Noah Skeet – Shiloh Dynasty

Da soll noch einer sagen, Popmusik hätte ihren Zauber verloren! In den Gefilden des Lofi-HipHop erschien für eine kurze Zeit ein/e Singer-/SongwriterIn, der/die mit ihrer/seiner unheimlich weichen Stimme reihenweise Producer und Rapper verzauberte. Die Rede ist von SHILOH und die vorliegende EP ist ein Denkmal für sie/ihn.

Ab Ende 2014 lud Shiloh hunderte Songskizzen auf Vine hoch: nur sie/er und ihre/seine Akustikgitarre. Diese Videos waren jeweils nur ein paar Sekunden lang und ergeben zusammen nicht mal eine halbe Stunde, doch die jeweilige Melodie war so ausgereift, dass sich in kurzer Zeit eine große Webhörerschaft zusammenfand. Die Stimme der/s jungen Straßenkünstlerin/s schien die einer Frau zu sein und ähnelte der der jungen TRACY CHAPMAN. Und so rätselten die Fans: War Shiloh eine Sie, ein Er oder queer? Niemand wusste es.
Sie/Er sang von bittersüßem Liebesschmerz, Angst und Einsamkeit in einer melancholisch-versonnenen Art. Das rief Beatbastler und Rapper auf den Plan. Der bekannteste unter ihnen war der für musikalische Experimente offene XXXTENTACION, der sich gleich fünf von Shilohs ausgereifteren Songskizzen zu Beats umwandeln ließ. Doch er war nicht der Einzige. Beispielsweise Shilohs Track „I Knew You So Well“, den XXXTENTACION nach POTSU für „Jocylyn Flores“ verwendete, nahmen sich auch die Producer TONY STOCKER („I Know U So Well“), SAGUN („I Know You So Well“) und TSUKI („I Knew You So Well“) vor. NOAH SKEET integrierte ihn in eine ganze Shiloh-Remix-EP („I Be Feeling Pain“). Die anderen drei Tracks sind „Confused“ sowie „Don’t Go“, die auch XXXTENTACION gefielen („Carry On“, „Everybody Dies In Their Nightmares“) und „Oh“, das auch KINA verwendete („Baby, You’re Worth It“). Noah Skeet verfremdet Shilohs Stimme, verlangsamt sie und untersetzt sie mit pistolenschuss-harten Beats. Nur „Oh“ ist ein jazzy Soundtrack.

Im September 2016 verschwand Shiloh von der Bildfläche, das heißt, sie/er lud nichts mehr Neues hoch, kommunizierte nicht mehr. Schnell machte das Gerücht von ihrem/seinem Selbstmord die Runde. Denn es passte so gut: Lofi-HipHop war beliebt in der neuen Web-Subkultur um die Hikikomori, jene japanischen Jugendlichen, die aus Überforderung das Haus nicht mehr verlassen oder gar dort sterben. Wirkte die stoische Vermittlung Shilohs nicht genau so verzweifelt? Und hatte XXXTENTACION in seinem Song „Jocylyn Flores“ nicht von einem Mädchen erzählt, das sich das Leben genommen hatte? Es entstanden auf Youtube und Spotify Shiloh-Compilations wie Shiloh Dynasty, die den verschollenen Act noch bekannter machten. Sie/Er ist bis heute nicht wieder aufgetaucht.

Noah Skeet
Shiloh Dynasty
(Selbstvertrieb)
VÖ: 16.02.18

www.soundcloud.com/noah-skeet

FacebooktwitterpinterestlinkedintumblrmailFacebooktwitterpinterestlinkedintumblrmail