Viel Sound, wenig Song. Und vice versa.
Erst kurz vor 23 Uhr betraten THE BLOOD ARM aus Los Angeles, California (wie Frontmann NATHANIEL FREGOSO noch so einige Male betonen sollte) im Kreuzberger Lido die Bühne im bis dahin recht überschaubar besuchten Club, um mittels Drums, Gitarre und Keyboards diverse Songs ihres Debütalbums Lie Lover Lie vorzustellen. Dessen Songs bewegen sich musikalisch in etwa zwischen den White Stripes, Adam Green und Franz Ferdinand, und mit ‚Suspicious Character‘ haben sie auch einen astreinen Partykracher im Angebot („I like all the girls and all the girls like me“), der natürlich auch live für ausgelassene Stimmung sorgen sollte.
Überhaupt musste man der Band einen hohen Unterhaltungsfaktor attestieren, insbesondere Sänger NATHANIEL FREGOSO gab showmäßig alles, kletterte gleich mehrmals auf die meterhohen Lautsprecherboxen neben der Bühne, rannte singenderweise des Öfteren kreuz und quer durchs Publikum und forderte auch schon mal charmant zum gemeinschaftlichen Niederknien auf, einer Bitte, der bis auf den geschätzten Berliner Konzert-Veteranen Moabit-Peter auch alle vor der Bühne Versammelten gerne nachkamen. Moabit-Peter hatte dann aber auch noch seinen ganz speziellen Autritt, als sein Name nach wiederholter Nachfrage von FREGOSO in einen BLOOD ARM-Song integriert wurde.
Die Amerikaner zielten mit einer Vielzahl partykompatibler Songs und einer furiosen Kombination aus gleichermaßen forsch explodierenden und funky Indiegitarren sowie groovenden Keyboardsounds schwer aufs Tanzbein und boten insgesamt einen ungemein launigen und unterhaltsamen Auftritt.
Erwartungsgemäß sollte es beim Auftritt der Norweger von SERENA-MANEESH in punkto Performance und musikalischem Gebaren dann deutlich zugeknöpfter und insgesamt natürlich weniger ausgelassen zugehen. Schon auf ihrem im Juni auch hierzulande veröffentlichten großartigen selbsbetitelten Debütalbum verbirgt sich vieles – vor allem die sich immer wieder auch herauskristallisierenden bittersüßen Melodien – hinter dicken Gitarrenwänden und psychedelischen Noise-Schichtungen, doch auch krachendem Rock’n’Roll wird hier und da Platz zur Entfaltung eingeräumt, was insgesamt irgendwo zwischen My Bloody Valentine, Spiritualized und den Dandy Warhols zu verorten ist.
Mit einem mächtig auf die Ohren gebratzten Insrumental-Hammer eröffneten die fünf Musiker ihr Set, um mit dem großartigen Album-Opener ‚Drain Cosmetics‘ nachzulegen und gleichzeitig den Versuch zu unternehmen, sich mit den Stimmen von Mastermind EMIL NIKOLAISENS und der Bassistin gegen den fulminanten Sound einigermaßen durchzusetzen, was insbesondere zu Beginn kaum gelang, aber generell natürlich auch ein inhärentes Stilmittel der Band darstellt. Songstrukturen im herkömmlichen Sinne waren also live noch weniger als auf Platte auszumachen, wenn man mal von besagten, selten eingestreuten übersteuerten Rock’n’Roll-An- und Ausflügen oder dem wunderschönen, auch live wunderbar umgesetzten ‚Don’t Come Down Here‘ absieht.
Nach knapp einer Stunde gab es dann den von den beiden Gitarristen erzeugten klassischen minutenlangen Feedback-Ausklang eines definitiv coolen und durchaus überzeugenden Auftritts, bei dem man sich aber ab und an – vielleicht auch angesichts des den Abend eröffnenden quirligen und wesentlich songorientierteren Auftritts von THE BLOOD ARM – etwas mehr nachvollziehbare Songstrukturen und weniger ohrenbetäubenden Sound gewünscht hätte.
www.serena-maneesh.com
www.thebloodarm.com
www.karreraklub.de
Autor: [EMAIL=thomas.stern@bands-in-berlin.com?Subject=Kontakt von der Website]Thomas Stern[/EMAIL]