So bunt wie die musikalischen Anknüpfungspunkte war auch das Publikum gemischt, das den Konzertsaal des Potsdamer Lindenpark bis zur Tür ausfüllte. Metal-Anhänger, Rollenspieler, Jugendliche und Erwachsene – SCHANDMAUL können sich auf eine äußerst treue Fangemeinde verlassen, die sie ungeduldig erwartete.
Das Konzert beginnt rocklastig. Die Kölner Vorband BLOW liefert mit drei Gitarren auf der Bühne und einem gut aufgelegten Schlagzeuger ein schönes Stück Metal ab. Der Sänger begeht allerdings den Kardinalfehler, einen Song als „schöne Ballade“ anzukündigen, was die Zuschauer sofort zu gemütlichen Unterhaltungen animiert, die Vorfreude auf SCHANDMAUL aber bestenfalls noch steigert.
Als schließlich die drei Herren STEFAN BRUNNER, MARTIN DUCKSTEIN und MATTHIAS RICHTER (alle mit kleinem Iro) sowie ANNA KRÄNZLEIN und BIRGIT MUGGENTALER auf die Bühne treten, werden sie natürlich begeistert empfangen.
Die Band beginnt mit einem Instrumental, und im Anschluss nimmt auch THOMAS LINDNER seinen festen Platz als Sänger in der Mitte ein. Sein darstellerisches Talent (z.B. in ‚Vor der Schlacht‘) wird mit dem äußeren Eindruck eines Räuberhauptmanns (Glatze, Bärtchen, Ohrringe) abgerundet. Er kommentiert den Abend, erzählt selbstbewusst und unbeirrt Geschichten um Band und Musik. So erfährt man, dass die von Fans und Sänger gleichfalls geliebte Geigerin ANNA KRÄNZLEIN einen Hofnarr zum Vorfahren mütterlicherseits hat und die Combo bereits am neuen Album arbeitet.
Stimmlich bleibt THOMAS LINDNER das ganze Konzert hindurch vollmundig prägnant, und auch seine Kollegen zeigen sich durchtrainiert und eingespielt. Wie gewohnt jagt ein Uptemposong den nächsten, wobei der ungewohnte Anblick von schwarz bekleideten Metalfans, die zu einer Flöte bangen und springen, doch auch immer noch etwas irritiert. Wäre das Wort auf derlei Klientel anwendbar, so würde man sie als gar „niedlich“ beschreiben können. Ähnlich verhält es sich mit mehreren Paaren junger Frauen, die noch wilder zu der Musik tanzen, als sie es vorgibt. „Mädchen-Metal“, raunt wer dem Verfasser geheimnisvoll zu. Des Weiteren wird die uralte Frage, ob Rollenspieler nur die Wirklichkeit verdrängen oder tatsächlich in ihrer eigenen Welt leben, an diesem Abend mit letzterem geklärt. Und auch denjenigen, der dem Mittelalter-Rock gar nichts abgewinnen kann, können ein paar der Lieder mitreißen.
Abstriche gibt es allerdings leider hinsichtlich der klanglichen Qualität. Von den Gitarren bleibt schon in der Mitte des Saales nur ein Hintergrund aus Brei, während die Geige oft kaum zu hören ist. Alles bleibt hinter dem lauten Dudelsack- und Flötenspiel BIRGIT MUGGENTALERS zurück. Das ist gerade um die Geige schade, die – wie z.B. ‚Feuertanz‘ zeigt – herrlich gespielt wird, wenn sie eine Chance auf Hörbarkeit bekommt. THOMAS LINDNER dagegen braucht sich darum keine Sorgen zu machen. Auch wenn er selbst zu Gitarre oder Akkordeon greift, ist seine Stimme der dominante Part.
Im Anschluss ringen die ausgelassenen Fans der Band spielend zwei Zugaben und jede Menge Autogramme ab, und wenn man bedenkt, dass es in den Texten der Lieder oft genug um Krieg und Tod geht, definieren SCHANDMAUL aus Bayern den Begriff „a Muardsgaudi“ für sich neu.
Foto: © SCHANDMAUL