PHANTOM GHOST am 23.05.06 in der Volksbühne


„All I wanna do is get drunk here with you“…



Nachdem Xiu Xiu und Final Fantasy, zwei doch eher gewöhnungsdürftige Acts, sich im großen Saal der Volksbühne die Ehre gaben, rufen uns die Geister nach der Mitternachtsstunde in den Roten Salon.

Es ist entspannt, gemütlich, irgendwie vertraut. Phantom Ghost haben geladen. Dirk von Lowtzow (Tocotronic) und Thies Mynther (Stella, Superpunk) sitzen im Schneidersitz nebeneinander auf der Bühne, trinken Sekt und geben sich non chalant. Sie können es sich leisten, denn der Raum füllt sich schlagartig. Sie scheinen es zu genießen, wirken entspannt, sich ihrer Sache sicher, bevor sie zu den Akteuren der folgenden Inszenierung werden. Thies Mynther nimmt Platz am Piano, der seiner für die folgenden Lieder sein soll und Dirk von Lowtzow geht ans Mikrophon, um mit ‚Tannis Root‘, dem gleichfalls ersten Song des soeben erschienen neuen Albums Three den Abend zu eröffnen. Gleichfalls ruhig setzt es sich fort, ‚Nothing Is Written‘, nahezu elegisch dargeboten, schließt sich an. Wer beim Hören des neuen Albums vor dem inneren Auge eine Theater- oder gar Musicalbühne vor sich gesehen hat, wird bestätigt. Phantom Ghost präsentieren sich theatralischer denn je. Die Gesten sind überzogener als gewohnt.

Nach jedem Lied kauert von Lowtzow nieder und erhebt sich wieder in melodramatischer Manier. Zu unserer Erleichterung lacht er allerdings zumindest zwischen den Songs. Er wirkt verkrampft und doch gelöst, scheint seine Rolle in diesem Spiel zu suchen. Ganz anders als gewohnt, mit Tanzmusik hat das hier gar nichts zu tun. Phantom Ghost entführen uns in die Welt des Mysthischen und das Publikum fungiert als Zuschauer. Hier und da irritiert, könnte man meinen. Nach ‚Willow‘ wechselt Thies seinen Platz und ist nun – wie wir ihn kennen – in seiner Welt der Beats.



Bei den bekannten Stücken ‚Born With A Nervous Breakdown‘ und ‚Perfect Lovers‘ scheint sich das bisher eher abwartend zuschauende Publikum sichtlich wohler zu fühlen und der ein oder andere kommt auf so vertrautem Boden in Tanzstimmung. Obwohl ihnen mit gleichem Applaus gedankt wird, scheinen die Lieder des neuen Albums noch nicht ihre volle Entfaltung beim Publikum zu finden. Und obgleich ‚Far From The Madding Crown‘ ein so großartiges Lied ist, um seinem Nachbarn näher zu kommen, ihn einzuhaken und draufloszuschunkeln, nimmt kaum einer die Gelegenheit wahr.

Doch unabhängig davon: In dieser intimen Atmosphäre ist auch der vehementester Kritiker nicht davor gefeit, sich einer Zugabe zu stellen, das gebietet allein schon die Höflichkeit, mag man meinen. Und so lassen sich die beiden Protagonisten auch nicht lange bitten, „ihr Lied“, ‚Phantoms and Ghosts‘ zu spielen, welches begeistert aufgenommen wird und so schön ist, dass man es am liebsten für den Nachhauseweg hätte mitnehmen wollen. Es folgt ‚These Days‘, eine Cover Version von Jackson Browne, doch mit dererlei nostalgischen Unterton lassen Dirk und Thies uns nicht allein, und so folgt ein weiteres Cover dessen Ursprungsinterpreten wir getrost unerwähnt lassen können.

„You’re my mate“ haucht uns Dirk entgegen. Sind wir das? Doch aller Zweifel ist spätestens mit der Textzeile „All I wanna do is get drunk here with you“ verflogen, und wir sind uns sicher: Phantom Ghost machen Spaß und lassen uns aufatmen mit dem Wissen, dass doch nicht alles so ernst war, wie es schien.

www.phantom-ghost.com

Fotos: © PHANTOM GHOST
Autor: [EMAIL=tim.schaefer@b-i-b.de?Subject=Kontakt von der Website]Tim Schäfer[/EMAIL]

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