PeterLicht – Lob Der Realität

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Der Gesellschaftskritiker Byung-Chul Han hält die heutigen Menschen für so angepasst und rückratlos, dass sie sich gar nicht mehr als ausgebeutet empfinden können, eben weil sie sich selbst ausbeuten. Der Gesellschaftskritiker PETERLICHT kommt zu einem ähnlichen Ergebnis, hofft aber, die Menschen aufwecken zu können, indem er sie neckt. Entsprechend heißt seine Jubel-Demo ironisch Lob Der Realität.

Ein Live-Album fehlte dem Sänger noch in seinem Oevre. Das wollte sein Label einfach nicht bezahlen. Also ging der Künstler über Startnext und sammelte über Crowdfounding rund 20.000 Euro für das Projekt. Die Liveaufnahmen entstanden mit den Musikern HANNO BUSCH, FLORIAN BUNGARDT, LORENZ NAUMANN und TOBIAS PHILIPPEN. Herausgekommen sind zwei Stunden Durcheinander aus Songs aller Alben und Monologen aus seinen Theaterstücken auf zwei CDs. Für die Fans richtete er eine Online-Cover-App ein.

Was gibt’s also auf die Ohren? Seine Hits wie ‚Sonnendeck‘, sein absurder Klamauk wie ‚Der Hosengott‘ (eine Geschichte aus seiner Bearbeitung von Molières „Der Geizige“) und natürlich seine Gegenwartsbeschreibung. Bei dieser packt er den Hörer eben nicht da, wo es ihm wehtut, sondern bei dem Leid, dessen er sich gar nicht mehr bewusst ist. Kaum ein Liedermacher kann die Bitterkeit des Alltags so hübsch darstellen wie PETERLICHT. Da wäre der gigantische Begrüßungsmonolog ‚Das Säuseln Der Welt‘, in dem Herr LICHT propagiert, was die allgegenwärtige, ewige „Krise“ bedeutet: Das Getriebensein vom Markt. Der traurige Popsong ‚Es Bleibt Uns Der Wind‘ beschreibt das Post-9/11-Zeitalter aus ewigem Terror und Gegen-Kriegsterror. Der Indieschrammler ‚Fuzzipelz‘ handelt wiederum von Identität qua Konsum.

Nein, wirklich gut kommen die Leute bei PETER nicht weg. Beim dritten Titel seiner Arbeitsmarkttrilogie namens ‚Wir Sind Jung Und Machen Uns Sorgen‘ verteilt der Sänger dem Publikum den Songtext und lässt es lauthals mitsingen. Das klingt irgendwie vertraut. Wer in der Bahn morgens in die versteinerten Gesichter blickt, der hört den stummen Chor: „Wir machen uns eben Sorgen über unsere Chancen auf dem Arbeitsmarkt!“ – Opfer sinnloser Selbstoptimierung. Herr LICHT solidarisiert sich zwar mit ihnen, führt aber auch ihre passive Weinerlichkeit vor.

Wie gut sein Clever-Pop auch live funktioniert, zeigt sein altes Stück ‚Zonen‘. Mit schwebendem Gesang, Elektro- und Klavier-Funken malt er die Lebensräume der Menschen als gigantische, durchsichtige Seifenblasen, die Monaden der vereinzelten Subjekte. Das soll ihm Han erst mal nachmachen.

PETERLICHT
Lob Der Realität
(Staatsakt / RTD)
VÖ: 03.10.2014

www.lob-der-realitaet.de

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