Ein toller Abend für Fans von beherztem Indierock.
Donnerstag, 04.11.04 um 20:45 Uhr in der Greifswalder Straße:
Ein Bus setzt den Blinker, fährt rechts ran und stoppt in Höhe des Knaacks.
Die zu dieser Zeit vor dem Knaack stehenden Personen schauen sich fragend an, sind sie doch wegen des Konzerts von KATE MOSH hier – und die brauchen doch keinen Nightliner für die Durchquerung des Berliner Stadtverkehrs, oder? Die Bustür öffnet sich und ca. 40 teilweise sehr junge Menschen – der Großteil ist definitiv unter 18 – steigen aus. Neue Frage: Gibt’s hier eine Jugendherberge?
Die ersten Ausgestiegenen begeben sich zur Kasse des Knaacks. Klassenfahrt zum KATE MOSH-Konzert? Mitnichten.
KATE MOSH haben für ihr heutiges Konzert zwei Vorbands im Gepäck: NJATR und MADSEN. Und eben diese MADSEN sind für das gerade Gesehene verantwortlich.
MADSEN hießen bis vor wenigen Wochen noch HÖRSTUATZ und werden am heutigen Abend zum ersten Mal unter dem neuen Namen und mit neuen Songs auftreten. Weil dies ein partywürdiger Anlass ist, haben sie aus ihrer Heimat, dem Wendland, einen ganzen Bus voller Fans auf eigene Kosten in die Hauptstadt verfrachtet.
Das Programm eröffnen aber NJATR aus Bielefeld. Deren Musik lässt sich schwer beschreiben – die Adjektive laut und wütend dürfen aber genauso wenig fehlen wie das Verb schreien. NJATR kommen bei fast jedem Lied nach einem kurzen Intro sehr schnell auf den Punkt und ab diesem kracht es gewaltig, bleibt aber doch recht melodiös. Dazu wird wütend geschrieen – ziemlich laut eben, womit die selbst gestellte Wortwahlanforderung erfüllt ist. Wenn ein Lied dann vorbei und der Applaus verhallt ist, kippt die Stimmung komplett in totale Stille. Zu reden gibt es nichts; das Mikrofon wird während der Lieder genügend beansprucht. Nach einer halben Stunde intensiven Gitarrenverzerrens sind NJATR mit ihrem Set fertig und haben das Publikum doch gut eingestimmt, wenn’s auch nichts Weltbewegendes war.
Nun kommt es zu MADSENs Heimspiel auf fremdem Boden. Die mitgereisten Fans machen fast die Hälfte der Knaackbesucher aus, weswegen es vor der Bühne augenblicklich voll wird. Die Stimmung ist auf beiden Seiten der Bühnenkante klasse – vor der Bühne wird gesprungen und gewippt, mitgesungen und geklatscht, und die fünf Herren auf der Bühne hören gar nicht mehr auf zu grinsen und machen ihre Späße mit den Fans.
MADSEN singen auf deutsch und meist über zwischenmenschliche Beziehungen, doch ihre Variante des Deutschrocks ist weniger an einheimische Vorbilder angelehnt als an die britische und amerikanische Rockszene der letzten Jahre. So erinnert gleich ihr erster Song verdächtig an ‚Blind Pilots‘ von THE COOPER TEMPLE CLAUSE. Aber auch die „eigenständigeren“ Lieder sind musikalisch recht ausgereift und machen Spaß. MADSENs lockere Art ist auf jeden Fall ein guter Kontrast zu den doch eher ernsten NJATR, und irgendwo dazwischen liegen die nun folgenden KATE MOSH.
Das wunderbare ‚Kick Nave And The Sad Beats‘ von ihrem aktuellen Album Life is funfair eröffnet ihr Set. Und genauso geht’s auch weiter – Indie-Rock vom Feinsten. Reichlich Energie wird von der Bühne ins Publikum gesendet und dankbar angenommen. KATE MOSH haben den idealen Pfad zwischen der Kraft verzerrter Gitarren und eingängigen Pop-Melodien gefunden. Wie es der Name der Band bereits verrät, sind sie auch gern mal für einen Spaß zu haben. So wird beispielsweise M. M. WESTERNHAGEN imitiert und eine ständige Interaktion mit dem Publikum gewahrt. Während die Gitarristen ihre Saiten auf optimale Spannung bringen, trägt der Schlagzeuger Lyrik vor. Das Publikum ist selbstverständlich amüsiert und begeistert. Es macht einfach Spaß den vier Berlinern auf der Bühne zuzusehen und zuzuhören, und man möchte kaum aufhören zu applaudieren. So ist es auch nur folgerichtig, dass der Ruf nach einer Zugabe prompt erfüllt wird.
So blieb am Ende des Abends die Erkenntnis, dass KATE MOSH ein verdienter Headliner sind, sich NJATR und MADSEN aber auch nicht verstecken brauchen. Die Zuschauer waren in jedem Fall die Gewinner des Abends und im Wendland-Bus wurde mit Sicherheit noch ausgiebig gefeiert.