Rock’n’Sad…
Lange ist es her, dass ich mir intensiv eine Gothic Rock-Platte zu Gemüte geführt habe. Mag es an diesem verregneten Sommer oder an den bekannten Gefühlschankungen einer Hochschwangeren liegen, mit Ave End treffen LACRIMAS PROFUNDERE meine leicht angeschlagenen Nerven an der richtigen Stelle und geben mir mit ihrem Melancholie getränkten „Düsterrock“ eine kleine Portion Power zurück.
Die gleichsam vetretene Aggression wie Schwermut auf dem sechsten Studioalbum der süddeutschen Musiker weist vom ersten Track an die Richtung: hier scheut man sich nicht davor, die „Großen“ der Szene zu zitieren. Man nehme also eine mächtige Portion HIM, reiche eine gehörige Brise SISTERS OF MERCY hinzu und würze das Ganze mit einem großen Schuss PARADISE LOST und DREADFUL SHADOWS oder deren Nachfolgeband ZERAPHINE. Die eigenständige Note erhält Ave End zweifellos erst durch CHRISTOPHER SCHMIDs fantastische, ja fast atemberaubend schöne Stimme. Musikalisch hingegen halten sich LACRIMAS PROFUNDERE auch nach elfjährigem Bestehen strikt an die vorgesteckten Grenzen des Genres. „Rotwein-Metal“ nannte das mal ein Kollege und irgendwie hat er recht damit. Die Scheibe eignet sich ganz hervorragend für einen lauschigen Leseabend am Kamin mit entsprechendem Rebensaft.
Auch wenn sich LACRIMAS PROFUNDERE im Gothic-Rock-Baukastenset (harmonische Pianoläufe, schwermütige Melodiebögen, breites Gitarrenbrett, tiefe Stimme etc.) reichlich bedienen, gelingt es ihnen trotzdem oder gerade deshalb ein mitreißendes, emotionales und straightes Album abzuliefern. Der herausragende Titeltrack ‚Ave End‘, das rockig-hymnische ‚Sarah Lou‘ und die verzweifelt-schöne Ballade ‚Come, Solitude‘ lässt Ave End zwar nicht zur Neudefinition des Gothic Rock werden, aber Neuerungen und Gothic sind meines Erachtens sowieso zwei verschiedene paar Schuhe…
LACRIMAS PROFUNDERE
Ave End
(Napalm Rec. / SPV)
veröffentlicht