Postmoderne Märchen

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Das Kino hat eine Methode gefunden, der neuen Kindergeneration, die nichts mehr mit Zeichentrick anfangen kann, seine Märchenfilme zu präsentieren: Diese werden einfach mit realen Schauspielern in überkandidelten CGI-Welten neu verfilmt. Wenn sich Musiker nun an derartigen Soundtracks beteiligen, werden sie – gewollt oder nicht – Teil der vermittelten Ideologie. Aber wird die Postmoderne ihrem anti-ideologischen Anspruch gerecht?

Dornröschen wird etwa in Maleficent (2014) quasi-feministisch umgedeutet: Nicht die Prinzessin Aurora steht hier im Mittelpunkt, sondern die gar nicht mehr böse Fee, Maleficent. In sie scheint sich LANA DEL REY in „Once Upon A Dream“ hinein zu versetzen. Die Fee ist es auch, die durch einen „Kuss wahrer Liebe“ Dornröschen aufweckt und eben nicht der schöne Prinz. Im ursprünglichen Märchen Sonne, Mond und Thalia von Giambattista Basiles (1634) vergewaltigte übrigens noch ein König eine komatöse Frau.

Alice_in_Wonderland_OST

Liebe, ja Lust für eine kindliche Heldin? – Rings a distant bell! Lewis Carroll, Autor von Alice im Wunderland begehrte bekanntlich sein Kinder-Model, die wahre Alice Liddell, pädophil. Die internationale Pädophilenbewegung kürte darum den Tag ihrer ersten Begegnung 1856 zu ihrem Awareness-Tag. Carrolls Texte gelten zudem als eine postmoderne Urquelle. MARILYN MANSON arbeitet seit 2004 an einem Film namens Phantasmagoria über ihn, hat es aber noch immer nicht geschafft, diesen zu veröffentlichen.

Selbst in der Disney-Neuverfilmung von 2010 wird ein verrückter Hutmacher gezeigt, der offenbar seit Alice’s Kindheit in tiefer Beziehung zu dieser steht. Für den Soundtrack des ersten und zweiten Teils standen die nicht mehr ganz so frischen Popsängerinnen AVRIL LAVIGNE und PINK zur Verfügung, die sich – welch Wunder – mit der emanzipierten Alice identifizieren („Alice“, „Just Like Fire“). Weitaus cooler hat das schon GWEN STEFANI vorgemacht („What You Waiting For“).

Pan_OST

Und wie schaut es aus mit den Jungs? Während Walt Disney stets Mädchen-Märchen dreht, schickte Warner Bros. im letzten Jahr einen neuen Peter Pan-Film ins Rennen. Während Hook von 1991 erzählte, was aus Peter wurde, spinnt sich Pan eine Vorgeschichte aus, die sämtliche Fragen klären soll, wie es zu der ganzen Nimmerland-Geschichte kam.
Der Film setzt sich mit den kirchlichen Erziehungsheimen des 20. Jahrhunderts auseinander, in denen zehntausende Kinder und Jugendliche gequält sowie sexuell und körperlich ausgebeutet wurden. Selbst der Sadismus der Ordensleute scheint auf, wenn sich die üble Nonne, Mutter Barnabas, darauf freut, Peter mit dem „Scheit“ zu versohlen. Diese wird übrigens von Kathy Burke verkörpert, dem Geist aus MORRISSEYs „Ouija Board Ouija Board“.

Durch Zufall kann Peter sowohl dem Heim, als auch dem Bergwerk entfliehen, wo Kinder als Arbeitssklaven gehalten werden. Als Happyend winkt freilich die postmoderne Selbstverwaltung als 1. „verlorener Junge“.

Auch hier sind es Frauen, die der Einsamkeit der Waisenkinder musikalisch Ausdruck verleihen: CHRISTINA PERRI und LILY ALLEN. Allen singt etwa mit einem Kinderchor „Something’s Not Right“ und nimmt damit möglicherweise Bezug auf „Christmas Star“, das Heimkinderlied aus Kevin allein in New York. Wirklich ätzend dagegen nehmen sich die Film-Verwendungen von NIRVANA’s „Smells Like Teen Spirit“ und „Blitzkrieg Bob“ der RAMONES aus. Diese beiden Bands haben sich immer gegen Kommerzialisierung gewehrt.

Jemand, der sich gut in die Figur des Peter Pan hineinversetzen konnte, war der King of Pop, MICHAEL JACKSON. Neue Beweise lassen erneut vermuten, dass auch er pädophil war. Er holte sich nicht nur Kevin (Macaulay Culkin) sondern auch andere Jungs auf seine „Neverland-Ranch“. Und er soll sich noch in seinen letzten Jahren in die damals 11-jährige Emma Watson (Hermine aus Harry Potter) verliebt haben. Diese war wiederum lange für die Neuverfilmung der Cinderella (2015) im Gespräch.

Wieso überwindet die Postmoderne eigentlich nicht theoretisch die Pädophilie der autoritären Moderne? Das liegt daran, weil ein Kind für die Postmoderne das Beispiel für das wehrlose Subjekt par excellence ist. „Alter“ ist zwar ein Konstrukt und Kinder haben eine Sexualität, doch wenn man die Kategorie „Minderjährige“ dekonstruiert, fällt auch ihre Schutzgrenze. So nutzen etwa auch immer mehr Kinder das Web, welches jedoch der weltweiten Kinderpornografie Tür und Tor geöffnet hat. Das Internet gehört eben nicht jedem, sondern in Form von Servern wenigen, reichen Männern. Darum wäre es die Aufgabe von Musikern, nicht erträumten Märchenfiguren sondern den lebenden Kindern ihre Stimme zu geben. Filmemacher wie etwa Spike Jonze mit Wo Die Wilden Kerle Wohnen machen es vor.

Maleficent. Original Motion Picture Soundtrack
(Walt Disney Records/Universal Music)
30.05.2014

Alice im Wunderland. Original Motion Picture Soundtrack
(Walt Disney Records/UMG)
02.03.2010

Pan. Original Motion Picture Soundtrack
(Sony Classical/Sony Music)
09.10.2015

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