PHANTOM GHOST – Three


Eines vorweg: „Three“ macht Spaß – an allen Ecken, immer wieder!



PHANTOM GHOST, das „Freizeitprojekt“ von DIRK VON LOWTZOW, seines Zeichens Sänger/Gitarrist bei Tocotronic und THIES MYNTHER, der bei Stella, Superpunk und dem Bierbeben Keyboard bzw. Orgel spielt, meinen es nicht böse mit uns. Zuletzt hatte das Duo, das im Jahr 2000 sein energetisches, tanzbares Debüt veröffentlichte, bereits nach neuen Wegen, aus dem eigenen Hafen gesucht. To Damascus, das zweite Album segelte träumerisch durchs ‚Secret Europe‘ und fand sich wieder im glitzernden Wüstensand. Das Tempo, das Stampfen wich gelegentlich einem dunklen, anmutigen Sound – auf der Tanzfläche schienen sich die Geister nicht wohl zu fühlen.

Obwohl die beiden Herren, auf ihrem dritten Album mehr denn je versuchen, den eigenen Bezugspunkten (Gespenster, Grusel und Geheimnis) gerecht zu werden, läuft kein Hörer Gefahr, sich zitternd die eigene Bettdecke über den Kopf ziehen zu müssen. Dafür gestaltet sich die abenteuerliche Reise durch den skurrilen Kosmos der Zwei zu einladend.

Schon im Eröffnungsstück, dem zauberhaften ‚Tannis Root‘, sitzen wir behaglich am Lagerfeuer, die Akustikgitarre erklingt und DIRK VON LOWTZOWS Gesang kündigt zusammen mit Gastsängerin Michaela Meise von Hoffnung. Da mögen im Hintergrund die Krähen schimpfen und Hexentänze durchs Unterholz toben – Horror geht anders! Im anschließenden ‚Relax It’s Only A Ghost‘ wird es gar zärtlich: „a soft embrace that you will feel within/ try to let it stay/ make it warm and safe/ ectoplasmatic friends are well behaved“… Sie sind unsere Freunde, all die Figuren der Nacht und der Schwärze, die körperlosen Erscheinungen und wir geben uns ihnen hin. In ‚Clouds Hill‘, das in seiner Klangästhetik und mit seinen dezenten Beats noch stark an das Vorgängeralbum To Damascuserinnert, begleiten wir sie zum Todesort von Thomas Edward Lawrence („Lawrence von Arabien“), der das Werk von PHANTOM GHOST zuletzt schon häufiger inspiriert hat.

Textliche Bezüge gibt es viele: Literatur, Genrekino, Parapsycholgie und antike Kaiser verspinnen sich zu einem Geflecht, aus dem es auf Anhieb kein Entrinnen gibt und auch nicht geben soll.

Unkomplizierter ist es, sich Three auf der musikalischen Ebene zu nähern. Im Gegensatz zu den beiden ersten Alben, verzichten MYNTHER und VON LOWTZOW fast vollständig auf Basedrum, Bleeps und pluckernde Soundflächen. Stattdessen stehen Gesang und Klavier/Keyboard im Vordergrund, häufig sogar ohne Beiwerk. Das Ergebnis ist erstaunlich: Angenehm unaufdringlich und atmosphärisch fließt das gesamte Album dahin. Man sieht sich vielleicht mit alten Freunden Rotwein trinkend in Sommernächten sitzen – für die Clubnacht oder Strandpartys ist diese Musik nicht gemacht. Das größte Gegengewicht zur getragenen, sphärischen Stimmung, welche die Musik verströmt, bildet, stärker als bisher, VON LOWTZOWs Gesang. Stimmlich mutiger und souveräner, weil tragender als je zuvor, klingt sein nonchalantes Schulenglisch immer mehr als eine Spur zu naiv, zu fröhlich und zu tröstend, als das man ihm den Fatalismus und die uggerierte Beklemmung der Texte abkaufen würde. Textzeilen wie „You cannot delay the body’s decay/ The absolute grey don’t get lost on my way“ werden so beschwingt vorgetragen, dass man sich ein Schmunzeln nicht verkneifen kann.

Hörbar ist vor allem Freude über das Spiel mit den Figuren, die er entwirft – am deutlichsten im wahnsinnigen Bombast des Schunklers ‚Far From The Madding Crown‘ und dem pseudo-dramatischen, kettenrasselnden ‚All Is Hell‘. Wenn PHANTOM GHOST im abschließenden Zweiminüter ‚Willow‘, eben jener Figur aus der Fernsehserie „Buffy The Vampire Slayer“ ein überaus leidenschaftliches Denkmal setzen, nachdem Three gerade vorgab, sich doch noch in Raserei steigern zu wollen, wird deutlich, wie zwanglos die beiden Musiker ihr Schaffen betrachten.

Klarer als auf den beiden Vorgängeralben ist es ihnen gelungen, diesen Spaß-Faktor mit ihrem künstlerischen Anspruch zu verbinden und auf diese Weise, eine vielschichtige Musik zu kreieren, die berührt, ohne zu vereinnahmen, ohne zu verstören. Absolut gelungen.

PHANTOM GHOST
Three
(Lado / SPV)
VÖ: 28.04.2006

www.phantom-ghost.com
www.lado.de

Autor: [EMAIL=tim.schaefer@b-i-b.de?Subject=Kontakt von der Website]Tim Schäfer[/EMAIL] (mit freundlicher Unterstützung von [EMAIL=info@b-i-b.de?Subject=Kontakt von der Website]Heiko Bartels[/EMAIL])

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