OF MONTREAL – The Sunlandic Twins

Melodische Querdenkerei, diesmal halb elektronisch.



OF MONTREAL aus Athens, Georgia (!) legen mit The Sunlandic Twins schon ihr siebentes Album seit 1997 vor, und trotzdem kann man guten Gewissens behaupten, dass sie in dieser Zeit wohl noch nicht einmal den Status eines Geheimtipps erreicht haben. Zu wenig massenkompatibel waren ihre Platten, die mit barocken Titeln wie Coquelicot Asleep in the Poppies: A Variety of Whimsical Verse glänzten. Vor allem die Melodieführung war von Anfang an mehr als gewöhnungsbedürftig; nie wurde die offensichtlichste Akkordfolge, selten eine vorhersehbare Harmonie gewählt. Und trotzdem kamen immer formidable Songs über die kleinen Absurditäten des Lebens heraus.

Auch The Sunlandic Twins knüpft zwar konsequent an die offene Mainstreamverweigerung an, dies jedoch mit neuen Mitteln. Es geht deutlich elektronischer zu. Wo früher klassische Gitarren- oder Pianoinstrumentierung dominierte, wurde diesmal auf wunderbar altmodische Synthiesounds gesetzt. Hinzu kommt der konsequente Einsatz elektronischer Drums und herrlich übertriebener Backgroundchoräle. Dies dürfte allein schon darauf zurückzuführen sein, dass Sänger und Chefdenker KEVIN BARNES das Album quasi im Alleingang komponiert, aufgenommen und produziert hat.

Thematisch geht es beispielsweise um den schmerzlichen Verlust der ersten Jugendliebe („I remember feeling like a ship/ Whose captain was too drunk to stear/ And you watched as I was sinking/ Waving sadly from the pier“, ‚Requiem for O.M.M.2‘), Urlaub in Norwegen, aber vor allem immer wieder ums Älterwerden. ‚The Party’s Crashing Us‘ hingegen dreht sich um die Liebe, fängt mit einer Funkgitarre an und entwickelt sich trotz typisch verquerem Harmoniegesang zum eingängigsten Song, überdies ausgestattet mit den schönsten Versen der Platte: „You’re such a mystery I just want to stand and stare/ Nibble on your ear and smell the ocean in your hair“.

KEVIN BARNES beteuert zwar, sich eher von Ray Davies‘ Kinks beeinflusst zu fühlen als von den Beach Boys. Trotzdem würde ‚Death of a Shade of a Hue‘, wie auch die drei enthaltenen Instrumentalstücke, locker als Outtake von Brian Wilsons Smile durchgehen.

Die den Sunlandic Twins beigelegte Bonus EP liefert vier weitere Songs, die aufgrund ihrer konventionelleren Instrumentierung und kompakterer Songstrukturen wohl nicht ins Gesamtbild des Albums gepasst hätten. ‚Keep Sending Me Black Fireworks‘, gesungen von BARNES‘ Ehefrau Nina, wäre auch bei Belle & Sebastian gut aufgehoben gewesen, und ‚Everyday Feels Like Sunday‘ lädt abschließend geradezu zum Mitsingen ein, ausnahmsweise mal ohne viel melodische Querdenkerei.

Natürlich wird auch The Sunlandic Twins seine Macher nicht reich und nicht einmal berühmt machen. Es unterstreicht dafür vielmehr, dass abseits der Indie-Disco-Kompatibilität oftmals die interessantesten Alben entstehen.

OF MONTREAL
The Sunlandic Twins
(Track & Field/ Cargo)
VÖ: 13.06.2005

www.ofmontreal.net
www.trackandfield.org.uk
http://www.cargo-records.de

Autor: [EMAIL=sebastian.frindte@b-i-b.de?Subject=Kontakt von der Website]Sebastian Frindte [/EMAIL]

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