Pathos, Pop und ein potentieller Sommerhit.
MON)TAG kommen aus Hamburg, und das lässt allerlei musikalische Assoziationen und Erwartungen aufkommen, die glücklicherweise allesamt weit neben der Wirklichkeit liegen. Mit Tocotronic, Blumfeld und Konsorten haben sie bis auf die Sprache fast nichts gemein. Selbst die Einordnung in die Schublade „Indie“ fällt manchmal schwer.
Denn was MON)TAG hier vorlegen erinnert trotz rockigerer Instrumentierung nicht selten an den beschwingten Jazzpop, den in den 70ern DDR-Musiker wie Manfred Krug oder Holger Biege zeitweise praktizierten. Manch einer mag auch Anklänge an Udo Jürgens orten. Dies äußert sich nicht nur in der Melodieführung, sondern vor allem an den charakteristischen Gesangsphrasierungen („Gib uns Mu-hut u-u-und Kra-haft…“). Xavier Naidoo hätte seinen Spaß daran.
Das wird natürlich zum Knackpunkt: Man kann diesen Stil nur lieben oder hassen. Wer sich darauf einlässt, wird es jedoch nicht bereuen.
Sender ist nach Gefallen (2003) das zweite Album der Band um Sänger, Bassist und Mastermind JULIAN FRIEDRICH. In klassischer Dreierbesetzung aufgenommen, kommen nur wohldosiert Klavier, Synthies oder an den lauten Stellen Gitarrenoverdubs hinzu. Sogar ein Querflötensolo ist zu finden, ohne aber aufgesetzt zu wirken. Der Sound bleibt immer klar und durchschaubar.
Die Textmetaphorik der Songs erschließt sich hingegen nicht immer. Religiöse Anklänge finden sich in ‚Für Bitte‘, ‚Du Auch‘ thematisiert das Älterwerden, ‚Wir geben nicht auf‘ begibt sich auf Identitätssuche und bringt diese im Satz „Wir sind wie Tagediebe und immer voller Liebe“ auf den Punkt. ‚Sonst nichts mehr‘ und ‚Paula‘ rocken fast wie einst die seligen Selig. Die Schlusspunkte setzen mit ‚Ding Ding‘ eine melancholische Pianoballade, sowie der Hidden Track ‚Ein Anfang‘, ein Mutmacher für alle, die Angst vorm Scheitern haben: „Fang einfach an, so fängst Du auch letztendlich Dich“.
Höhepunkt und zentrales Stück ist allerdings ‚Ich Du Er Sie Es‘, der ultimative Soundtrack für sonnige Tage am Baggersee. Vergesst all die wellenreitenden Sportfreunde von einst, denn „Ich, Du, Er, Sie, Es sind alle am Strand“ schallt es nun, gefolgt von ausgelassenem Nananana-Chor. Aber nicht nur der Strand ist ein Star. Sommerliche Romantiker dürfen ihren Angebeten ab sofort ins Ohr hauchen: „Du bist mein Sommerhit doch noch schöner ist mit Dir allein zusammen zu sein / Und in Deinem Gesicht wie im Wetterbericht bist Du mein Sonnenschein“. Allein schon dieser Song ist den Kauf wert.
MON)TAG gelingt mit Sender ein Album, das sich wohltuend von den derzeitigen Größen des deutschsprachigen Indiepop abhebt. Die musikalischen Bezugspunkte liegen (vielleicht unbewusst) eher in der Vergangenheit, und trotzdem klingt das Album modern. Um abschließend doch noch einen etwas windschiefen Vergleich mit MON)TAGs ungleich berühmteren Hamburger Kollegen anzustellen: Sender hat zwar nicht ganz so viele T-Shirt-reife Parolen zu bieten, geht aber deutlich besser ins Ohr als die letzten drei Tocotronic-Platten zusammen.
MON)TAG
Sender
(Tapete/ Indigo)
VÖ: 16.05.2005
www.montag-musik.de
www.tapeterecords.de
Autor: [EMAIL=sebastian.frindte@b-i-b.de?Subject=Kontakt von der Website]Sebastian Frindte[/EMAIL]