Loreena McKennitt – The Journey So Far

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Gleich vorweg: Dieses Best-of zum 30-jährigen Bühnenjubiläum enthält nichts Neues für Fans von LOREENA MCKENNITT und somit auch nicht diese Rezension. Wer die MCKENNITT jedoch noch nicht kennt, erhält hier die Chance zu verstehen, warum sie einst als einflußreiche Folk-Sängerin galt.

Man kann hoffen, dass The Journey So Far die Stagnationsphase der Künstlerin beendet, in der sie seit Ende der 2000er steckt. Freilich liefert es ihr auch Anlass, mit ihren alten Hits weiterhin um die Welt zu touren, wie sie es seit Jahren tut. Davon kündet auch die Live-CD, die der Deluxe-Version beigelegt ist. Auch hier handelt es sich nur um altes Material vom Juli 2012, als sie auf ihrer A Midsummer’s Nights-Tour bei einem SWR1-Konzert in der Zitadelle in Mainz auftrat, nämlich jenes, das nicht für die Live-CD Troubadours On The Rhine verwendet wurde.

Das Best-of umfasst gerade mal 12 Songs und versammelt alle ihre Erfolge aus den 90ern: ‚Bonny Portmore‘, ‚The Bonny Swans‘, ‚The Mummer’s Dance‘ (hier als Remix). Entsprechend sind vorrangig die Alben The Visit (1991) und The Book Of Secrets (1997) vertreten. Damals galt MCKENNITT als Elfenkönigin der Weltmusik, als Gralshüterin vergessener Traditionen.

Im multikulturellen Kanada aufgewachsen, brachte sie ihren Hörern alte Weisen aus der keltischen Welt und dem Nahen Osten mit Piano, Harve und Akkordeon näher. Sie schien inmitten der aufblühenden Fantasy-Popkultur eine authentische Vermittlerin vergangener Kulturen zu sein. Durch den Einsatz von E-Gitarre, moderner Beats und Takte konnte sie ihren Liedern eine gewisse Aktualität zu verleihen.

Dass manchen Motiven immer wieder neu Leben eingehaucht werden kann, soll ein prominenter Titel zeigen: ‚The Lady Of Shalott‘. Einige Bands wie etwa die INDIGO GIRLS oder EMILIE AUTUMN ließen sich von dem Stoff inspieren. Mehrere Komponisten haben sich an seine Vertonung gewagt, doch MCKENNITT ist es gelungen, weil sie sich explizit in die Tradition des Themas stellte. Die Geschichte der Elaine von Astolat aus dem Artus-Sagenkreis entstammt dem Mittelalter. In die Neuzeit wurde sie durch den Dichter Alfred Tennyson geholt, der sie 1833 zum ersten Mal in ein Gedicht fasste. Auf sein Werk stützt sich MCKENNITT. Durch ihren intensiven Vortrag und ihre romantische Komposition kann sie die Spannung über vier Minuten und 14 von Tennysons Strophen aufrecht erhalten. Ihr Sopran wird begleitet von Gitarre, Akkordeon und Streichern.

Es ist die Geschichte einer Frau, die dazu verflucht ist, ihr Schloss nahe Camelot niemals zu verlassen und stattdessen an einem Tuch zu weben. Wenn sie aus ihrem Fenster auf die Außenwelt sieht, muss sie sterben. Sie darf sie nur in einem Spiegel betrachten. Doch da passiert es: Der Ritter Lanzelot reitet vorbei und ist so schön, dass sie ihn ansehen muss. Da ist es um sie geschehen. Sie muss sterben und treibt in einem Boot nach Camelot, wo er sie zu Gesicht bekommt.

MCKENNITT spielt hier ihre Rolle als Bänkelsängerin an der Harfe, die dem Publikum die moralisierende Geschichte erzählt. Das Thema wurde als eine der vielen Sünden der Gralsritter im Zusammenhang mit Frauen gedeutet. Aber man nahm es auch zum Anlass von Patriarchatskritik: Die Frau ist zum Haushalt verdammt. Ein falscher, sehnsüchtiger Blick auf das Außen tötet sie. Der Mann hat später lediglich einen gnädigen Blick für sie übrig – „He said: ‚She has a lovely face.'“ Er ist in Freiheit. Ihm gehört die Welt.

Sehnsucht, das ist, wofür MCKENNITT geliebt wird. Es ist das paradoxe, romantische Bedürfnis nach dem Weniger innerhalb der Überflussgesellschaft. Darum wird das grausame Mittelalter idealisiert. Denn die Inflation des Angebots macht die Liebe, die Freiheit und ihre Symbole selbstverständlich und damit egal. MCKENNITT mag immer eklektisch gewesen sein, doch sie verstand es, Wünsche nach Wünschen zu wecken.

LOREENA MCKENNITT
The Journey So Far
(Quinlan Road)
VÖ: 07.03.14

http://www.quinlanroad.com
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