SHIRLEY HOLMES – Berliner Act des Monats


„Mad Stier Disease“ und die Folgen…



SHIRLEY HOLMES leben seit inzwischen gut fünf Jahren ihren Traum vom Leben auf den vielbeschworenen Bühnenbrettern, die die (Rock-) Welt bedeuten. Von Beginn an von der puren Leidenschaft für ungemein authentisch ausformulierten, von einem von Bands wie Hole, Jane’s Addiction, Sonic Youth oder System Of A Down beeinflussten Sound zwischen Punk, 90er-Indie und Alternative angetrieben, erwiesen sich die drei Berliner Rockbeauftragten schnell als Garanten für fulminante Liveshows und erspielten sich so nach und nach – quasi ganz und gar old school – eine stetig wachsende Zuhörerschaft.

Am 04.11. erschien nun ihr langerwartetes, durchweg begeisterndes Debütalbum Heavy Chansons auf dem Berliner Indielabel Setalight, auf dem es SHIRLEY HOLMES vortrefflich gelingt, die für die Band so charakteristische Live-Energie launig einzufangen und nebenbei ein gleichermaßen kompromissloses wie lässiges, stets äußerst lautstarkes Statement zum Rockgeschehen anno 2011 abzugeben.

Kurz vor der Record-Release-Party am kommenden Samstag (26.11.) im Chesters Club im Rahmen von HerrBinner) stand uns die Band noch für ein ausführliches Interview zur Verfügung.

popmonitor.berlin: Nach gut fünfjährigem Bestehen erschien jetzt am 04.11. Euer Debütalbum Heavy Chansons, auf das Ihr ja doch eine gewisse Zeit hingearbeitet habt. Was war das für ein Gefühl, als das Album am 04.11. tatsächlich in den Läden stand?

Shirley Holmes: A fantastic one!! Übrigens unter anderem, weil wir total zufrieden mit dem Cover sind. Es hätte am Anfang zwar niemand von uns gedacht, dass wir am Ende des Tages bei gelb – G.E.L.B. – landen, aber das ist super, fällt sofort auf.

Wie würdet Ihr den Weg bis zur Veröffentlichung beschreiben, gab es so etwas wie eine Art Masterplan, der dann auch tatsächlich eingehalten wurde? Würdet Ihr den Prozess auch als großen, auch schon mal eher zähen Kraftakt bezeichnen (zuletzt ja auch u.a. inkl. recht origineller/aufwändiger Promo-Gimmicks wie die Videorätsel etc.) oder stand dabei stets der Spaß und die Vorfreude aufs Album im Vordergrund?

Pläne sind immer eine nette Sache… Klar hatten wir eine grobe Timeline. Danach wären wir schon ein Jahr früher mit dem Album am Start gewesen. Leider waren wir nach den ersten Aufnahmen sehr unhappy, weil leider trotz tollem Klang kaum etwas von der Live-Energie eingefangen war, die alle, inkl. uns selbst, an Shirley Holmes begeistert. Also haben wir eine Weile überlegt und dann unser letztes Geld zusammengeworfen und mehr oder weniger von vorne angefangen. So gesehen also schon irgendwie ein kleiner Kraftakt. Aber das passt ja auch zu einer „Kraftplatte“, wie das Missy Magazin sie sehr charmant genannt hat.

Die Videorätsel waren eine Idee unseres Labels. Am Anfang waren wir nicht so begeistert: Schon wieder etwas, was man „unbedingt machen sollte“, was aber leider so gar nichts mit Musikmachen zu tun hat… Aber letztendlich sind die Videos klasse geworden, schön balla balla, wir hatten viel Spaß beim Filmen – übrigens in Ermangelung einer Kamera mit der eingebauten Computer-Kamera, das Ganze hat also einen gewissen Trash-Appeal. Besonders ‚Mad Stier Disease‘ ist schick, wenn man den Humor teilt. Unbedingt anschauen:

Welche Songs haben letztlich den Weg aufs Album gefunden, eher neuere (die in den letzten ein, zwei Jahren geschrieben wurden bzw. entstanden sind), auch ältere aus der Anfangszeit oder aus allen Schaffensphasen der Band?

Es ist eine Tour durch die gesamte Bandgeschichte. Von unserem Lieblingsopener ‚J.E.S.S.I.C.A.‘ bis zum Smash-Hit ‚Floor the Gas‘, der erst beim zweiten Studioaufenthalt fertig und dann auch gleich die Single geworden ist.

Wie schwierig war die Auswahl der elf Songs (bzw. zwölf inkl. Bonustrack), wart Ihr euch da immer gleich einig?

Wir sind eine Band, die sich nicht von zwanghafter Genretreue einengen lassen will. Da haben wir mit dem Titel „Heavy Chansons“ eine ganz gute Klammer gefunden, finde ich. Trotzdem tut man sich als Band natürlich keinen Gefallen, wenn man dem Publikum nicht doch irgendeinen musikalischen roten Faden anbietet. Am Ende haben wir alles, was eindeutig zu poppig war, gekickt.

Warum schreibt Ihr Eure Texte auf Englisch UND Deutsch, was ja eher ungewöhnlich ist?

Manche Sachen klingen auf Englisch, manche auf Deutsch besser. Das ist einfach so. Klar verwirrt das Leute gelegentlich. Aber das ist ja ok.

Das Stück ‚Tanzen!‘ featuret den Berliner Indiepop/Electro-Musiker Daniel Baumann aka Nachlader, eine eher ungewöhnliche Wahl, wie kam es zu der Kollaboration?

Wir hatten von dem Song eine bestimmte Vorstellung, da sollte einfach Synthie-Disco mit rein. Und da haben wir sofort an den Disco-Künstler schlechthin gedacht: Daniel – NACHLADER – Baumann. Er hat sofort ja gesagt und ein paar richtige Knaller-Synthies gebaut. Dufter Typ!

Heavy Chansons ist ja auf dem Berliner Indielabel Setalight erschienen, wie kam es dazu?

Bisher haben wir immer alles selbst gemacht, inklusive der Produktion, nur leider blieb bei dem ganzen Organisations-Alarm irgendwann nicht mehr viel Zeit für die Musik. Zur VÖ stand dann auch noch das Riesentamtam mit Pressung, Codes, Promo, Vertrieb, Gema etc. an, da wollten wir Unterstützung haben, um nicht völlig zu vergessen, wie der Proberaum von innen aussieht. Über einen Mischer, mit dem wir mal gearbeitet haben, sind wir auf Setalight gekommen (u.a. Samavayo, Berge, Nape). Uns gefiel, dass sie musikalisch nullstens engstirnig sind, und neben Support in wirklich allen Fragen brachten sie Rough Trade als Vertrieb an den Start. Quite convincing.



Da das Album jetzt veröffentlicht ist und auch die Release-Tour inkl. des abschließenden Heimspiels in Berlin am 26.11. im Chesters bald beendet ist: Was kommt danach, gibt es schon Pläne für 2012? Besteht ggf. auch die Gefahr, nach dem ganzen Wirbel der letzten Zeit in ein Loch zu fallen?

Loch? Nee, keinerlei Gefahr. Für das Frühjahr basteln wir gerade zusammen mit unserem Booker an einer zweiten Tour und danach soll es mal ein paar Wochen Ruhe geben, damit wir endlich wieder im Keller – aka Proberaum – versacken können, um neue Songs zu schreiben – bevor wir im Sommer hoffentlich das eine oder andere schöne Festival spielen, auch da sind wir dran.

Wie ist die Tour bislang gelaufen, wart Ihr mit dem Besucherzuspruch zufrieden, gibt es ggf. erzählenswere Anekdoten?

Die Tour war – abgesehen von einem Konzert, wo die Werbung wohl versagte – klasse. Wir hatten eine tolle Zeit, feine Begegnungen mit feinen Menschen und schöne Feedbacks – und begeisterte Veranstalter, die gleich den nächsten Gig festmachen wollten, weil sie von der Live-Show geflasht waren, das hat uns natürlich extrem gefreut. Klar, es gab Gigs, bei denen das Haus voller hätte sein können, aber das kommt dann nächstes Mal, wenn wir mit dem von den CD-Verkäufen generierten Geld tausende von Euro in Promo stecken können, har har.

Das skurrilste Erlebnis gab’s definitiv in Kiel, da hatten wir nach dem Gig einen Schwanzkünstler im Backstage. Was andere Leute mit diesen länglichen Ballons zurechtfummeln, macht der Typ halt mit seinem Gonzo. Nach großzügiger Vodkaspende zeigte er uns exklusiv den „Hamburger“ und das „Segelschiff“ – Autsch!!

Wie gestaltet sich das Tourleben generell (auch was die Konstellation zwei Girls /ein Boy betrifft)? Geht Ihr euch auch schon mal auf die Nerven?

Wenn man 24/7 zusammen ist – meistens übernachten wir ja auch alle im selben Raum -, bleibt das nicht aus. Aber es hält sich komischerweise in Grenzen, vielleicht, weil man die Abende ja immer auch mit anderen, immer wieder neuen Leuten verbringt: Veranstaltern, anderen Bands, Gästen… Da machen dann alle auch ihre eigenen Bekanntschaften.

Aus allem spricht bei Euch ja ein unglaublich großer, ungemein ansteckender Enthusiasmus und echte Hingabe für den Rock’n’Roll, aber das Tourleben ist sicherlich auch mal zäh und wenig glamourös, oder?

Wir sind alle drei einfach gern unterwegs, das Live-Ding ist ja genau das, was Shirley Holmes von Anfang an ausgemacht hat. Wir haben immer sehr viel Energie ins Giggen gesteckt. Unter anderem deshalb gibt’s ja das erste Studioalbum auch erst jetzt.
Zäh ist ab und an der morgen danach und wenig glamourös das Schleppen des Equipments. In den letzten Wochen haben wir den ganzen Kram x-mal hin- und hergetragen, keine Ahnung, wieviele Zentner das insgesamt waren – jetzt müssen wir uns erstmal neue Klamotten koofen, damit die Muckis da reinpassen.



Eines der bisherigen Highlights war vermutlich die Supporttour für Therapy?, wie kam es dazu und wie würdet Ihr diese Erfahrung im Nachhinein bewerten? Welche weiteren bekannten Bands habt Ihr supportet?

Das mit Therapy? war auf jeden Fall besonders, weil es sofort ein irgendwie kollegiales, fast schon freundschaftliches Verhältnis gab. Eine supernette Band (!), für die Mel später auch noch mal bei einem Konzert als Backgroundsängerin auf der Bühne stand. Dank unserer Polen-Connection haben wir auch polnische Größen wie Farbenlehre und TSA supported. Und erst vor kurzem sind wir gefragt worden, ob wir in der Columbiahalle vor Evanescence spielen wollen, was am Ende aber dann doch nicht geklappt hat. Ist wahrscheinlich nicht so schlimm, weil’s musikalisch schon ne andere Ecke ist, aber die Bühne der Columbiahalle hätten wir doch ganz gerne mal besprungen.

Vor vier Jahren wart Ihr ja schon mal beim Popmonitor im Rosi’s zu Gast (www.shirleyholmes.de
www.facebook.com/shirley.holmes.berlin
http://soundcloud.com/shirley-holmes
http://youtube.com/user/ShirleyHolmesBerlin

Fotos © Shirley Holmes
Autor: [EMAIL=thomas.stern@popmonitor.de?Subject=Kontakt von der Website]Thomas Stern[/EMAIL]

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