Super Songs Of Big Mouth Vol. 1

Die Poetry Slammerin Hazel Brugger lüftete vor kurzem das Geheimnis, warum Teenager immer so schlecht drauf sind: „Weil ihr Leben Scheiße ist.“ Nun sind im Kino vulgäre Komödien gerade schwer angesagt. Hangover, Sausage Party oder Superbad bringen Geld. Hier konnte Netflix mit der Big Mouth-Zeichentrickserie gekonnt einsteigen. Ähnlich wie im aktuellen Streifen Good Boys müssen Kids hier durch die furchtbarste Zeit ihres Lebens: die Pubertät. Wer Family Guy oder Bob’s Burgers kennt, weiß, dass vom Cast selbst gesungene Songs hier gut funktionieren. Also musste für Big Mouth offenbar dank Nick Kroll auch ein einigermaßen witziger Soundtrack her.

23 schimpfwortbepackte Songs, die meisten im üblichen ironischen Musical-Schema zwischen 20 Sekunden und 2 Minuten, wurden eher krampfhaft zusammengestoppelt. Manchmal wird auch thematisch passend Südstaaten-Rock („Anything Goes In Florida“), Latino („Sexy Red Bra“) oder Funk („I Love My Body“) versucht, um Sex- und Body-Positivity auszudrücken. Was fehlt sind die Pop-Cover wie „Everybody Hurts“ von R.E.M., um etwa Menstruation zu normalisieren („Everybody Bleeds“). Während Nick Kroll als Hormonmonster Maury und Coach Steve nicht mal gut singen dürfte, wenn er es könnte, sind als tolle Stimmen Andrew Rannells (Matthew) und Maya Rudolph (Hormonmonsterin Connie) hervorzuheben.

Wie der Bestseller Make Love von Ann-Marlene Henning und Tina Bremer-Olszewski versucht Big Mouth einer Jugendgeneration etwas über Sexualität zu erzählen, die glaubt, alles bereits durch das Internet zu wissen. Wer den titelgebenden derben Humor nicht mag, wird die Texte des Soundtracks logischerweise auch nicht mögen. Sie sind übrigens auch weniger durchdacht als die von Family Guy. Die Gags sollen schließlich verstanden werden.

Da wird der wunderbare „Valentine’s Day“ musicalartig im Chor als einer der schlimmsten Tage des Jahres besungen, den man irgendwie überstehen muss. In der dazugehörigen Folge fliegen die Hormonmonster als Amoretten durch’s Bild und passen damit ganz zum Trend, den süßen Liebesgott Amor zu sexualisieren: „It’s a cuddly little Cupid with the cock of a full-grown horse!“

Liebe ist für diese Serie eine banale Körperreaktion („I Feel Like Shit (This Must Be Love)“). Sexuelle Vielfalt („The Spectrum Of Sexuality“, „Totally Gay“) und Sexismus („Slut Walk“) werden mitverhandelt, wofür die Serie genug gelobt wurde. Wem Stranger Things zu brav ist oder wer South Park nicht mehr sehen kann, hat mit Big Mouth eine noch immer unverbrauchte Serie. Vielleicht ist sie nötig für eine postmoderne Jugend, die alles explizit wissen will und zwar in kurzer Zeit. Der Soundtrack ist so lala…

 

Super Songs Of Big Mouth Vol. 1. Music from the Netflix Original Series
(BMG)
VÖ: 04.10.19

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