Local Heroes am 21.09.2007 im Palais der Kulturbrauerei


DARIO, MY BABY WANTS TO EAT YOUR PUSSY, GAMMALAPAGOS u.a. beim Local-Heroes-Finale im Rahmen der Popkomm. Special Guest: HOOVERPHONIC.



Die „Local Heroes“-Reihe veranstaltete während der popkomm mehrere Konzerte, von denen das Finale des Bandcontests im Palais der Kulturbrauerei stattfand. Sechs Local-Heroes-Bands gestalteten den Abend mit Special Guest HOOVERPHONIC.

Die Belgier, deren neues Album The President Of The LSD Golf Club am 08. Oktober erscheinen wird, eröffneten dann auch den Abend. Die bereits seit 1996 bestehende Trip-Hop-Kombo bestach mit ihrer Mischung aus lupenreinem Pop und elektronisch-sphärischen Klängen. Eine wahre Freude war es, mit den melodiösen Sounds in eine andere Welt zu entschwinden. Dies wusste auch das Publikum zu würdigen und zu schätzen.



Anschließend machten HOOVERPHONIC die Bühne frei für die lokalen Bands unter dem Deckmantel von „Local Heroes“, einer Initiative, die sich der Unterstützung von jungen Nachwuchskräften im Bereich Musik verschrieben hat.

Als erste Local Heroes Band spielten die vier Magdeburger Jungs von DARIO. Ziemlich engagiert eröffneten sie mit ‚Du willst‘ und mussten dann nach dem vierten Song ‚Schlichtenberg‘ vorzeitig abbrechen, da die Veranstaltungsreihe streng auf die Einhaltung der 25-Minuten-Perfomance-Zeit achtete. Der gitarrenlastige Sound erinnerte an eine Mischung aus Sportfreunde Stiller mit Anklängen an Tocotronic, wenn auch ungeschliffener und direkter.

Die nachfolgenden FREISPRINGER hatten es etwas schwerer, ihr Publikum zu begeistern, hatten aber zum Glück ihre eigene Fangemeinde (die größtenteils aus Mitschülern und Eltern zu bestehen schien) mitgebracht. Der 2004 gegründeten Band ist lobenswert anzurechnen, dass sie ihre Songs auf Deutsch zum Besten geben.

Schon beim darauffolgenden Umbau war zu ahnen, dass sich Großes ankündigt. Der Saal des Palais füllte sich bis zum Bersten und es wurde deutlich, dass sich das Highlight des Abends ankündigte. Licht, Rauch, anschwellende Töne: MY BABY WANTS TO EAT YOUR PUSSY gaben sich die Ehre. Was dann geschah, lässt sich nur schwer in Worte fassen und bestätigt mal wieder die Aussage: „Über Musik zu schreiben ist wie zu Architektur zu tanzen“.
Bombastisch, sinnesraubend, orgiastisch, das sind wohl die Adjektive, mit denen sich am besten die Bühnenschau beschreiben lässt. Frontmann Ziggy Has Ardeur – eine Mischung aus Ziggy Stardust, Mick Jagger in seiner „Sympathy for the devil“-Phase und einem skurillen Zirkusdirektor und Frontfrau Debùsy D’eeper, die sowohl die Erotik Barbarellas als auch die süße Unschuld einer Alice im Wunderland in sich vereint, zogen das Publikum augenblicklich in ihren Bann. „Glam Rock“ trifft es wohl noch am ehesten, mit Anleihen bei Meat Loaf, den Dresden Dolls, ‚Whisky Bar‘ von den Doors, sowie Erinnerungen an Rockopern, Queen und Andrew-Lloyd-Webber-Musicals. So bizarr dieser Mix klingt – er funktioniert. Sogar sehr gut. Diese Mannheimer Nachwuchsband traut sich einiges, scheut sich nicht vor pathetischen Gesten und Kostümen, die direkt aus dem Fundus von „Raumpatrouille Orion“ stammen könnten. Coolness ist etwas anderes, doch das ist auch sicher nicht das Anliegen von MBWTEYP, sondern nichts Geringeres als ihre Zuhörer in Ekstase zu versetzen… und das haben sie mehr als geschafft an diesem Abend. Weder bei den Bands zuvor noch danach waren so viele Zugabe-Rufe zu hören.



Die daran anschließende Band GAMMALAPAGOS konnte an diese Stimmung nicht anknüpfen. Schade, denn ihr progressiver Alternative-Rock hat durchaus Potential. Schon beim Haldern Open Air konnten sie beweisen, dass ihr Sound in Richtung Tool und Radiohead europatauglich ist und man nicht unbedingt eine deutsche Band dahinter erwarten würde. Für den Popkomm-Abend waren die Songs vielleicht zu lang und nicht mitreißend genug, bzw. war das richtige Publikum nicht anwesend, das die eher sperrigen Sounds zu würdigen wusste.

In eine ähnliche Nische passen auch GEIST aus Köln. Dunkle, emotionale Texte in deutscher Sprache. Weniger in Richtung Gothic, sondern in die Rockecke sind diese Musiker zu packen, die deutlich erwachsener und routinierter wirkten als man von einer Nachwuchsband erwarten würde.

Als letzter Live-Gig standen dann BEN*JAMMIN auf dem Programm. Auch die 5er-Kombo aus Mainz konnte bei ihrem Auftritt überzeugen. Die sanften Pop-Klänge gepaart mit funky Rock-Pop kamen in der Venue perfekt rüber. Dabei konnten Marc, Danny, David, Flo und Ben auch den größten Spagat zwischen den Musikstilen mühelos mit gekonnter Technik und Einfühlsamkeit überbrücken.

Später am Abend konnte auch Ex-Handball Nationalspieler Stefan Kretzschmar nicht die Finger von den Turntables lassen und heizte dem Publikum gehörig ein.

Langer Rede kurzer Sinn – „Local Heroes“ ist eine sehr lobenswerte Initiative, der Rahmen war perfekt. Trotz einiger Unstimmigkeiten (die Schwierigkeit, ein Publikum mit sehr unterschiedlichen Musikstilen zu bedienen, ein eher überflüssiger „Conferencier“, der es nicht schaffte, das Publikum für sich einzunehmen und neben recht unlustigen Ansagen sich auch noch einige Patzer erlaubte) kann man die Veranstaltung als gelungen und wiederholenswert bezeichnen.

www.hooverphonic.com
www.freispringer.de
www.mbwteyp.com
www.gammalapagos.de
www.geistreich.org
www.benjammin-band.de
www.local-heroes.de
www.popkomm.de

Autor: [EMAIL=sandra.wickert@bands-in-berlin.com?Subject=Kontakt von der Website]Sandra Wickert[/EMAIL]

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