Punk Goes Jewish …
Mit Ruin Johnny’s Bar Mitzvah legen die vier verrückten Amipunks ihren mittlerweile fünften Streich aufs Parkett.
Diesmal hat man sich nicht – wie auf den Vorgängeralben – die Hits einer bestimmten Ära vorgeknöpft, um sie zu verpunken, sondern hat ein buntes Potpourri zeitloser Evergreens zusammen gestellt, die – zumindest als Originalversionen – auf jeder besseren Familienfeier vom typischen beleibten Herrn mittleren Alters auf dem Dudelsynthesizer in Playback vorgetragen werden könnten.
Von ‚O Sole Mio‘ über ‚Strawberry Fields Forever‘ oder gar ‚Always On My Mind‘ von den PET SHOP BOYS bis hin zu ‚Hava Nagila‘ ist alles vertreten.
„Hava Nagila?“ wird sich jetzt wohl der eine oder andere fragen und an seinem sonst so wertgeschätzten Musikwissen zweifeln. Aber diese Wissenlücke ist – zumindest in Deutschland – nachvollziehbar: Hierbei handelt es sich nämlich um eine der typischen jüdischen Volksweisen, die zu so gut wie jedem fröhlichen Anlass gesungen wird.
Und der Anlass zu diesem Livealbum macht denn auch zugleich die ungewöhnlichste Komponente der Scheibe aus: MFATGG haben tatsächlich eine Bar Mitzvah – die traditionelle Aufnahme jüdischer Jungs in den Erwachsenenkreis – gekapert, um dort besagte Evergreens als rotzige Punkrock-Versionen zum Besten zu geben und damit so manchen betagteren Gast zu vergraulen.
Das mag zum einen daran liegen, dass FAT MIKE, seines Zeichens Bassist der Combo und einigen Leuten sicherlich besser bekannt als Frontmann der kalifornischen Melodycore/Skaterpunk-Helden NOFX – selbst jüdisch ist.
Zum anderen wollten MFATGG explizit mal etwas machen, dass noch keine Punkband zuvor gemacht hatte. Sie vermuten sogar, dass es ich bei ihrem Werk möglicher Weise um das weltweit einzige Livealbum dieser Art handelt.
Auf der CD ist auch ein Videoclip enthalten, der einige Ausschnitte aus dem Ständchen bildhaft untermalt.
Musikalisch geht es gewohnt melodisch-punkrockig zu, wobei der Livefaktor natürlich für eine gewisse Ungeschliffenheit sorgt, die nicht zuletzt auch wegen der lustigen Zwischensprüche zum Teil sympathisch wirkt, manchmal jedoch auch dem musikalischen Genuss etwa Abbruch tut.
Ich war noch nie ein großer Freund von Live-Alben im Punkbereich, die werden mir meist zu schrummelig. Hier schneiden die Jungs aus San Francisco noch recht gut ab, lediglich die Stimme von Sänger SPIKE überschreit sich manchmall doch etwas arg in den höheren Tonlagen.
Aber mein Gott, schließlich ist es ja Punkrock!
Das kann zwar nicht immer als die Universal-Entschuldigung dienen, als die dieser Spruch von diversen einfach nur unmusikalischen Bands missbraucht wird, den talentierten Altpunkern, die „hauptberuflich“ in Bands wie den FOO FIGHTERS, den SWINGIN‘ UTTERS und erwähnten NOFX spielen, verzeiht man aber deshalb doch gern den einen oder anderen Patzer.
Insgesamt haben die Jungs mal wieder eine lustige Partyscheibe hingelegt, die einfach für gute Stimmung sorgt und so mancher schmalzigen Schnulze endlich den gehörigen Biss verpasst.
ME FIRST AND THE GIMME GIMMES
Ruin Johnny’s Bar Mitzvah
(Fat Wreck / SPV)
veröffentlicht