Die Weltwirtschaftskrise 2007 hat eine neue Generation von politischen Singer/Songwritern wie WILL VARLEY hervorgebracht. MICAH SCHNABEL aus Columbus zum Beispiel hat zunächst 2006/7 mit seinem Bruder JOHN zusammengearbeitet. Solo hat er es dann auf inzwischen vier Alben gebracht.
In seiner neuesten LP will er die Erfahrungen der heutigen Teenager zusammenfassen. Es ist nicht schön, jetzt aufzuwachsen und wird auch nicht besser werden: „A nuclear war is knocking at the door“, singt er mit heiserer Stimme im Intro zum Album. Als Verantwortliche für die Gesamtsituation macht er die Baby Boomers aus. In den USA spricht man noch immer lieber über Generationen statt über Schichten. Entsprechend schreckt er im Italo-Indierocker „Gentle Always“ vor Gewalt zurück und predigt eine Liebesrevolution. Erklärte nicht schon Adorno, dass die Popkultur eher vertröstet, als die finale Konsequenz aus dem Leid zu ziehen?
In dem gefälligen Folkpunksong „How To Ride A Bike“ erkennt Schnabel allerdings das Dilemma der Arbeiter: „Being alive is so expensive!“ Arbeitszwang und Armutsangst sind die Motoren der US-Gesellschaft und das soll man auch noch mit pornografisierter Werbung feiern. In „A Celebration“ verwirft der Sänger allerdings die neoliberale Parole, mit der einst Rapper 50 CENT Millionen Jugendliche erzog, „Get rich or die trying“, und zieht die Armut vor.
Nach ausgiebigen Geschichten über die kleinen Leute, zu denen er sich zählt („New Shoes“), bei überraschend frischem amerikanischen Folk und Rock schließt das Album mit verträumten Gitarrenklängen.
Das Chaos, das einem täglich durch die Medien vermittelt wird, hat Schnabel aufgesogen und ein kleines Panorama verwandelt.
Micah Schnabel
The Teenage Years Of The 21st Century
(Selbstvertrieb)
VÖ: 03.12.19