Postrock ist en vogue in Ost und Süd, Indietronic in Berlin, also mussten auch POLARKREIS 18 in unserer Region vorbeischneien. Am Dienstag, den 25.11. war es mal wieder soweit: Die sechs Dresdener, derzeit bewundernswert durchstartende populäre Klangkünstler gastierten im Potsdamer Waschhaus und gestalteten einen Abend, der gut, aber „anders“ war, als es man es vielleicht erwartet hatte.
Den Start als Vorband macht das Berliner Trio BODI BILL. Ihren Indie, der zu drei Teilen aus Elektro und einem Teil Akustik gemixt ist, bringen sie einer bereits ansehnlich gefüllten Halle dar. Meist läuten stark HipHop-affine Beats einen Song ein, bevor er von Rave und Techno aufgefüllt wird. Dann dürfen gern Keyboard, E-Gitarre und sogar Live-Geige mitmischen. Gesungen wird von Liebe, Dahindämmern und Fuck-Offs. Das tanzwillige Publikum nimmt die Vorlagen aus dem aktuellen Album Next Time gerne an.
Dann heißt es warten, untermalt von Klängen, wie sie eher von einer Meditations-CD zu erwarten sind, und auch 22 Uhr werkelt noch ein Bühnentechniker in aller Ruhe vor sich hin. Alsbald darf das Indievolk dann aber doch endlich die „Polarkreiser“ beklatschen, die im Dunkeln in ihrer typischen Uniformierung auftreten. Als Einstimmung erklingt das wohlbekannte Omen: „Allein, Allein“, während die Band bis zu einem frenetischen Schrei aus dem Munde FELIX RÄUBERS in theaterartiger Aufstellung verharrt.
Anschließend bricht die Band mit dem poppigen ‚The Colour Of Snow‘ auf. LUDWIG BAUER (Piano/Gitarre/Electronik) und SILVESTER WENZEL (Piano, Elektronik) schlagen die Pauke und CHRISTIAN GROCHAU in die Drums. PHILIPP MAKOLIES (Gitarre) und UWE PASORA (Bass) flankieren RÄUBER. Dessen Beschwörung „You have to believe it!“ folgen zwei weitere Songs, bevor er die Zuschauer begrüßt.
Gerade er und seine Falsett-Stimme, die jederzeit in einen Tenor ziehen kann, stehen für das artifizielle Image von POLARKREIS 18. Er kann wie ein Android mit einem perfekten Lächeln, wie eine 3D-Grafik wirken. Die Leute, die vor ihm stehen, bestaunen ihn eher, als dass sie ihn feiern. Wer heimlich auf Elektrodisko gehofft hat, wird nicht ganz befriedigt. Auch wenn POLARKREIS 18 jetzt Popstars sind, so machen sie noch lange keine Popmusik. So mancher wird dem geschickt in TV-Werbung und Kino platzierten Hit ‚Allein, Allein‘ auf den Leim gegangen sein.
Erst mit alten, besser bekannten Songs wie ‚Comes Around‘, bei denen RÄUBER selbst zur Gitarre greift, wird das Eis gebrochen. Nun bringen die Leute den gezauberten Leistungen aus Synthesizern und Gitarren auch viel Respekt bei. Wenn sich der Sänger bei dem elegischen ‚River Loves The Ocean‘ ganz allein am Keyboard begleitet und davon erzählt, wie er mit seinen Tränen zum Fluss wird, der der weiten See verfallen ist, wird es ganz still im Waschhaus. Nein, in Potsdam ist man nicht zu hart für so was Sensibles. Und bei ‚Allein, Allein‘ ist es natürlich ohnehin um alle geschehen, es wird mitgesungen und gesprungen.
Wer nach dem Konzert durch die leeren Straßen Potsdams läuft, trifft auf Autos, aus denen ‚Tourist‘ schallt. Wenn die Band erstmal zugepackt hat, lässt sie nicht los. So sollte es sein.
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Foto: © POLARKREIS 18