MITTEKILL – You Are Home


Wasser oder Wodka und Rock ohne „c“.



MITTEKILL, das ist von Beginn an die Geschichte eines herrlich wagemutig vollzogenen Spagats zwischen den Genres, ein hedonistisch ausgelebter Balanceakt zwischen sehnsüchtiger Laptop-Romantik, funkensprühenden Indietronics und eines schon mal irritierenden, gerne schlageresk aufbereiteten In-Sich-Gekehrtseins. Zwischen charmantem Irrsinn, ambitioniertem Kunstbegehren und ebenso gekonnt wie simpel auf den Punkt gezirkelter gesellschaftlicher Befindlichkeitsmetaphorik.

Nach dem 2007 auf Kitty-Yo erschienenen Digitalrelease Stringenz des Wahnsinns erfolgt nun also gute zwei Jahre später der nächste, auf den ersten Blick gar nicht einmal so wahnsinnig stringent ausgefallene physische (musikalische) Angriff auf den Thron der derzeit gelegentlich doch allzu selbstgefällig herrschenden Protagonisten hauptstädtischer Indie-Elektro-Boheme, nunmehr also auf dem Aachener Label „Modul8“. Doch natürlich findet sich auch auf You Are Home wieder dieser sich keck den ehemals vermeintlich unvereinbaren Antipoden (Indie-) Rock und Elektro/Synthiepop ein Schnippchen schlagende rote Faden aus dem bisherigen künstlerischen Schaffen vom Berliner Kreativduo Freedarich und Neurot.

Das das Ende einer Beziehung in Zeiten vorherrschender großstädtischer Vereinsamung thematisierende ‚Liebling Liebling‘ besticht zu Beginn des Albums ebenso durch eine nahezu apokalyptisch anmutende Klangästhetik inkl. betont dichtmaschiger, verzerrter Gitarrenunterlegung und fordernder Basslines wie das daran anschließende, mittels seiner zwischen hysterisch und bedrohlich changierenden sowie in unterschiedlichen Geschwindigkeiten gepitchten Vocals unheilvoll von der Ausweglosigkeit der Hartz IV-Generation kündende grandiose ‚20000 Klassen‘, die beide besonders offensiv die Fahne dieses ganz eigenen MITTEKILL-Rok hochhalten. Und dieser schreibt sich bezeichnenderweise ganz ohne „c“, wie in den Stücken ‚Harter Rok‘ oder ‚Italian Superdisco Funkrok‘ ja auch explizit im Titel ausgewiesen, handelt es sich hier doch stets um alles andere als „Rock“ im herkömmlichen Sinne.

Die von repetitiv-hypnotischen Beat- und einsamen Synthieschleifen getriggerten gefräßigen, teils instrumentalen Rhythmusmonster ‚Zum Spielplatz‘, ‚Wasser Oder Wodka‘ („Ist es Wasser oder Wodka // ich bin drauf wie tausend Rocker // und der Beat lässt mich nicht locker // bis der ganze Laden schreit“) oder ‚Tonic Mirco‘ lassen einen dann in der Tat auch endgültig einer (Minimal-) Techno- und (zumindest angedeuteten) Rave-Anmutung gewahr werden, während ‚Auf In Den Krieg‘ (der Hit), ‚So Far So Good‘ oder ‚The Fall‘ die schon mal mit einem inhaltlichen Augenzwinkern versehenene melancholische, gefühlvolle Seite des Duos wunderbar hervorkehren.

Im Ganzen ist You Are Home ein donnernd nachhallendes Plädoyer für eine zwischen 80er Wave und 90er Rave, Minimal und Maximal gebettete stilistische Vielfalt im Kontext eines längst zu einer unverwechselbaren MITTEKILL-Trademark avancierten „Rok“-Sounds. Chapeau!

MITTEKILL am Freitag, 22.01.2010 live im Rosi’s (w/ EGOTRONIC + Party/DJs)

MITTEKILL
You Are Home
(Modul8 Music)
VÖ: 08.05.2009

www.mittekill.de
www.myspace.com/mittekill
www.modul8.de

Autor: [EMAIL=thomas.stern@popmonitor.de?Subject=Kontakt von der Website]Thomas Stern[/EMAIL]

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