MARK LANEGAN BAND – A Thousand Miles of Midnight

Mar Lanegan Phantom Remix 750

 

Schon mal vorne weg, nicht jeder Song auf A Thousend Miles of Midnight hinkt der Originalversion hinterher. Leider ist das überwiegend dennoch der Fall. Grund dafür ist zweifelsohne, dass bei den Originalsongs von Phantom Radio und der EP No Bells On Sunday schon alles richtig gemacht wurde, was man richtig machen kann. Blues und Alternative Rock mit Electronica-Einschlag und MARK LANEGANs Reibeisenstimme, die einem die Seele erzittern lässt. Beide, Album und EP, wurden in der zweiten Hälfte des letzten Jahres veröffentlicht. Die EP erschien ursprünglich in Kleinstauflage ausschließlich auf Schallplatte gepresst und wurde später als Bonus-CD dem Album beigefügt.

 

Ein gutes Remix-Album zu produzieren ist sehr schwer. Einerseits, weil jeder Künstler seine persönliche Vorstellung von dem zu bearbeitenden Song mitbringt und es daher kaum einen roten Faden geben wird und andererseits, weil einige Künstler denken, es reiche einen Song mit Elektrobeats und ein bisschen Techno auf zu peppen. Beides ist auch auf A Thousend Miles of Midnight erkennbar. Dennoch hat das Album einiges zu bieten, das sich bedingungslos lieben lässt. So gesehen ist  A Thousend Miles of Midnight kein sonderlich schlechtes Remix-Album, aber eben auch kein besonders gutes.

 

Der Opener „Death Trip To Tulsa“ bildet auf Phantom Radio eigentlich den Abschlusssong. Hier setzt er ein Zeichen für den überwiegenden Ton des Albums. Der organische Sound des Originals wird zum stoischen Elektrobrocken mit Industrial-Anleihen und entfernt klingenden kalten Gesang.  MARK STEWART liefert mit seiner Version keine schlechte Arbeit ab, aber irgendwie klingt sie doch halbfertig, als wäre sie noch nicht ganz beendet worden. Weit unbefriedigender sind die Beiträge von MAGNUS oder PYE CORNER AUDIO. Hier werden Lanegans warme Songs auf ein Techno-Elektro-Gelage beschränkt. Leider hat das Album reichlich vergleichbares zu bieten. Das kann man gut finden, muss man aber nicht. Die Frage des persönlichen Geschmacks ist hier sicher eine wichtige Komponente.

 

Am besten glücken die Remixe, wenn langjährige Weggefährten Lanegans Hand anlegen. Beispielsweise die SOULSAVERS, auf deren Alben Lanegan mehrere Male als Gastsänger fungierte. Bei dem wundervollen 2009 erschienenen Album Broken, hatte er nahezu jeden Song eingesungen. Die SOULSAVERS wissen wie Lanegan am besten funktioniert und reizen aus dem zweieinhalb minütigen Folksong  „Jonas Pap“ so viel heraus, dass am Ende nichts mehr an die Originalversion oder dessen Schöpfer erinnert. In siebeneinhalb Minuten präsentieren sie einen Klangteppich mit so stark endfremdeten Gesang, dass er fast an meditativen tibetanischen Mönchsgesang erinnert. So sakral und zeitgleich beängstigend hat man Lanegan wohl noch nie erlebt.

 

Auch GREG DULLI war auf A Thousend Miles of Midnight mit von der Partie. Dulli, Sänger von THE AFGHAN WHIGS und THE TWILIGHT SINGERS ist neben Lanegan zweiter Kopf hinter THE GUTTER TWINS. Wer Dullis musikalisches Schaffen kennt, der weiß worauf der Mann Wert legt. Dementsprechend stilisiert er gekonnt Lanegans nach Einsamkeit schreiende Blues-Rock-Nummer „I’am The Wolf“ zum sexy Soul-Rock Song und singt gleich mal selbst die Backingvocals dafür ein.

 

Ebenso ein Höhepunkt auf dem Album ist die EARTH-Version von „Walzing In Blue“. EARTH, die heutzutage für ihren einzigartigen Mix aus instrumentalen Country, Drone und Doom bekannt sind, hatten Lanegan für zwei Songs auf ihrem letzten Album Primitive and Deadly als Gastsänger dabei. Kopf hinter EARTH ist DYLAN CARLSON, der wie Lanegan (und Dulli) ursprünglich aus dem Seattler Umfeld der 1980er und 1990er Jahre stammt. In ihrer Version von „Walzing In Blue“ verkehren EARTH den ursprünglich mehrstimmigen Gesang des Originals zu fragmentarischen Elementen und binden diesen in eine Kreuzung aus Dub, Doom und Drone ein. Ein Experiment, das auf ganzer Linie glückt.

 

Einen gelungenen Abschluss liefert ALAIN JOHANNES. Johannes ist der Mann der überall dabei ist, aber den meist nur eingefleischte Musikliebhaber kennen. Auch auf der Phantom Radio hatte er einiges beizutragen gehabt. Dementsprechend ist es nur gut und richtig, dass er uns zum Abschied mit seiner Version von „Judgement Time“ beglückt. Eine Version, die es in sich hat. Lanegans theatralischer Gesang wird hier mit einem mehrstimmigen brummend klingenden Männerchor unterlegt, der Lanegans Lyrics Tiefe verleiht, die sie vorher so nicht hatten.

 

Alles in allem wirken die meisten der Remixe formelhaft produziert. Das lässt A Thousend Miles of Midnight aus der Fülle an Remix-Alben nicht besonders hervorstechen. Bis auf ein paar Ausnahmen wird kaum einer der Remixe länger im Gedächtnis bleiben. Kurz gesagt, wer Lust auf Mark Lanegan über Elektrobeats hat, der sollte zugreifen. Aber eigentlich ist diese Platte nur knallharten Lanegan-Fans zu empfehlen, die auf eine lückenlose Discographie Wert legen. Wären da nicht die drei vier Remixe, die sich dann doch lohnen würden.

 

 

MARK LANEGAN BAND
A Thousand Miles To Midnight
(Heavenly Recordings / [PIAS] Cooperative)
VÖ: 20.02.2015

 

http://marklanegan.com
https://www.facebook.com/MarkLanegan

 

 

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