zu den Beatles.(P) Aber wir sind ziemlich besessen von beiden Bands.(D) Durchaus. Wir lieben sie beide, aber wenn ich im Begriff wäre, einem Klan beizutreten, dann den Stones. Wir mögen vor allem „Their Satanic Majesties Request“ und tatsächlich musste ich heute erst an ‚Not Fade Away‘ denken! Ich bin außerdem ein großer Fan von ‚Citadel‘, ‚She’s So Cold‘ und ‚Waiting On A Friend‘. Das Video zu diesem Song ist spitze: Mick und Keith, wie sie in New York rumgammeln.(P) Die Stones haben so viele unter- schiedliche Phasen durchlebt, von denen jede genauso großartig ist wie ihre vorherige. Ich bin großer Fan bis ungefähr 1973. (D) Ich gehe den ganzen Weg hinauf bis heute: Team Stones! Aber wir könnten genauso gut ins Team Beatles wechseln.(P)

Spinal Tap oder Flight Of The Conchords?

Oh, Spinal Tap!(P) Schon, obwohl ich Flight Of The Conchords ziemlich gerne mag.(D) Aber wir sind nicht in deren Team, wir sind im Team Spinal Tap. Tagtäglich erleben wir Szenen, die sind äußerst Spinal Tap. Beispielsweise verlaufen wir uns immerzu wie in der ‚Hello Cleveland‘-Szene, wo die Band in der großen Arena verlorengeht. Irgendwann einmal werden wir drei Bässe haben und so klingen wie ‚Big Bottom‘. Besonders witzig finde ich die Mini Stonehenge-Szene. Wir haben Stonehenge schon ein paar Mal besucht; als wir zuletzt daran vorbeigefahren sind, haben wir sogar den Stonehenge-Song laufen lassen.(P) Ja, auf England-Tour fahren wir immer dran vorbei, also bleiben wir stehen und hängen dort rum, obwohl man nicht wirklich nah herangelassen wird.(D) Und Stonehenge wird tatsächlich immer kleiner, glaube ich. Außerdem mag ich die Szene gern, in der David St. Hubbins und seine Frau Yoga machen auf allen Vieren und er seine Zunge so schnell rausstreckt. Köstlich!(P) Ich mag das Ende mit dem Schlagzeuger, wie er in der Badewanne sitzt und dabei diese kleine Badehaube trägt. Er ist mein Lieblingsmitglied von Spinal Tap.(D)

Neu! oder Can?

Oh, zwing uns nicht zu dieser Entscheidung!(D) Neu?(P) Ich kann mich wirklich nicht entscheiden, das sind meine zwei liebsten Krautrock-Bands. Beide phänomenal, wir lieben sie und sind musikalisch schwer beeinflusst von ihnen.(D) Das ist ziemlich schwer. Schier unmöglich, uns zu entscheiden. Aber auf dieser Tour wählen wir anlässlich jeder Stadt, in der wir spielen, ein Lied aus und da wir heute in Köln sind, wo Can herkommen, wählen wir Can.(D) Ich musste heute erst daran denken, da wir ja in Köln sind, dass wir mit Damo Suzuki gespielt haben. Ich kann noch immer nicht glauben, dass das tatsächlich passiert ist! All die Zeiten, in denen ich Can hörte, hätte ich nie zu träumen gewagt, Damo Suzuki eines Tages zu treffen, geschweige denn, mit ihm zu spielen. Dass das stattgefunden, ist noch immer unglaublich.(D) Das war eines der besten Male, die wir als Band überhaupt zusammen gespielt haben! Ich kann mich nicht erinnern, dass wir jemals ausschließlich improvisiert hätten. Wir haben über eine Stunde gespielt, doch fühlte es sich an wie nur ein Moment. Ich habe komplett das Zeitgefühl verloren. Dass uns quasi der Pate der Improvisation fragt, ob wir mit ihm spielen möchten: Der großartigste Tag in meinem ganzen Leben!(P) Damo Suzuki’s Network ist eine ziemlich coole Methode des Musikmachens: Auf der ganzen Welt hat und kennt er Musiker, mit denen vor Ort dann spielt. Er hat uns vor dem Konzert sogar eine Mail geschickt, um zu vergewissern, dass wir auf auf keinen Fall üben oder irgendetwas arrangieren würden. Wir haben einfach nur gespielt, was raus kam.(D)

Holger Czukay sagte einmal: „Musik bedeutet Zeit in Schwingung zu versetzen.“ Da auf dem Artwork eurer ersten Platte Schallwellen dargestellt sind, sprich eine Abbildung von Musik, macht das euer Cover nicht zum visualisierten Inbegriff von Czukay’s Worten?

Tut es tatsächlich. Es ist die praktische Methode von dem, was Czukay sagte, nur ist ihm das 30 Jahre früher eingefallen als Leif Podhajský, der das Cover kreiert hat.(P) Leider aber ist auf dem Cover nicht unsere eigene Musik dargestellt. Es gibt auch die umgekehrte Methode, wo gezeichnete Schallwellen schlussendlich Klänge erzeugen. Phänomenal!(D) Mir gefällt diese Idee, etwas aus Musik zu produzieren und umgekehrt. Es ist eine ziemlich akkurate, pure Interpretation von Holger Czukay, seine Beschreibung ist großartig. Gefällt mir. Sein Schnauzer gefällt mir auch.(P)

Because He Can. Wie würdet ihr persönlich den Schritt von der ersten Platte zur zweiten beschreiben?

Es ist eine nette Entwicklung. Wir hatten mehr Zeit, um zu spielen und zu experimentieren. Mit diesem Album hatten wir außerdem mehr Zeit im Studio und waren involvierter, was das Mixen angeht. Die Platte ist vielschichtiger und klingt dichter. Für uns ist das die eigentliche Entwicklung: Musikalisch zu wachsen und natürlich fortzuschreiten, indem wir einfach weitermachen und dabei verschiedene Sachen ausprobieren. (P) Wir lieben es, zusammen Stücke zu schreiben und Ideen zu entwickeln. Viele Leute bringen alle drei, vier Jahre ein Album raus, was schön und gut ist, aber ich bevorzuge die Idee, jedes Album ein Jahr zu veröffentlichen. Somit wird jede Platte wortwörtlich zu einer Aufnahme des jeweiligen Jahres und Musikmachens.(D) Wie eine Art Schnappschuss, der alles festhält. Um auf die Beatles und die Stones zurückzukommen: So haben die Bands damals gearbeitet. Ein Album pro Jahr, manchmal auch zwei. Ich glaube, diese Art und Weise der Arbeit produziert umso interessantere Resultate.(P) Wir denken immer darüber nach, wohin wir als nächstes gehen könnten. (D)

Eine ziemlich Nigel Tufnel-esque Denkweise…

Exakt! Und du sitzt nicht ewig an etwas dran bis zu dem Zeitpunkt, an dem es alt und unkreativ wird und einfach nicht mehr so klingt, als beinhalte es diesen Funken und die Energie des Momentes; so etwas interessiert uns nicht. Wir entwickeln uns gerne zügig weiter.(P) Jedes Mal, wenn wir eine Platte machen, haben wir schon zwei gemacht. Nicht wortwörtlich, aber du befindest dich einfach in einer besseren Position, um an die nächste Platte heranzutreten. Je mehr du also machst, umso besser. Und wenn du dich für eine Band begeisterst, sagen wir Sonic Youth und du entdeckst dann ihre Diskographie zum Durchstöbern, dauert es Monate und Monate, dich durchzuhören. Sowas mag ich sehr. (D) Auch Can oder die Stones: Die haben alle einfach verdammt nochmal das gemacht, was sie am liebsten machen: Musik. Und das gilt auch für uns.

Captain Beefheart oder Frank Zappa?

Beefheart.(D&P) Obwohl ich Zappa wirklich gerne mag. Als Kind habe ich Zappa gehört, lange bevor Beefheart, der kam erst etwas später, aber definitiv Beefheart. Ich schätze, „Safe As Milk“ war die erste Platte, die wir alle gemeinsam gehört haben und dann „Trout Mask Replica“, beide etwa zur selben Zeit. Mittlerweile ist mein Favorit vermutlich „Strictly Personal“. Ich liebe Beefheart, er ist cool.(P)

„Warum wagst du nicht den kommerziellen Schritt?“, wurde Beefheart einst in einem Interview gefragt, woraufhin er antwortete: „Entweder bin ich dafür zu klug oder zu blöd, ich weiß bloß nicht, welches von beidem.“ Hattet ihr Zweifel, was den Support für Placebo angeht?

Nicht wirklich. Es erschien uns einfach als irre Gelegenheit, die wir auf keinen Fall verpassen wollten. (D) Weißt du, wir sind, wer wir sind und die Tatsache, dass wir mit einer Band wie Placebo spielen, hat keinerlei Auswirkung auf uns. Ich glaube nicht, dass es uns als Band in ein anderes Licht rückt. Wir machen Sachen einfach gerne spaßeshalber. Und das Ganze macht ziemlich großen Spaß. (P)

The Velvet Underground oder The Velvet Underground?

Ich persönlich entscheide mich für die Velvets. Du? (D) Ich bevorzuge The Velvet Underground.(P) Unser aller Lieblingsband! (D) Das könnte man so sagen. Wir haben ein Cover von ‚What Goes On‘ aufgenommen, das Lied fühlt sich einfach richtig gut zu spielen an.(P) Es gibt einige großartige, ausgedehnte Live-Versionen von dem Track, allesamt sehr unterschiedlich zur Original-Version. (D) Wir waren alle sehr traurig, was Lou betrifft. Tom hat ihm zu Ehren eine Art Gedenkfeier veranstaltet: Ein Kreis von Leuten, die ein paar Tage lang Lou hören.

Eine weitere Banane zum Niederlegen.

TOY am 14.03.14 live in Berlin @ Comet Club

http://toy-band.com
www.facebook.com/toy.band

Autor: [EMAIL=veronique.homann@popmonitor.de?Subject=Kontakt von der Website]Veronique Homann[/EMAIL]

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