Beim diesjährigen Bundesvision Song Contest wurde Bremen durch einen Song vertreten, der nicht nur seit Wochen auf VIVA rotierte, sondern auch nicht in die Zeit zu passen schien. Außer ein paar Gangster-Rappern hatte es seit Jahren keine deutsche Band gewagt, einen „Willst du mit mir schlafen?“-Song zu veröffentlichen, der noch dazu Ohrwurmqualitäten besitzt. Erst jetzt erscheint auch das zu ‚Anna‘ gehörige Album von PAULSREKORDER, einer Band die sich nicht nur bemüht, frech und energetisch zu wirken, sondern auch dem Nachwuchs Elektropop nahe zu bringen.
Im Mittelpunkt steht Nesthäkchen DAVID (Vocals), den Grundstock bilden die Gitarristen KAI und FREDERIK, Drummer SEBASTIAN und Bassist JONAS. Angefangen als Garagenrocker, gerieten die Songs immer eingängiger und elektronischer.
Nach anfänglichen Elektrosounds schlagen irgendwann die Drums los, bevor auf ‚Hol Mich Hier Raus‘ ein Jüngling mit merklicher Verzweiflung seine Ex anfleht, doch nicht Schluss zu machen.
Um nicht ungerecht zu werden, sich aber trotzdem die Würde zu bewahren, darf man solch einen Popsong nicht falsch anpacken. Beim Durchhören von Hier Und Oben werden einem eh die Erinnerungen an die eigene Pubertät kommen – diese Musik ist für Kids gemacht.
Der Sänger wirkt dementsprechend jugendlich und verleiht der Band durch seine Attitüde fast ein wenig Glam und Glitter. Seine Texte sind einen Tick besser als etwa die von SILBERMOND und bedienen Jugendthemen: Es geht ums Zusammenkommen, Wege, die gegangen werden müssen, Trennung. Zeilen wie: „Und der Tag versinkt in deinen Armen, verbrennt in deinem Bett“ zaubern Teenys ein Grinsen auf die Lippen. Und es stimmt ja: als Teenager empfindet man das Schlafzimmer der Freundin als wichtigsten Ort im Universum. Und wenn man mal ehrlich ist, ist das mit 20 oder 30 immer noch so.
Hört man die E-Gitarren und die 80er-Jahre-Beats auf ‚An, Mach Mich Aus‘ oder ‚Kühl‘, klingt da ganz klar auch die NDW als Vorbild, mit dem die Band spielt. Kein Wunder – Co-Produzent Michael Tibes arbeitete schon mit NENA. Und so wie damals sind die Gitarren zahm und eher Staffage für die Synthies, dennoch ist zu spüren, dass an jedem Song lange gewerkelt wurde.
Der Herzschmerz im Song ‚Begraben‘ mit seinen leichten, genüsslichen Gitarren funktioniert in der Zielgruppe sicher gut. Er würde sowohl in die Teen-Serie „Eva und Adam“ als auch in GZSZ passen, und DAVID überragt hier einen gewissen BILL KAULITZ trotz stimmlicher Ähnlichkeit um Längen.
Das führt zu einer weiteren Irritation: Wären PAULSREKORDER eine Schulband wie TOKIO HOTEL wäre Hier Und Oben ein fantastisches Debüt. Aber warum geben sich gestandene Männer (außer DAVID und seinem Bruder JONAS) dafür her? Nun, wenn sie sich an kindischen Beats und ebensolchen Texten nicht stören, warum nicht. Denn wer möchte nicht mit seinen Songs Knutschorgien auf Teen-Partys auslösen?
PAULSREKORDER
Hier Und Oben
(Ferryhouse Productions/ Warner)
VÖ: 19.09.2008