Kai und Funky von Ton Steine Scherben & Gymmick | 27.9.2019 | Luxor, Köln

Was, gibt`s die noch? Ton Steine Scherben begannen ihre musikalische Karriere 1970 in Berlin und hinterließen bei ihrer Auflösung 1985 insgesamt fünf Studio-Alben, die bis heute großen Einfluss auf die deutsche Rockmusik haben. Durch den Tod von Rio Reiser und den Wegzug des Gitarristen R.P.S. Lanrue touren aktuell nur noch zwei der vier langjährigen Bandmitglieder durch Deutschland, um die Songs am Leben zu erhalten.

Der Bassist Kai Sichtermann und der Schlagzeuger Funky K. Götzner taten sich 2015 mit dem Nürnberger Sänger und Gitarrist Gymmick unter dem sperrigen Namen „Kai und Funky von TON STEINE SCHERBEN & GYMMICK“ zusammen, um wieder auf Tour zu gehen.

So auch am Freitagabend in Köln mit Lennard Bertzbach als Vormusiker, wo sich in das kleine Luxor leider nur ca. 50 Leute verirrten. Dabei gaben sich alle Musiker reichlich Mühe, die Relevanz der teilweise fast 50 Jahre alten Songs zu verdeutlichen. Das Lied „Wann?“ widmeten sie „all den jungen Leuten, die für die Zukunft auf die Straße gehen“ und sagen dann: „Du sagst, du willst die Welt nicht ändern, und ich frag mich, wie
machst Du das nur? Du bist doch kein Geist in der Flasche und du bist auch kein Loch in der Natur. Denn nach jedem Schritt, den du gehst und nach jedem Wort, das du sagt,
Und nach jedem Bissen, den du isst, ist die Welt anders als sie vorher war.“

Einige Textzeilen wurden subtil umgedichtet, im „Arbeitslosenreggae“ hieß es dann „bargeldlos“ statt „arbeitslos“, bei „Sklavenhändler“ wurde der Mindestlohn“ besungen und ein zu Scherben-Zeiten unveröffentlichter halbfertiger Songtext von Rio Reiser namens „Wir bleiben drin“ thematisiert Gentrifizierung und Mietpreiserhöhungen.

„Es ist traurig und schön zugleich, dass diese Songs immer noch zeitlos sind“, sagte Gymmick und spielte „Alles Lüge“ als Kommentar zu Fake News und alternativen Fakten und Erdogan und Trump wurden namentlich als „Menschenfressermenschen“ erwähnt.

Angesichts des Alters von Kai und Funky war es verständlich, dass es eher ein halbakustischer Liederabend im Sitzen als ein Rockkonzert war, aber den ganzen Abend ließ sich das Gefühl nicht vertreiben, dass die Nostalgie hier die Oberhand über den Spaß gewonnen hatte.

Text: Anna Bakynu
Fotos: Robert Kneschke (www.robertkneschke.de)

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