Vertonte Hexenkunst? Psych/Weird Folk war für Neofolk mal das, was die Riot Grrls für Punk waren: ein feministischer Einschlag. In beiden Genres waren Frauen von Beginn an involviert, doch mussten sie sich erst Raum und Stimme verschaffen. Da waren sich THE HARE AND THE MOON und SIOUXSIE SIOUX sehr ähnlich. Nun hat sich das Pärchen JOSHUA ARNOLD und THERINE zusammengefunden, um Hexenmusik zu machen. Das vorliegende Konzeptalbum erzählt von den Hexenprozessen zu Pendle 1612 in der Grafschaft Lancashire, denen zehn Menschen zum Opfer fielen.
Therine’s Gesangstil erinnert stark an den der mysteriösen Sängerin von The Hare And The Moon. Statt keltische Gesangsformen zu kopieren wie etwa ELLA ZLOTIS von EPHEMERAL, stimmt sie in „Be Merciful Unto Me“ hohe englische Töne zur Verteidigung vor Gericht an, während das Harmonium dröhnt und quietscht. Im Gegensatz zu NIKOLAUS JIRA hält sich Joshua Arnold völlig zurück und kümmert sich um die Instrumente. Zwischen unbekümmerten Küchenlied und Zauberspruch erklingt „Tinkletum Tankletum“ an der Akustikgitarre. Während der Damenchor FAE AS FOLK klassischen Folk für ihre Hexen- und Piratenlieder spielen, ist es hier eher ein Indiefolk.
Nun wird es experimentell: Zu Trommel und Klapper wird „A Prayer To Bewitch A Drink“ gesprochen und gestöhnt. Diese Hexerei wird durch das mittelalterliche „I Shall Go“ unterstützt. Und das „Ritual Of Archytas“ mit Zither und Trommel könnte so auch vom Druiden GREEN MISTLETOE stammen. Das Hexenduo von CAVE MOUTH ist allerdings zeitgemäßer.
Dass der kulturelle Konflikt zwischen Christentum und freier Musik kaum mehr besteht, bringt nicht nur die Metal- sondern auch die Dark Folk-Szene in Bedrängnis. Der Rückblick in das aufregende Mittelalter könnte in Zukunft niemanden mehr interessieren. Dieses spannende Album regt ihn zumindest noch einmal an.
Joshua Arnold and Therine
A Wonderfull Discoverie of Witches
(Selbstvertrieb)
VÖ: 24.07.24
