Latinos do it better.
Ja, eine ganze Menge Klischees wurden erfüllt, als LA VELA PUERCA am vergangenen Donnerstag im Lido spielten. Das fing schon beim Publikum an: für den nordeuropäischen Besucher durchaus erfreulich, denn auch noch vom hintersten Platz aus ließ sich gut auf die Bühne blicken, denn die meisten Anwesenden waren nicht besonders groß. Dann das Stimmengewirr, aus dem sich unterschiedliche spanische Akzente und Hispano-Sprachen ausmachen ließen. Dieses Feuer, diese Leidenschaft, da musste man an der Bar schon mal lauter werden, um sein Bier zu bekommen und fast war man versucht „Una cerveza por favor!“ zu rufen. Und natürlich dieser besondere Duft in der Luft, klar, denn „vela puerca“ heißt nur wortwörtlich übersetzt „Schweinekerze“ und bedeutet eigentlich etwas ganz anderes…
Nun könnte man weitere Allgemeinplätze erwarten, denn wenn eine spanischsprachige Skaband auf dem Programm steht, werden die Erwartungen (Pogo, Politpropaganda und Poentblößungen) durchaus nicht selten erfüllt. LA VELA PUERCA aber kommen aus Uruguay, und das ist schon der erste Bruch mit der Schubladisierung. Oft haben sie für DIE ÄRZTE eröffnet und gerade in Deutschland sind sie durch ihr unermüdliches Abrackern auf den Festivals der Nation seit Jahren bekannt. Haben sie früher für ein paar Euro im Tommy-Weissbecker-Haus – oder gleich ganz umsonst auf der Fete de la Musique – gespielt, können sie es sich jetzt erlauben, satte 16 Euro Eintritt zu nehmen. Und das ohne Vorband, lediglich das LUCHA-AMADA-DJ-Set war vor und nach dem Konzert zugange.
Dass das Geld dennoch gut angelegt ist, wird schnell klar. Das Publikum kennt die meisten der Songs und singt sie Wort für Wort mit, Sänger Sebastián Cebreiros Stimme wird mit den Jahren immer tequilageschwängerter und sexier, und wenn bis zu neun uruguayanische Musiker gleichzeitig auf einer Bühne abfeiern, schlägt diese Bombenstimmung einfach über. Neben den lauten Partysongs –übrigens kein purer Ska, sondern Rock puro y duro mit einer gehörigen Portion Brass- gibt es auch immer wieder langsame Lieder, die nur einer Gitarre bedürfen und wieder mal beweisen, dass spanisch die wahre Sprache der Liebe ist: „Tengo una banda amiga que me aguanta el corazón/que siempre está conmigo/tenga o no tenga razón“. Das muss man einfach mal so auf sich wirken lassen.
Einige weitere Unumstößlichkeiten wurden dann doch auch von LA VELA PUERCA höchstpersönlich erfüllt: Die unvermeidliche Bierdusche an der Percussion und die Tatsache, dass jede spanischsprachige Band mindestens ein Lied hat, in dem das Wort „corazón“ (Herz) vorkommt. Das Publikum mag und braucht das. Wie zum Beweis dafür war dieses Konzert eines der wenigen im ansonsten eher coolen Lido, wo sich die Leute noch nicht zu schade zum Crowdsurfing sind. Und darauf einen Tequila!
www.velapuerca.com
www.velapuerca.de
www.myspace.com/lavelapuerca
www.luchaamada.de
www.lido-berlin.de
Foto © lavelapuerca
Autor: [EMAIL=sandra.wickert@popmonitor.de?Subject=Kontakt von der Website]Sandra Wickert[/EMAIL]