Light touch my hand, in a dream of Golden Skans…
2007 ist laut chinesischem Horoskop das Jahr des Schweins. Menschen, die in diesem Jahr geboren sind, sind oft galant und gute Kavaliere. Bei allem was sie tun, setzen sie ihre gesamte Energie ein. Sie haben dabei meistens das Glück des Tüchtigen und können ihre Ziele erreichen. Myths Of The Near Future, das mit Preisen überhäufte Debütalbum der englischen Band KLAXONS, wurde zu Beginn des Schweinejahres geboren und weist all diese Attribute auf.
Kurz und knackig – gerade mal 35 Minuten lang – wird der Hörer durch die seltsam wunderschöne Welt der KLAXONS gepeitscht. Die ganze Platte ist durchzogen von einer Energie, die auch den lethargischsten Langzeitstudenten dazu bewegt, in seiner Ikeabude völlig auszuticken. Spätestens mit der Veröffentlichung der Single ‚Atlantis to Interzone‘, einem Kracher, der jede Feueralarmsirene wie harmlose Weihnachtsglöckchen aussehen lässt, war in der britischen Musikpresse klar, dass da etwas Großartiges passiert. Da dort- wie hierzulande immer noch die neuen Beatles/Smiths/Franz Ferdinand/(bitte ergänzen Sie hier) gesucht werden, wurde schnell ein Label gefunden, unter dem Jamie Reynolds, Simon Taylor und James Righton ab sofort firmierten: „Nu Rave“. Übrigens ein Begriff, der Bassist Jamie Reynolds sozusagen „rausgerutscht“ ist – der aber sofort gierig aufgegriffen wurde und den Jungs seitdem anhaftet wie Sekundenkleber. Liest man zudem die Beschreibung ihres Plattenlabels, kann man als KLAXONS-Nichtkenner schnell die Lust verlieren, überhaupt auf das Konzert zu gehen: die üblichen Drogengeschichten, Vergleiche mit Tarantino, partyerprobt seit frühester Jugend, zudem aber kunstbeflissen und belesen – und zu allem Überfluss auch noch die Ikonisierung als Gründer einer neuen Modewelle, des angeblichen „Klaxon-Klamottenstyles“, der daher rührt, dass die Jungs sich gerne neonfarben und auffällig kleiden.
Trotzt man diesem erzwungenen Hype und wagt es dennoch, die Briten live zu sehen, ist man gut bedient. Im gut, aber nicht restlos gefüllten (kleinen) Postbahnhof eröffneten zunächst die Postpunk-Newcomer NEILS CHILDREN, die es trotz aller Exzentrik noch nicht so richtig schafften, das Publikum anzuheizen, aber dennoch Lust auf mehr machten.
Kurz um nach 22 Uhr begeben sich die jungen – aber zum Glück nicht blutjungen – Herren von den KLAXONS auf die Bühne und eröffnen wenig überraschend mit ‚The Bouncer‘, einem Kicks Like A Mule-Cover, das nicht auf der Platte ist. Wenig überraschend, da die Band seit Monaten unermüdlich durch die Welt tourt und dort mehr oder weniger das gleiche Songschema abspielt. Umso erstaunlicher ist es aber, dass keinerlei Routine oder Ermüdungserscheinungen zu erkennen sind. Von der ersten Sekunde an rocken die KLAXONS, als gäbe es kein Morgen, was ihnen zumindest die vorderen Reihen der Konzertbesucher nachmachen. Erste tumultartige Szenen ereigneten sich anschließend mit ‚Atlantis to Interzone‘, also dem Song, der den Nu-Rave-Mythos begründete. Ein kurzes Aufatmen gibt es sowohl für Band als auch Publikum ein paar Lieder später mit der Hymne ‚Golden Skans‘, bei der man aufgrund der mehrstimmigen Harmonien leicht ins Atonale abrutschen könnte – aber auch hier gab es nichts zu beanstanden. In ungefährer CD-Reihenfolge geht das Konzert voran, erreicht noch mal einen weiteren, geradezu orgastischen Höhepunkt mit ‚Magick‘, dessen Titel auf ein Werk Aleister Crowleys zurückgeht.
Traditionell beenden die KLAXONS auch dieses Mal das Konzert mit ‚It’s not over yet‘ – und der Name ist Programm: nach dem offiziellen Ende folgt, fast schon genauso traditionell, die Zugabe mit dem Sci-Fi-artigen ‚Four Horsemen of 2012.‘
Kaum begonnen, war der Gig auch schon wieder zu Ende – kein Wunder bei nur einer veröffentlichten Platte mit elf Liedern. Bei nur wenigen Ansagen und Kommunikation mit den Fans hätte leicht der Eindruck entstehen können, hier werde stur ein Programm abgespult. Dem war aber definitiv nicht so, denn auch hier galt die alte Weisheit „Qualität vor Quantität“. Gänzlich gefeit vor der Schubladisierung sind allerdings auch die KLAXONS nicht – unter dem durchweg jungen Publikum war das ein oder andere Fashion-Victim im Figur-unschmeichelhaften 80er-Jahre-Neonlook auszumachen. Doch das kann auch an dem besonderen Datum 11.11. gelegen haben. Helau und Alaaf.
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www.myspace.com/klaxons
Autor: [EMAIL=sandra.wickert@bands-in-berlin.com?Subject=Kontakt von der Website]Sandra Wickert[/EMAIL]