ROEDELIUS/STORY – Inlandish


Klangkino und Horchtheater.



Der neoklassische Komponist und Synthi-Experte TIM STORY aus Ohio und der musikalische Tausendsassa HANS-JOACHIM ROEDELIUS haben sich zum dritten Mal zusammengetan und ein kleines, feines Album aufgenommen. Letztgenannter hat übrigens bereits über 70 Jahre auf dem Buckel, gründete diverse Bands (Cluster, Harmonia, Aquarello) und gehört zu den ganz Großen in der Musikszene. Über 1000 Werke gehen auf sein Konto – Sinfonien, Konzerte, Theater- und Filmmusik – von klassisch-akustisch über experimentell und rockig bis hin zu elektronisch, der nimmermüde ROEDELIUS hat einfach alles gemacht. So viel dazu.

Jetzt zum allerneuesten Streich, dem Album Inlandish: ROEDELIUS selbst bezeichnet die Musik darauf als Ambient und – dabei will er es nämlich nicht so einfach belassen – als „a sort of new or contemporary classical music.“
Gut, wenn man sich mit klassischer zeitgenössischer Musik nicht wirklich auskennt, scheint vor allem die Beschreibung „new“ zuzutreffen. Es ist schon erstaunlich, was sich auf der Scheibe für Töne tummeln: einerseits klingen diese vertraut, andererseits befremdlich – und in der Kombination einfach außergewöhnlich und schön. Aber dieser Eindruck wird leider ein bisschen getrübt, denn zwei oder drei der insgesamt zwölf Stücke schrammen haarscharf an der Grenze allzu kitschig-träumerischer Gefilde vorbei. In diesen Momenten schieben sich vorübergehend Räucherstäbchenschwaden, klingende Windspiele und Yoga-Matten vor das geistige Auge. Womit der einzige Kritikpunkt aber auch schon abgehakt wäre.

Was die Entstehung der Scheibe betrifft, musizierten die seit Ewigkeiten befreundeten Künstler nicht simultan, sondern vielmehr nach dem Prinzip der Arbeitsteilung. ROEDELIUS setzte sich erst mal ans Klavier und fabrizierte hübsche, eingängige Melodiebögen. Dann machte sich STORY an die elektronischen Parts und die Streicher-Arrangements. Das Ganze hat ganz wunderbar funktioniert: Das Ergebnis klingt toll – surreal, stellenweise hypnotisch, ab und an futuristisch, aber immer angenehm unaufgeregt und entspannt. Es macht Spaß, zu hören, wie behutsam und gleichzeitig pfiffig die beiden mit Musik umgehen. Die Streicher- und Pianoklänge werden elektronisch so verfremdet, dass sie künstlich und gleichzeitig immer noch irgendwie akustisch klingen. Seltsam, aber äußerst nett anzuhören.
Die Musik auf Inlandish lässt sich schwer in Worte fassen, wie man merkt. Warum also nicht einfach auf die Worte des Meisters höchstpersönlich zurückgreifen? ROEDELIUS umschreibt seine musikalischen Werke als „klingende Literatur, als Philosophie in Tönen, als Klangkino oder Horchtheater.“ Na also – geht doch. Und wer wissen möchte, wie sich so was anhört, sollte sich einfach mal Inlandish zu Gemüte führen.

ROEDELIUS/STORY
Inlandish
(Grönland/ Cargo)
VÖ: 29.02.2008

www.myspace.com/roedelius

Autor: [EMAIL=susanne.lang@popmonitor.de?Subject=Kontakt von der Website]Susanne Lang[/EMAIL]

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