Keine Schublade ist groß genug für Justine Electra.
Es muss ja nicht immer musikalischer Einheitsbrei sein. Die in Berlin lebende Australierin JUSTINE ELECTRA beweist mit ihrem aktuellen Album Green Disco, dass man auch abseits von Genregrenzen – oder irgendwo dazwischen – etwas Gescheites kreieren kann. Nein, nicht nur gescheit, sondern geradezu genial. Denn im Äther zwischen CocoRosie und Beyoncé, irgendwie undefinierbar, unterstützt von digitalen und sonstigen Hilfsmitteln, positioniert sich Justine Electra vielfältig.
Dass es die Australierin 1998 von Melbourne nach Berlin verschlagen hat, ist kaum verwunderlich, denn nirgendwo sonst auf der Welt würde ihr eigentümlicher Sound besser hinpassen als in die multi-alles deutsche Hauptstadt. Als 2006 das Debüt der Singer-Songwriterin und Multiinstrumentalistin, Softrock, erschien, überschlugen sich die Kritiker: Ein so vielschichtiges Klangerlebnis hatte lange keiner mehr gehört.
Und diesem Stil, der eigentlich so viele Stile ist, bleibt Justine Carla Electra Beatty – so heißt sie tatsächlich – auf ihrem Zweitlingswerk Green Disco treu. Die elf neuen Tracks stecken dabei so ziemlich jedes Genre in den Mixer. Genießen kann der Hörer dann einen Folk-Electro-Smoothie oder einen Hip-Hop-Lo-Fi-Drink – natürlich alles mit Schirmchen. Kaum zu glauben, dass die talentierte Wahlberlinerin noch zu den Geheimtipps gehört.
Das erste, das man auf Green Disco zu hören bekommt, ist nämlich die knirschende Aussage: „This could be the most beautiful song in the world.“ Und der dazugehörige Track (‚This Could Be The Most Beautiful Noise‘) lässt einen dann auch daran glauben. Die zunächst sanften Klänge der Akustikgitarre werden später durch Sounds, die mit einer fast aggressiven Selbstverständlichkeit fehl am Platze sind, zerschrammelt, sodass unweigerlich Erinnerungen an frühe Werke des Geschwisterduos CocoRosie hochkommen.
Nur einen Track weiter, bei ‚Boozy Shoes‘, dominieren Hip-Hop-Klänge und Rap. Im Song ‚Bagpipe Serenade‘ – es gibt einfach keinen besseren Ausdruck dafür – treiben es Dudelsäcke dann wild mit Electro-Beats. ‚Around + Around‘ hingegen ist eher ruhig und träumerisch-elektronisch. Klassischer Indiesound begegnet einem bei ‚Petting Zoo‘, das ziemlich normal klingt – mal abgesehen von den unterlegten Tiergeräuschen.
Es ist also gar nicht so einfach, für Green Disco eine Schublade zu finden. Heißt das also, dass das Album für jeden etwas bereithält? Bedingt. Nur Freunde des wilden Stilmixes und ungewöhnlicher Klangerlebnisse werden hier auf ihre Kosten kommen, dafür aber vollumfänglich. Trotz verrücktester Experimente bleiben Justine Electras Song-Kunstwerke allesamt melodisch; ihre Stimme ist dabei der Kleister, der Green Disco zusammenhält.
JUSTINE ELECTRA
Green Disco
(Neun Volt Records)
VÖ: 06.12.2013
http://justineelectra.blogspot.de
https://www.facebook.com/pages/Justine-Electra-Official/163425827033966
Autor: [EMAIL=kathrin.tschorn@popmonitor.de?Subject=Kontakt von der Website]Kathrin Tschorn[/EMAIL]