Paula Hartmann – Nie verliebt

Ah, schon wieder ein deutsches Seriensternchen, das plötzlich Musik macht. Ähnlich wie NINA CHUBA hat sich die Berlinerin PAULA HARTMANN, bekannt etwa aus Tatort, SOKO Potsdam und Leipzig, auf deutschen Hiphop-Pop eingeschossen. Rapper BIZTRAM hat das Debüt der 21jährigen produziert. Als Grundlage diente dazu die Fahr uns nach Hause EP. Das Coverartwork soll Erinnerungen an die Märchen-Schallplatten der Kinderheit wecken und bringt die infantile Romantik der Generation Z gut auf den Punkt.

Das Titelstück startet musikalisch mit Elektrobeats und lyrisch mit einem Berliner Straßenbild: „Ku’damm-Ecke, bleib träumen, Scheinwerferkegel auf uns zwei. Auf der Suche nach der S-Bahn nachts um halb drei“. Statt in ganzen Sätzen wird die müde Stimmung in Worten und Wortgruppen festgehalten. Paula spielt das Sadgirl, das im Suff an der Liebe zweifelt, obwohl sie sich diese so sehr wünscht. Der Soundtrack bleibt melodieloses Wabern mit ein paar Beats, die lediglich Paulas Text begleiten. Ihr Stimmchen klingt ein wenig nach ANNETT LOUISAN, doch selbst die hatte mehr Kraft und Variation im Gesang. Der Stimmvergleich zu Chuba passt besser („Veuve“).

Gerade depressiv wirken die beiden HipHop-Pop-Teile von „Fahr Uns Nach Hause“, in dem das lyrische Ich davon träumt, einfach so in einem Autounfall zu sterben: „Ich schließ‘ die Augen und du fährst hundert ohne Licht. Alle Blitzer dieser Stadt, macht Fotos falls es uns erwischt!“ Für Deutschrap-Hörer ist sowas vielleicht trotz der Emo-Lines von UFO361 noch neu, doch Indiehörer können schnell auf THE SMITHS kommen, als MORRISSEY 1986 in „There Is a Light That Never Goes Out“ seufzte: „And if a double-decker bus crashes into us, to die by your side is such a heavenly way to die.“

Liebes- und Todessehnsucht sind abgehakt. Dazu kommt der Neid auf die glücklichen, reichen Mädels aus Charlottenburg, die sich bereits einen Kerl geangelt haben („Seidenkleid“). Also verliebt sich das Hauptstadt-Girl dann doch in das Tinder-Match („Unsere Letzte Nacht“), obwohl es doch weiß, dass keine langfristige Beziehung daraus wird („Happy End“). Sie verlässt die *räusper* Situationship und gibt ihm die Schuld („Kugeln Im Lauf“).

Ja, Paula kann reimen und dichten. Doch das macht noch keine guten Songs. Das lahme Deutschpop-Geklacker macht zum Beispiel „Truman Show Boot“ zu einem langweiligen Track, trotz ernster und durchaus authentischer Botschaft. Allerdings haben heutige Deutschrap-Hörer ja auch kein musikalisches Verständnis. Der kleine, leichte Dance-Track „Babyblau“ am Ende dürfte ihnen ausreichen.

 

Paula Hartmann
Nie verliebt
(Himbeertoni/Four Music/Sony)
VÖ: 08.04.2022

www.paulahartmann.de

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