SUPER700 – Under The No Sky


:: Frühlingserwachen mit Herbstmelancholie – Wie Phoenix aus der Asche ::



Für alle, die auf ein Nachfolgealbum ganz im Stil von und ‚One of a Kind‘ wirken nach den ersten Akkorden zunächst wie naiv fröhliche Popsongs, aber dieser Eindruck wird nicht zuletzt durch die düster-schmerzhaften Texte von IBADET schnell widerlegt und fast zynisch verzerrt („Dreams dying in segregation“, „I invite you all to eat my soul“, „Where does all this hate come from“). Es ist eine selbstbewusst-gelassene Resignation, die sich durch die Zeilen und Gesangsmelodien trägt – nicht ohne Lebenslust und -kraft, aber wohl der Illusionen beraubt. Das Gefühl eines leichten, melancholischen Gleitflugs rührt auch von geschickt eingesetzten Slide-Gitarren-Effekten, Echo und Hall her.

Man merkt beim wiederholten Durchlauf der Platte, dass scheinbar so simple Stücke wie ‚Under the No Sky‘ und ‚When the Evening Comes‘ äußerst durchdacht arrangiert sind. Was nicht in der Grundstruktur zu finden ist, hat sich sozusagen auf die Neben- und Obertöne gelegt; da kommen von links und rechts mal eine Akustikgitarre, mal ein E-Gitarren-Lick, ein kleiner Chor, eine Klavierfigur, verschiedene Percussion oder Streicher hinzu. So füllen SUPER700 in kürzester Zeit doch noch den gesamten Klangraum, bis die Band eben, quasi auf dem Höhenflug, plötzlich wieder abbremst, einhält und zur Landung ansetzt. Das Schlagzeugspiel von SEBASTIAN beweist sich auf diesem Album in seiner äußersten Präzision, Sauberkeit und filigranen Form, denn seine feinsinnig treibenden, oft abgehackten Beats halten und tragen die notwendige Spannung, damit diese Songs so funktionieren können und nicht in ihre Einzelteile zerfallen. Ein Kompliment gebührt an dieser Stelle auch der komplett eigenhändigen Aufnahme und Produktion des Albums.

‚Old Moon‘ wiegt uns Zuhörer dann nochmal in einer scheinbar heilen Welt, die fast Motive eines Kinderwiegenliedes aufgreift – aber das war nur ein Trick. Mit dem achten Stück werden nämlich auch Liebhaber der rauheren und krachenden Riffs verwöhnt, und man freut sich doch ein bisschen, dass die wilde und animalische Seite von SUPER700 sich endlich austoben darf. Denn ‚Dear Wolf‘ kratzt und knurrt und faucht mit verzerrten Vocals und brachialen Beats, macht sich ungebremst auf in den emotionalen Sturzflug des Albums – ein großartig-melodiöser Song voller Kraft und tobender Energie („Dear Wolf can you kill them all for me“), der beweist, dass die Band auch ungezähmt nach wie vor noch mitzureißen vermag und auf Under the No Sky alles ganz bewusst eine sanftere Dynamik wahrt.



Mit ‚Make Rain‘ kommt nach dem Wolf ein weiteres bekanntes Klangbild der Vergangenheit wieder und die Drums zaubern die fallenden Regentropfen beeindruckend lautmalerisch auf die Cymbals. Gefolgt von tief-traurigen Streichern und einem knochigen Tango-Rhythmus lauscht man da in der Vorstellung einem einsamen, kathartischen Balance-Akt irgendwo draußen im nächtlichen Regen. ‚My Bones‘, das düsterste und traurigste Stück des Albums, verschlingt den Hörer mit einer herrlich dunkel-hypnotischen Basslinie von Multi-Instrumentalist MICHAEL und fast gebrochenem Gesang („And on the walls I see my skull“). Doch das musikalische Geschöpf rappelt sich wieder auf und zu guter Letzt gibt es mit ‚Queen of Inbetween‘ noch einen neuen Kindersong-Klassiker; ein kleiner Liebesbeweis an ein neues Familienmitglied im Umkreis der Band. Und mit der Neugeburt steht am Ende dieser Fabel auch ein Hoffnungsschimmer.

Fazit: SUPER700 haben sich mit Mut zur Veränderung, Besinnung auf das Wesentliche und ruhigen Flügelschlägen aus der Krise in eine neue hoffnungsvolle Zukunft aufgemacht. Das Songarrangement auf der Platte gibt zu erkennen, dass sie sich dabei durchaus nicht scheuen, ihre Hörerschaft mit Under The No Sky auf die Probe zu stellen. Wer nämlich zu Beginn tragisch-explosive Songs wie ‚Tango‘, ‚Selfcontrol‘ oder ‚S.T.T.S.M.C.‘ erwartet, wird enttäuscht werden. Und wer nur nebenbei kurz durch die Platte hört, vielleicht auch ein bisschen – weil einem dann die tieferliegende Schönheit entgeht. Die einzigen Stücke, die entfernt noch an Altes erinnern verstecken sich ganz hinten und ansonsten ist nichts gleich geblieben, auch wenn dann doch alles unverkennbar noch nach SUPER700 klingt. Man sollte diesem Album mehrere Durchläufe und Zeit geben, wenn man zum Kern vordringen möchte. Denn wie bei einer guten Geschichte muss man sich manchmal auch bewusst mit den einzelnen Bausteinen auseinandersetzen, um die Vielschichtigkeit der Komposition zu entdecken und die Feinheiten genießen zu können. Wer sich darauf einlässt, wird mit der Neu-oder-Wiederentdeckung der Band belohnt werden.

Dem Mythos zur Folge erreichte der Phoenix ein Lebensalter von bis zu 500 Jahren – SUPER700 geben sich im FacebooktwitterpinterestlinkedintumblrmailFacebooktwitterpinterestlinkedintumblrmail