JOAN AS POLICE WOMAN (+ DOMINIQUE) am 09.06.2008 in der Volksbühne


Durch den Spiegel und was Joan dort fand: Liebe, Leid und Heiterkeit mit Joan As Police Woman.



Dieser Christobel muss ja ein ziemlicher Idiot sein. Denn wenn man sich nicht in eine Frau wie Joan Wasser verlieben kann, dann muss da irgendwas ganz schön falsch gelaufen sein. Das Publikum, das in der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz zur Präsentation von To Survive, dem neuen Album des Bandprojekts JOAN AS POLICE WOMAN gekommen war, sah das zum Glück anders. Denn nur wahre Liebe kann es sein, was Berlins schöne junge Menschen (mitsamt der lokalen Nachwuchs-Schauspielerprominenz) dazu bringen kann, sich erst durch den Eröffnungsact zu quälen und dann noch sich ewig hinziehende Bühnenumbauarbeiten hinzunehmen. Und all das, während zeitgleich die Holländer den Italienern zeigten, wo fußballmäßig der Hammer hängt.

Ein paar Worte zur Vorband DOMINIQUE, einem Berliner englisch-deutsch-australisch-französischen Konglomerat: optisch nicht ansprechend, viel zu viel Tamtam und Klimbim auf der Bühne, um einiges zu langatmig. Das Cello war in einigen Songs ganz nett, hätte aber auch gerne mal ruhen können, die Polyphonie aus drei Stimmen hätte das Motto „Weniger ist mehr“ gut vertragen können, und die Mischung aus Stars, Killers, Belle & Sebastian war einfach nicht rund. Vor allem Dominic Eichler hätte sich mehr auf sein Keyboard beschränken sollen, statt sich immer wieder mit seinem Gesang, einer Mischung aus Spoken Word und Chanson, in jedes Lied hineinzudrängen. Bezeichnend für den Auftritt der Band war, neben nicht wenigen irritierten Kommentaren aus den Reihen des Publikums, der nahezu tosende Applaus, den die Backgroundsängerin Ninon bekam, als sie in einem Song mal die Hauptrolle spielen durfte. Lasst diese Frau mehr singen und macht ansonsten mal ein bisschen halblang, das hätte man der Band irgendwie ganz gerne mitgeteilt.

Schwamm drüber, man kann einiges verschmerzen, wenn man dann mit dem Auftritt der wunderbaren Mrs. Wasser und ihren Bandkollegen Parker Kindred (Schlagzeug) und Rainy Orteca (Bass) belohnt wird. Das Vertrauen des Publikums musste allerdings erst wieder gewonnen werden, und so dauerte es eine Weile, bis das Eis gebrochen war.

To Survive ist ein ernsthaftes Album, auf dem die Sängerin unter anderem den Krebstod ihrer Mutter verarbeitet. Demzufolge dominieren auch die leisen, gehauchten und geflüsterten Töne. Das Konzert aber war mitnichten ein Requiem. Wer Joans Biographie nicht kannte, dem begegnete eine fröhliche, lustige, starke und verführerische Frau, die ihre Stimme wie kaum eine andere einzusetzen weiß. Nie dramatisch, aber immer eindringlich traf sie mitten ins Herz mit nur einer einzigen Klaviertaste, nur um die allzu melancholisch Gewordenen dann wieder mit einem „To survive!“-Urschrei zum Lächeln zu bringen. Den Wechsel von laut und leise, fröhlich und nachdenklich, ins-Mikrofon-Gehauche und ins-Publikum-Geschreie vollzog sie mit ebensoviel Bravour wie den Wechsel von Piano zu Gitarre. Kleine technische Pannen in der ersten Show der Tour oder die Tatsache, dass der Bass kaum zu hören war, entschädigte Joan mit kleinen Geschichten und Geständnissen. Dass der Schlagzeuger und die Bassistin gute, sogar sehr gute Musiker sind, wird niemand in Frage stellen, aber auch nicht, dass sie nur Statisten in dieser Joan-Wasser-Show sind. Vermutlich nicht mal sie selbst – einem angenehm gering ausgeprägten Ego sei Dank (das manch anderen gut getan hätte).

Joans Verschmähtwerden durch Christobel wurde natürlich auch an jenem Abend wieder thematisiert, ein Dauerbrenner aus dem ersten Album Real Life. Joans Stimme klang, als hätte sie diesen Song nicht schon Hunderte Male gesungen, sondern als wäre ihre Verzweiflung erst wenige Stunden alt. Beim Checken des Verstärkers zeigte sie uns dann ihre wunderschöne Kehrseite, und aus den Glitzerpumphosen aus Kindertagen lugte ihr Tattoo hervor: „LUCKY“. Lucky, das war vor allem das Publikum an diesem Abend, auch wenn es anfangs gar nicht danach aussah.

www.joanaspolicewoman.com
www.dominiquetheband.com

Autor: [EMAIL=sandra.wickert@popmonitor.de?Subject=Kontakt von der Website]Sandra Wickert[/EMAIL]

FacebooktwitterpinterestlinkedintumblrmailFacebooktwitterpinterestlinkedintumblrmail