t.A.T.u.

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In einem Interview soll Altmeister MORRISSEY einst gefragt worden sein, ob er denn T.A.T.U. kenne, die gerade sein ‚How Soon Is Now‘ coverten. „Nein,“ meinte er, wer denn das sei. „Ein russisches lesbisches Schulmädchenduo.“ Darauf sagte er in seiner unnachahmlichen Art in etwa: „Sind wir das nicht alle?“

T.A.T.U. – Erinnert sich noch irgend jemand an dieses seltsame Popphänomen von 2002? Man mag es nicht recht wahrhaben, aber diese zwei jungen Damen sind in Russland in etwa solche Symbolfiguren für weibliche und queere Emanzipation wie in den USA MADONNA oder LADY GAGA. Die jungen Menschen, die heute dort für Homo-Rechte auf die Straße gehen, sind mit ihnen aufgewachsen, genau wie die Punkerinnen von PUSSY RIOT. Seit 2012 treten LENA KATINA und YULIA VOLKOVA wieder gemeinsam auf.

Die Beiden lernten schon früh das Klavierspielen und sich in den 90ern bei der Kinderband NEPOSEDI kennen. 1999 castete sie der Produzent Ivan Shapovalov für ein Musikprojekt. Ihm schwante eine lesbische Lolitaband vor. Durch den Bandnamen T.A.T.U., der soviel wie „Sie liebt sie“ bedeutet, eigene Shows, Fotosessions, Interviews und Songtexte wurden die beiden Teenager zu perfekten Projektionsflächen schwüler, jugendlicher Träume getrimmt. Nach nationalem Erfolg wurden ihre russischen Popsongs mit Englisch, Rockanleihen und Eurodance für den „Westen“ flott gemacht.

Wie simpel die Idee mit dem Knutschvideo im Regen zu ‚All The Things She Said‘ auch anmutet, es wurde 2002 mitsamt dem Album 200 km/h In The Wrong Lane zum Welthit. Psychologisch clever wurden die Beiden skandalisiert. MILEY CYRUS muss sich heutzutage mehr anstrengen, um aufzufallen. Gleichzeitig war es in Russland, wo noch heute mehr als die Hälfte der Bevölkerung Homosexualität ablehnt, mutiger, zwei Lesben zu spielen, als ein promiskes Partygirl. Auch MILEYs Masturbationsvideo ‚Adore You‘ vom Dezember letzten Jahres, hat YULIA mit ‚Prostiye Dvizheniya‘ schon 2003 vorweggenommen. Im Video wurden als Kontrast Aufnahmen von LENA gezeigt und sie so als Objekt der Begierde inszeniert. Pop lebt eben nicht von der Musik sondern von der Verpackung.

Durch gezielte Aktionen wurden die Beiden auch zu Idolen der Homosexuellenbewegung. So führen sie im Video zu ‚Show Me Love‘ eine Art lesbische Loveparade an und riefen auf dem Eurovision Song Contest 2003 die Szene mit ‚Ne Ver, Ne Boisya‘ zu Mut auf.

2004 trennten sie sich von Shapovalov und zofften sich auch untereinander. Als YULIA ihr erstes Kind gebar, war auch der Privatmythos vom Lesbischsein nicht mehr aufrecht zu erhalten. Nach zwei Folgealben zerstritt sich das Duo und ging 2011 zu Solokarrieren über. Hier behielten sie ihren T.A.T.U.-Style bei: War YULIA stets der burschikose Part des „Pärchens“, trat sie nun als Vamp auf. Ihre ersten Singles floppten allerdings kläglich. Die süße, gelockte LENA spielte nun die Poplady. Ein Remix ihres Songs ‚Never Forget‘ wurde in den USA bekannt.

Die Fans wurden mit Sticheleien bei Laune gehalten: Da stellte YULIA im Video zu ‚All Because Of You‘ den Plot vom T.A.T.U.-Songvideo ’30 Minutes‘ auf den Kopf und ließ LENA als eifersüchtige Attentäterin erscheinen. Und LENA begräbt im Video zu ‚Never Forget‘ symbolisch ihre Duo-Vergangenheit.

Nun scheint das alles vergessen zu sein: Im Dezember 2012 traten die Beiden wieder gemeinsam auf und werden nächsten Donnerstag tatsächlich zur Eröffnung der Olympischen Spiele in Sotschie eingesetzt. Das bringt ihnen bereits jetzt Kritik von Homo-Rechtlern ein. Die sehen darin ein liberales Feigenblatt für die russische Regierung, die „Homosexuellen-Propaganda“ 2013 verboten hat.

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